Domitius hielt sein Schwert mit der Spitze nach unten vom Körper weg, stellte sich auf seine Markierung und blieb regungslos stehen. Sein Gegner rollte nervös die Schultern und warf den Kopf hin und her. Als sich ihre Blicke trafen, funkelte ihn der Mann aus dem Norden wütend an und versuchte, nicht als Erster wegzuschauen. Domitius stand da wie eine Statue, die hervortretenden Muskeln an seinen Schultern glänzten vor Schweiß. Die silbernen Panzer schützten zwar den Oberkörper der Kämpfer, aber Domitius konnte einem vorbeilaufenden Mann eine Haarsträhne abrasieren. Er fühlte sich stark.
Die Hörner rissen ihn aus seiner Ruhe, und er stürzte vor, ehe der andere den Klang richtig registriert hatte. Die Beinarbeit des Mannes aus dem Norden hatte ihn in die Finalrunde gebracht. Ehe ihn eine Klinge erwischen konnte, war er ihr schon ausgewichen. Domitius konnte seinen Atem hören und konzentrierte sich darauf, während der andere zum Gegenangriff ansetzte. Der Nordmann setzte seinen Atem ein, um die Kraft des Schlages zu verstärken, und stöhnte bei jedem Hieb. Domitius ließ ihn seinen Rhythmus finden und wich seinem Angriff einige Schritte nach hinten aus, wobei er auf weitere Schwächen achtete.
Beim letzten Schritt spürte Domitius einen stechenden Schmerz, als er das rechte Bein belastete, als hätte ihm jemand eine Nadel in die Kniescheibe gestoßen. Das Bein gab nach und brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Augenblicklich geriet er unter Druck, denn sein Gegner spürte diese Schwäche sofort. Domitius versuchte, sie zu vergessen, aber er wagte es nicht mehr, sich auf sein Bein zu verlassen. Mit schleppenden Schritten griff er abermals an, bis der Schweiß, der an ihnen herunterrann, wild durcheinander spritzte. Der Mann aus dem Norden wich zurück, aber Domitius ließ nicht nach und unterbrach den Rhythmus der Hiebe, als sich ihre Klingen ineinander verhakten, mit einem kurzen Faustschlag.
Sein Gegner torkelte rückwärts. Sie wichen auseinander und fingen an, einander zu umkreisen. Domitius lauschte auf seinen Atem und warte auf das kurze Luftholen, das vor jeder Attacke kam. Er wagte nicht, zu seinem Knie hinabzusehen, aber bei jedem Schritt durchfuhr ihn ein neuerlicher Schmerz.
Der Nordmann versuchte, ihn mit einer raschen Schlagfolge zu ermüden, aber Domitius wehrte sie ab, lauschte auf den Atem des Gegners und wartete auf den richtigen Augenblick. Die Sonne stand hoch über den Männern, und der Schweiß brannte ihnen in den Augen. Der Gegner holte Luft, und Domitius machte einen Ausfall. Noch vor der Berührung wusste er, dass der Stoß perfekt war. Er riss dem anderen die Kopfhaut auf. Ein kleines Stück des Ohrs fiel zu Boden, Blut schoss hervor. Der Mann aus dem Norden schlug wild um sich, während Domitius zurückzuweichen versuchte.
Da gab sein Knie wieder nach, und ein höllischer Schmerz schoss ihm bis in die Leiste. Der andere zögerte, und seine Augen wurden klarer, als er den wachsenden Schmerz der Wunde spürte. Das Blut rann an seinem Schädel herab. Domitius beobachtete ihn genau und versuchte, nicht auf den Schmerz in seinem Knie zu achten.
Der Mann aus dem Norden berührte das warme Nass an seinem Hals und starrte auf seine blutigen Finger. Wütende Enttäuschung zeigte sich auf seinem Gesicht, und er nickte Domitius zu, ehe sie beide wieder auf ihre Ausgangspositionen zurückkehrten.
»Du solltest dein Knie verbinden, mein Freund. Die anderen haben es bestimmt bemerkt«, sagte der Mann aus dem Norden leise und deutete auf die anderen Finalisten, die aus dem Schatten der Sonnensegel über ihrem abgesteckten Bereich zusahen. Domitius zuckte die Achseln. Er versuchte, das Gelenk zu belasten und fuhr zusammen, wobei er einen Aufschrei unterdrückte.
Der Nordmann, der verstanden hatte, schüttelte den Kopf, als sie das Publikum und die Konsuln grüßten. Domitius versuchte, sich die plötzliche Angst, die ihn ergriffen hatte, nicht anmerken zu lassen. Das Gelenk fühlte sich merkwürdig an, und er betete, dass es nur eine Verstauchung oder eine Verrenkung war, die sich wieder einrenken ließ. Die Alternative war unerträglich für einen Mann, der in seinem Leben nichts außer seinem Schwert und der Zehnten besaß. Während die beiden über den glühenden Sand zurückgingen, biss Domitius vor Schmerz die Zähne zusammen und gab sich krampfhaft Mühe, nicht zu humpeln. Ein weiteres Paar in silberner Rüstung trat zum nächsten Kampf in die Sonne hinaus, und Domitius spürte ihr Selbstvertrauen, als sie ihn ansahen und lächelten.
Julius sah seinen Freund im Schatten verschwinden und verzog mitfühlend das Gesicht.
»Entschuldigt mich, meine Herren, ich möchte rasch nach unten gehen und nachsehen, ob die Wunden auch gut versorgt werden.«
Pompeius schlug ihm zur Antwort auf den Rücken, da er vom vielen Brüllen zu heiser zum Antworten war. Crassus rief nach kühlen Getränken für alle, und die Stimmung war ansteckend heiter, während sie es sich für den nächsten Kampf auf ihren Sitzen bequem machten. Man würde ihnen Essen zu ihren Plätzen bringen, und sämtliche Anwesenden waren dem Rausch von Blut und Geschicklichkeit verfallen. Suetonius führte seinem Vater eine Finte vor, und der ältere Mann lächelte ihm, von der allgemeinen Aufregung angesteckt, wohlwollend zu.
Renius erhob sich, als Julius seinen Sitz am Rande der Loge erreichte. Ohne ein Wort schloss er sich ihm an, und schweigend traten sie aus der Hitze in die Kühle der Passage unter den Tribünen.
Dort unten trat man in eine völlig andere Welt ein. Hier klang das Geschrei gedämpft und irgendwie weit entfernt. Das Sonnenlicht drang durch die Ritzen zwischen den dicken Brettern und fiel als gefleckte Streifen auf den Boden, die sich veränderten, sobald sich die Menschen über ihnen bewegten. Der Boden war die weiche Erde des Campus Martius, ohne die Deckschicht Sand, die man von der Küste herbeigeschafft hatte.
»Kann er weiterkämpfen?«, fragte Julius.
Renius zuckte die Achseln. » Cabera wird ihm helfen. Der Alte hat Macht.«
Julius antwortete nicht. Er erinnerte sich daran, wie Cabera Tubruk mit seinen Händen berührt hatte, als er nach dem Angriff auf das Landgut, bei dem Cornelia getötet worden war, von zahllosen Schwertern durchbohrt dalag. Cabera weigerte sich, über seine Heilkünste zu reden, aber Julius fiel ein, dass er einmal gesagt hatte, es wäre eine Frage der Pfade. Wenn ein Pfad zu Ende war, gab es nichts, was er noch tun konnte, aber für manche, wie Renius, hatte er noch etwas Zeit gewinnen können.
Julius betrachtete den alten Gladiator aus den Augenwinkeln. Im Lauf der Jahre hatte das Alter den kurzen Energieschub der Jugend wieder verdrängt. Sein Gesicht wies nun wieder die tiefen, bitteren Furchen eines alten Mannes auf, und Julius wusste immer noch nicht, warum er damals vor dem Tod gerettet worden war. Cabera glaubte, dass die Götter sie alle mit eifersüchtiger Liebe beobachteten, und Julius beneidete ihn um seine Überzeugung. Wenn er betete, war es, als würde er in einen leeren Raum schreien, ohne Antwort, bis er verzweifelte.
Über ihnen sprang das Publikum von den Sitzen, um einen Hieb zu bejubeln, und das Licht auf dem staubigen Boden veränderte sich. Julius trat zwischen den letzten beiden Holzsäulen hindurch auf die offene Fläche dahinter hinaus, und die aufgestaute Hitze ließ seinen Atem stocken.
Er blickte hinaus auf den Sand und musste des gleißenden Lichts wegen die Augen zusammenkneifen, um die beiden Kämpfer auszumachen, die aufeinander losgingen, als wollten sie miteinander tanzen. Ihre Schwerter warfen das Licht in hellen Blitzen zurück, und die Menge blieb auf den Beinen und stampfte rhythmisch mit den Füßen. Julius blinzelte, als ihm von oben Staub auf die Haut rieselte. Er blickte hinauf zu den schweren Bolzen, die die Tribünen zusammenhielten, legte die Hand darauf und spürte, wie das Holz bebte. Er hoffte nur, dass die Konstruktion hielt.
Cabera wickelte gerade ein dünnes Tuch um Domitius’ Knie. Brutus und Octavian kauerten neben den beiden. Der Kampf in der Arena interessierte sie nicht mehr. Sie blickten auf, als Julius zu ihnen trat, und Domitius hob die Hand und lächelte schwach.