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Müde und hungrig wie er war, konnte sich Bibulus eine kleine Spitze nicht verkneifen. »Als Konsul ist er gegen jede Anklage immun, Suetonius, sogar bei Kapitalverbrechen. Dann kannst du ihm nichts mehr anhaben.«

Suetonius grinste hämisch und zögerte, ehe er sprach. Er dachte an die finsteren Männer, die er auf ihrem Weg zu Cäsars Landgut beobachtet hatte, wo sie Cornelia und ihre Diener ermordet hatten. Manchmal war diese Erinnerung das Einzige, was ihn davon abhielt, verrückt zu werden. An jenem Tag hatten die Götter nicht ihre schützende Hand über Julius gehalten. Julius war nach Spanien geschickt worden, die Gerüchteküche wusste etwas von Schande zu berichten, und seiner schönen Frau war die Kehle durchgeschnitten worden. Damals hatte Suetonius gedacht, er habe seinen Zorn endgültig überwunden. Der Tod Cornelias war wie das Aufbrechen einer Eiterbeule gewesen, so dass das ganze Gift abgeflossen war.

Suetonius seufzte, weil er diesen Frieden verloren hatte. Julius hatte seinen Posten in Spanien missbraucht und das Land seines Goldes beraubt. Man hätte ihn in den Straßen steinigen sollen, aber er war zurückgekehrt und hatte dem Pöbel seine billigen Lügen erzählt und ihn damit auf seine Seite gezogen. Dieses Turnier hatte seinen Namen in der ganzen Stadt bekannt gemacht.

»Kam es etwa überraschend, dass ausgerechnet sein bester Freund das Schwertturnier gewinnt, Bibi? Nein, sie jubeln ihm einfach zu, diese elenden Hohlköpfe, obwohl jeder, der Augen im Kopf hat, sehen konnte, dass Salomin kaum bis zu seiner Markierung gehen konnte. Das war der wahre Cäsar, der, den ich kenne. Vor den Augen Tausender, aber sie wollten es nicht sehen. Wo war denn da die Ehre, auf die er solchen Wert legt?« Suetonius begann wieder auf und ab zu schreiten und trat bei jedem Schritt scheppernd auf sein Spiegelbild. »Er darf nicht Konsul werden, Bibulus. Ich werde tun, was ich kann, aber das darf einfach nicht passieren. Du bist meine einzige Hoffnung, mein Freund. Vielleicht wirst du es schaffen, ihm genug Stimmen der Zenturien wegzunehmen, und wenn das nicht reicht, muss ich mir etwas anderes einfallen lassen.«

»Wenn man dich bei irgendetwas erwischt, werde ich ... «, hob Bibulus an.

Suetonius brachte ihm mit einer Handbewegung zum Schweigen.

»Erledige du deine Arbeit, Bibulus, ich kümmere mich um die meine. Wink der Menge zu, erscheine vor Gericht, halte deine Reden.«

»Und wenn das nicht reicht?«, fragte Bibulus und fürchtete sich zugleich vor der Antwort.

»Enttäusche mich nicht, Bibulus. Du hältst bis zum Ende durch, es sei denn, dein Rückzug hilft meinem Vater. Ist das etwa zu viel verlangt? Das ist gar nichts.«

»Aber was ist, wenn ...«

»Ich bin deine ewigen Einwände leid, mein Freund«, sagte Suetonius leise. »Wenn du willst, gehe ich auf dem schnellsten Wege zu Pompeius und erkläre ihm unmissverständlich, warum du Rom nicht vertreten kannst. Möchtest du das etwa, Bibulus? Soll er von deinen Geheimnissen erfahren?«

»Nein ... nicht«, sagte Bibulus, dem die Tränen in die Augen traten. In solchen Augenblicken empfand er nichts als Hass für den Mann, der vor ihm stand. Aus dem Mund des Suetonius klang alles so schmutzig.

Suetonius trat auf ihn zu und packte ihn an seinem Doppelkinn.

»Sogar kleine Hunde können beißen, nicht wahr, Bibulus? Ob du mich wohl verraten würdest, frage ich mich? Ja, natürlich würdest du das tun, wenn ich dir die Chance dazu bieten würde. Aber du würdest mit mir fallen, und noch viel tiefer. Das weißt du doch, oder?«

Suetonius packte eine Hautfalte seines Freundes mit zwei Fingern und fing an zu drehen. Bibulus wand sich vor Schmerzen.

»Du bist wirklich ein dreckiges Schwein, Bibulus. Aber ich brauche dich, und das verbindet uns mehr als Freundschaft, enger als Blutsbande. Vergiss das nicht, Bibi. Du würdest keiner Folter standhalten, und Pompeius ist bekannt dafür, dass er sehr gründlich ist.«

Bibulus riss sich mit einem Ruck los und drückte seine weichen, weißen Hände gegen die schmerzende Kehle.

»Ruf deine hübschen Kinder, sie sollen das Feuer wieder anzünden. Es ist kalt hier«, sagte Suetonius mit einem boshaften Funkeln in den Augen.

Brutus stand im Esszimmer des Wahlhauses am Kopf der Tafel, hob den Becher und sah seine Freunde an. Sie erhoben sich ihm zu Ehren, und die Bitterkeit, die er immer noch wegen Salomin verspürte, fiel in ihrer Gesellschaft ein wenig von ihm ab. Julius begegnete seinem Blick, und Brutus zwang sich zu einem Lächeln. Er schämte sich, weil er einen Augenblick gedacht hatte, sein Freund sei möglicherweise für die Prügel verantwortlich.

»Worauf sollen wir trinken?«, fragte Brutus.

Alexandria räusperte sich, und alle Blicke richteten sich auf sie.

»Wir brauchen bestimmt mehr als nur einen Trinkspruch, aber als Erstes sollten wir auf Brutus trinken, das beste Schwert Roms.«

Sie lächelten und wiederholten die Worte, und Brutus hörte Renius’ tiefe Stimme lauter als alle anderen knurren. Der alte Gladiator hatte nach seinem Sieg bei dem Turnier lange mit ihm gesprochen, und da er es war, hatte Brutus zugehört.

Brutus hob seinen Becher, als sich ihre Blicke begegneten, und bedankte sich so noch einmal persönlich bei ihm. Renius antwortete mit einem Grinsen, und Brutus spürte, wie sich seine Stimmung hob.

»Dann gebührt der nächste meiner schönen Goldschmiedin«, sagte er, »die einem guten Schwertkämpfer auf mehr als nur eine Weise zugetan ist.«

Bei dem darauf einsetzenden Gelächter lief Alexandria rot an, und Brutus glotzte ihr ungeniert in den Ausschnitt.

»Du bist betrunken, du Lustmolch«, antwortete sie, und ihre Augen funkelten vor Vergnügen.

Julius ließ die Becher nachfüllen.

»Auf die, die wir lieben und die nicht hier sind«, sagte er, und etwas an seinem Tonfall ließ die anderen innehalten. Cabera lag oben auf seinem Bett; die besten Ärzte Roms waren an seiner Seite, von denen keiner auch nur über die Hälfte seines Könnens verfügte. Nachdem er Domitius geheilt hatte, war er zusammengebrochen, und sein Siechtum trübte die Stimmung der anderen.

Sie wiederholten den Trinkspruch und schwiegen, während sie sich an diejenigen erinnerten, die sie verloren hatten. Julius dachte nicht nur an den alten Heiler, sondern auch an Servilia, und sein Blick fiel auf den leeren Stuhl, der für sie bereitstand. Nachdenklich rieb er sich die Stelle an der Stirn, wo ihn die Perle getroffen hatte.

»Sollen wir etwa die ganze Nacht stehen bleiben?«, fragte Domitius. »Octavian müsste sowieso schon lange im Bett liegen.«

Octavian setzte den Becher an und leerte ihn. »Ihr habt doch gesagt, wenn ich brav bin, darf ich länger aufbleiben«, erwiderte er fröhlich.

Sie setzten sich wieder, und Julius musterte seinen jungen Verwandten liebevoll. Octavian wuchs zu einem prächtigen Mann heran, auch wenn seine Manieren noch einiges zu wünschen übrig ließen. Selbst Brutus war aufgefallen, wie oft er in Servilias Haus anzutreffen war. Allem Anschein nach hatte er sich dort zum Liebling der Mädchen entwickelt. Julius sah, wie Octavian über etwas lachte, das Renius gesagt hatte, und hoffte, dass ihm das außergewöhnliche Selbstvertrauen der Jugend nicht auf allzu brutale Art genommen würde. Aber wenn der junge Mann niemals ernsthaft geprüft wurde, blieb er nichts als eine leere Hülle. Es gab viele Dinge in seiner Vergangenheit, die er ändern würde, aber ohne sie, das wusste er, wäre er immer noch der stolze, zornige kleine Junge, den Renius ausgebildet hatte. Der Gedanke daran war schrecklich, aber er hoffte, dass Octavian auch Leid und Schmerz erfahren würde, damit er zum Mann werden konnte. Es war die einzige Möglichkeit, die er kannte, und selbst wenn Julius seine Triumphe vergessen konnte, so waren es doch seine Niederlagen gewesen, die ihn geformt hatten.

Das Essen wurde auf Julius’ persönlichen, noch in Spanien angefertigten Silbertellern serviert. Alle Gäste waren hungrig, und eine ganze Weile war nur noch das Geräusch kauender Münder zu vernehmen.