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Brutus versuchte, sich zu konzentrieren. Catilinas Männer hatten bereitgestanden, um ihn aus den Händen der Zehnten zu befreien. Schon jetzt konnte Catilina auf dem Weg zu den Aufständischen sein, oder sie zu ihm.

Er wusste, dass er eine schnelle Entscheidung treffen musste. Seine Männer beobachteten ihn schweigend und warteten auf Befehle.

»Domitius, lass unsere Verwundeten in der Obhut der umliegenden Häuser zurück. Ehe du uns folgst, überbringe Julius eine Nachricht. Wir können nicht mehr auf ihn warten. Der Rest kommt mit mir.«

Ohne ein weiteres Wort rannte Brutus los. Seine Männer folgten ihm, so schnell sie konnten.

Im Senat herrschte ein wüstes Durcheinander, als sich 300 Senatoren gegenseitig zu überbrüllen versuchten. Am lautesten erklangen die Proteste in der Mitte des Saals, wo vier Männer, die Julius hatte verhaften lassen, in Ketten standen und Beweise für die gegen sie erhobenen Vorwürfe forderten. Zu Anfang hatten sich die Männer in ihr Schicksal ergeben, doch als ihnen klar wurde, dass man Catilina nicht hereinzerren und zu ihnen gesellen würde, war ihre Zuversicht rasch zurückgekehrt.

Pompeius wartete ungeduldig darauf, dass Ruhe einkehrte, und sah sich schließlich gezwungen, selbst die Stimme zu erheben und die anderen zu übertönen.

»Nehmt eure Plätze ein und seid still!«, brüllte er die Männer an und funkelte wütend in die Runde. Diejenigen in seiner Nähe nahmen eilig ihre Plätze ein. Andere folgten, und alsbald kehrte wieder eine gewisse Ordnung ein.

Pompeius wartete, bis nur noch leises Flüstern zu hören war. Seine Hände umklammerten das Rednerpult, aber ehe er zu dem ungebärdigen Senat sprechen konnte, hob einer der vier Angeklagten anklagend seine Ketten.

»Ich verlange unsere Freilassung, Konsul! Wir wurden aus unseren Häusern gezerrt, nur ... «

»Sei still, oder ich lasse dir einen Eisenknebel verpassen!«, fuhr ihn Pompeius an. Er sprach leise, doch jetzt erreichte seine Stimme auch die hinterste Ecke des Hauses. »Du bekommst schon noch Gelegenheit, auf die Anklage zu antworten, die Cäsar gegen dich erhoben hat.« Er holte tief Luft.

»Senatoren! Diese Männer sind angeklagt, sich verschworen zu haben, Unruhen in der Stadt anzuzetteln, die zu einem allgemeinen Aufstand und der Entmachtung dieser Kammer führen und mit der Ermordung unserer Vertreter enden sollten. Diejenigen, die jetzt so laut nach Gerechtigkeit schreien, tun gut daran, die Schwere dieser Vorwürfe in Erwägung zu ziehen. Ich bitte um Ruhe für Cäsar, der die Anklage vorgebracht hat!«

Als Julius zum Rednerpult ging, spürte er, wie ihm der Schweiß aus allen Poren strömte. Wo blieb Catilina? Brutus hatte genug Zeit gehabt, ihn hierher zu den anderen zu bringen ... Jetzt empfand Julius jeden Schritt wie einen langsamen Gang zu seinem eigenen Untergang. Er hatte nichts außer Crassus’ Wort, um die Männer anzugreifen oder seine eigenen Zweifel zu beschwichtigen.

Er trat vor die Reihen seiner Kollegen und sah viele feindliche Gesichter unter ihnen. Suetonius saß ihm mit Bibulus fast direkt gegenüber. Die beiden zitterten geradezu vor Aufregung. Cinna war da, dessen Gesicht keine Regung preisgab, während er Julius zunickte. Seit dem Tod seiner Tochter war er nur noch selten im Senat zu sehen. Es konnte keine Freundschaft zwischen ihnen geben, aber Julius schätzte ihn nicht als Feind ein. Wenn er sich bei den anderen Senatsmitgliedern nur ebenso sicher sein könnte.

Julius holte tief Luft, um sich zu beruhigen, und ordnete seine Gedanken. Wenn er sich in dieser Angelegenheit täuschte, war für ihn alles zu Ende. Falls ihn Crassus in diese Position manövriert hatte, um ihn den Wölfen vorzuwerfen, erwartete ihn Schande oder vielleicht sogar die Verbannung.

Julius suchte Crassus’ Blick und forschte darin nach einem Anzeichen von Triumph. Der alte Mann berührte leicht seine Brust, und Julius ließ sich nicht anmerken, dass er es gesehen hatte.

»Ich klage diese Männer und einen weiteren mit dem Namen Lucius Sergius Catilina des Hochverrats gegen Rom und den Senat an«, begann Julius, und seine Worte hallten durch die absolute Stille. Der Atem schien ihm mit einem Schauder zu entweichen. Es gab kein Zurück mehr.

»Ich kann bestätigen, dass sich in den Städten nördlich von Rom eine Armee versammelt hat, acht- bis zehntausend Mann stark. Mit Catilina als Anführer sollte sie auf das Signal von Feuern hin, die auf den Hügeln Roms gelegt werden sollten, angreifen, dazu sollte in der Stadt allgemeine Unruhen angezettelt werden.«

Alle Augen richteten sich auf die vier Männer, deren Füße aneinander gekettet waren. Sie standen trotzig zusammen und erwiderten die Blicke voller Wut und Empörung. Einer von ihnen schüttelte bei Julius’ Worten ungläubig den Kopf.

Ehe Julius fortfahren konnte, trat ein Bote in der Amtstracht des Senats an ihn heran und übergab ihm eine Wachstafel. Julius überflog sie und zog die Stirn in Falten.

»Soeben erhalte ich die Nachricht, dass der Anführer dieser Männer den Leuten entkommen ist, die ich ausgesandt hatte, um ihn zu verhaften. Somit bitte ich um einen Senatsbefehl, die Zehnte Legion nach Norden gegen die Aufrührer zu führen, die sich dort versammelt haben. Ich darf hier keine Zeit mehr verlieren.«

Ein Senator erhob sich langsam in den Sitzreihen. »Welche Beweise hast du für uns?«

»Mein Wort, und das des Crassus«, erwiderte Julius rasch und unterdrückte seine eigenen Zweifel. »Es liegt in der Natur von Verschwörungen, dass sie kaum Spuren hinterlassen, Senator. Catilina hat bei seiner Flucht neun meiner Legionäre getötet. Mit den vier Männern, die hier vor uns stehen, ist er zu Konsul Crassus gekommen und hat ihm den Tod des Pompeius sowie eine neue Ordnung in Rom angeboten. Alles Weitere muss warten, bis ich die Bedrohung für die Stadt abgewendet habe.«

Dann stand Crassus auf. Julius begegnete seinem Blick, immer noch unsicher, ob er ihm trauen konnte. Der Konsul blickte voll Zorn auf die in Ketten gelegten Verschwörer vor ihm hinab.

»Ich nenne Catilina einen Verräter.«

Crassus’ Worte ließen eine Woge der Erleichterung durch Julius hindurchfluten. Was immer der alte Mann auch vorhatte, zumindest war es nicht er, Julius, der zu Fall gebracht wurde. Crassus warf ihm einen kurzen Blick zu, ehe er fortfuhr, und Julius fragte sich, wie viel von seinen Gedanken er wohl erahnte.

»Als Konsul gebe ich der Zehnten Legion die Erlaubnis, Rom zu verlassen und ins Feld zu ziehen. Pompeius?«

Pompeius erhob sich und sah zuerst Julius und dann Crassus scharf an. Auch er spürte, dass hinter der Geschichte mehr steckte, als man ihn hier wissen ließ, aber nach einer langen Pause nickte er.

»Dann mach dich auf den Weg. Ich verlasse mich darauf, dass die Not so groß ist, wie man mir sagt, Julius. Meine eigene Legion wird die Stadt vor einem Aufstand schützen. Trotzdem wird über diese Männer, die du als Verschwörer bezeichnest, erst dann gerichtet, wenn du zurückgekehrt bist und ich von der Angelegenheit überzeugt bin. Ich werde sie persönlich befragen.«

Nach diesem angespannten Wortwechsel brach in den Reihen aufgeregtes Gemurmel aus, und die drei Männer versuchten schweigend, die Möglichkeiten einzuschätzen, die den anderen offen standen. Keiner von ihnen war bereit, nachzugeben.

Crassus handelte als Erster und rief nach einem Schreiber, der den Befehl schriftlich festhalten sollte. Dann drückte er ihn Julius in die Hand, als dieser vom Rednerpult heruntertrat.

»Tu deine Pflicht, dann wird dir nichts passieren«, flüsterte er. Julius sah ihn einen Augenblick stumm an und eilte dann hinaus aufs Forum.

12

Brutus und seine Extraordinarii an der Spitze der Zehnten legten ein Vielfaches der Strecke zurück, die die Reihen der Fußsoldaten absolvierten, während sie das Gebiet vor und neben der Marschkolonne auskundschafteten. Sie befanden sich gezwungenermaßen im Nordwesten der Stadt, da die Hauptstreitmacht der Legion aus dem Lager in der Nähe der Küste herbeigerufen werden musste und quer durchs Land marschierte, um sich mit der einen Zenturie zu vereinen, die Brutus aus der alten Kaserne der Primigenia mitgebracht hatte.