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Er hatte drei Fälle vor dem Gericht auf dem Forum angenommen und den ersten gewonnen. Die nächste Verhandlung sollte bereits in drei Tagen stattfinden. Die Menge war gekommen, um den jungen Redner zu sehen, und bejubelte den Ausgang zu seinen Gunsten, auch wenn es sich nur um ein relativ unbedeutendes Vergehen gehandelt hatte. Julius hoffte immer noch wider bessere Vernunft, gegen einen Mörder oder bei einem schwerwiegenderen Verbrechen auftreten zu können, bei dem die Menschen zu Tausenden kommen würden, um ihm zuzuhören.

Alexandria hatte er schon zwei Wochen lang nicht mehr gesehen, seit sie den Auftrag angenommen hatte, die Kämpfer für ein großes Schwertturnier außerhalb der Stadt auszurüsten. Wenn Julius von der Arbeit erschöpft war, ritt er auf den Campus Martius hinaus, wo die Arena errichtet wurde. Brutus und Domitius hatten die Nachricht von diesem Wettkampf in allen römischen Siedlungen und Städten im Umkreis von 500 Meilen verbreiten lassen, um möglichst attraktive Herausforderer anzulocken. Trotzdem rechneten beide Männer damit, selbst das Finale zu erreichen, und Brutus war von seinem Sieg überzeugt, so sehr, dass er den Großteil eines Jahressolds auf seinen Erfolg setzte.

Wenn Julius zum Forum ging oder zur Baustelle des Kampfrings hinausritt, nahm er mit Bedacht keine Wachen mit, weil er dem Volk sein Vertrauen beweisen wollte. Brutus hatte Einspruch gegen diese Entscheidung erhoben, dann aber erstaunlich schnell nachgegeben. Seine Soldaten standen an jeder Ecke, um nach Einbruch der Dunkelheit für Ruhe zu sorgen, und nach mehreren lautstarken Wortwechseln mit erregten Händlern hatten sie sich auch durchgesetzt. Als Ädile lag die Verantwortung für Ruhe und Ordnung in der Stadt in seiner Hand, und da ihn Crassus offen unterstützte, hatten ihm die anderen Senatsmitglieder nur wenige Beschränkungen auferlegt.

Julius rieb sich die Müdigkeit aus den Augen, bis er Blitze sah. Seine Klienten und die Soldaten arbeiteten unablässig für ihn. Der Wahlkampf lief gut. Er hätte zufrieden sein können, wäre da nicht das Problem gewesen, das ihm Crassus eingebrockt hatte.

Der Konsul drängte ihn täglich, etwas gegen diejenigen zu unternehmen, die er ihm als Verräter genannt hatte. Obgleich Julius noch zauderte, quälte ihn der Gedanke, dass sie zuschlagen und die Stadt in ein Chaos stürzen könnten, das er hätte verhindern können. Er ließ ihre Häuser von Spionen überwachen, doch wie sich herausstellte, trafen sie sich in privaten Räumen und Badehäusern, wo sie kein fremdes Ohr belauschen konnte. Trotzdem zögerte Julius noch. Wenn er auf die ruhigen Straßen rings um sein Wahlkampfquartier hinausblickte, konnte er einfach nicht an eine Verschwörung von der Größenordnung glauben, wie Crassus sie beschrieben hatte. Aber er hatte schon einmal erlebt, wie Rom vom Krieg heimgesucht wurde, und das war für ihn Grund genug, Brutus in den Richtungen, die Crassus genannt hatte, Erkundungen einholen zu lassen.

Dies war die Last der Verantwortung, nach der er sich gesehnt hatte, gestand sich Julius ein. Auch wenn er sich wünschte, ein anderer würde Karriere und Leben aufs Spiel setzen, lag die Entscheidung doch ganz bei ihm. Er wusste genau, was er riskierte. Mit nicht mehr als ein paar Namen in der Hand konnte er nicht andere Senatoren des Verrats bezichtigen, ohne seinen eigenen Kopf in die Schlinge zu stecken. Wenn er seine Behauptungen nicht beweisen konnte, würde sich der Senat ohne zu zögern gegen ihn stellen. Und schlimmer noch: Die Menschen würden sich vor einer Rückkehr der Tage Sullas fürchten, in denen niemand gewusst hatte, wer als Nächstes unter dem Vorwurf des Verrats aus seinem Haus geholt würde. Durch einen Irrtum konnte Rom mehr Schaden nehmen, als wenn er nichts unternahm, und dieser Druck war kaum zu ertragen.

In einem jener kostbaren Augenblicke, die er ganz für sich allein hatte, schlug Julius mit der Faust auf den Tisch, dass er wackelte. Wie sollte er Crassus nach einer solchen Offenbarung noch trauen? Als Konsul hätte er Catilinas Verschwörung anzeigen müssen, sobald er das Senatsgebäude betreten hatte. Von allen Männern Roms war ausgerechnet er seiner Verpflichtung nicht nachgekommen, und trotz seiner Unschuldsbeteuerungen fiel es Julius nicht leicht, ihm diese Schwäche zu verzeihen. Seit Sulla hatte keine bewaffnete Streitmacht mehr damit gedroht, die Stadt zu betreten, und die Erinnerung an diese Nacht ließ Julius immer noch schaudern. Er hatte gesehen, wie Marius von Soldaten in dunklen Umhängen umgebracht worden war, von Männern, die sich wie die Ameisen in Afrika auf ihn gestürzt hatten. Crassus hätte nicht auf einen Mann wie Catilina hören sollen, was immer ihm dieser auch versprochen haben mochte.

Ein Tumult im unteren Stockwerk des Hauses riss Julius aus seinen Gedanken. Die Hand glitt zum Gladius, der auf dem Tisch lag, ehe er Brutus’ Stimme erkannte und sich wieder entspannte. Genau das hatte die Beichte des Crassus bewirkt: das erneute Aufkeimen jener Angst, die er gespürt hatte, als Cato ihn bedrohte und er jeden Mann für einen Feind halten musste. Zorn wallte in ihm auf, als ihm klar wurde, wie Crassus ihn manipuliert hatte. Dabei wusste er, dass der alte Mann seine Absichten trotzdem durchsetzen würde. Die Verschwörer mussten aufgehalten werden, ehe sie zuschlagen konnten. Er fragte sich, ob man ihnen drohen konnte. Vielleicht sollte er eine Zenturie mit seinen besten Offizieren in ihre Häuser schicken. Wenn die Männer merkten, dass ihr Plan aufgeflogen war, ließ sich die Verschwörung vielleicht im Keim ersticken.

Brutus klopfte und trat ein. Als Julius sein Gesicht sah, machte er sich auf schlechte Nachrichten gefasst. Brutus kam sofort zur Sache: »Ich habe meine Männer die Dörfer ausspähen lassen, vor denen dich Crassus gewarnt hat. Ich glaube, er sagt die Wahrheit.« Von Brutus’ gewohnter Heiterkeit war nichts zu sehen.

»Wie viele Schwerter haben sie?«, erkundigte sich Julius.

»Achttausend, vielleicht auch mehr, aber sie sind weit verstreut. In jeder Stadt dort wimmelt es von Männern, viel zu vielen, um sie zu versorgen. Keine Legionsabzeichen oder Fahnen, nur jede Menge Schwerter in der unmittelbaren Nähe von Rom. Wenn meine Legionäre nicht gezielt danach Ausschau gehalten hätten, wären sie ihnen vielleicht nicht einmal aufgefallen. Ich glaube, die Bedrohung ist echt, Julius.«

»Dann muss ich handeln«, sagte Julius. »Die Verschwörung ist schon zu weit fortgeschritten, um sie noch davon abhalten zu können. Entsende Männer zu den Häusern, die wir beobachtet haben. Begib dich selbst in das Haus Catilinas. Verhafte die Verschwörer und bringe sie heute Nachmittag zur Senatssitzung. Ich werde dort eine Rede halten und unseren Senatoren mitteilen, wie knapp sie der Vernichtung entgangen sind.« Er erhob sich und band sich das Schwert an den Gürtel. »Sieh dich vor, Brutus. Um ihren Plan umzusetzen, müssen sie Gefolgsleute in der Stadt haben. Crassus meint, sie wollten als Signal Feuer in den armen Stadtgebieten legen, also brauchen wir Männer auf den Straßen, die darauf vorbereitet sind. Niemand weiß, wie viele daran beteiligt sind.«

»Die Zehnte reicht nicht aus, um die ganze Stadt zu sichern, Julius. Ich kann nicht für Ruhe und Ordnung sorgen und gleichzeitig gegen die Söldner vorgehen.«

»Gut. Ich werde Pompeius davon überzeugen, dass er seine Männer auf den Straßen einsetzt. Er wird die Notwendigkeit einsehen. Nachdem du die Männer zum Senat gebracht hast, lass mir eine Stunde Zeit, um den Fall vorzutragen, dann marschiere los. Wenn ich nicht dort bin, um euch anzuführen, geh alleine gegen sie vor.«

Brutus schwieg einen Augenblick, als ihm klar wurde, was von ihm verlangt wurde.