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Octavian wartete, bis die Flüchtenden ganz nahe heran waren. Dann stieß er einen leisen Pfiff aus und schwang sein Bein über den Sattel, als sein Pferd aufstand. Der Rest sprang mit ihm zusammen auf und saß im Sattel, ehe die Pferde ganz aufrecht standen.

Den fliehenden Dieben erschien es, als wüchse ein voll bewaffneter Trupp Kavallerie vor ihnen aus dem Boden. Die sieben Männer gerieten vollkommen in Panik und warfen sich entweder flach auf den Boden oder rissen die Hände in die Luft, um sich auf der Stelle zu ergeben. Octavian zog sein Schwert und blickte sie an. Ihr Anführer betrachtete ihn schicksalsergeben, drehte den Kopf zur Seite und spuckte ins tiefe Gras.

»Na kommt schon! Bringt es hinter euch«, sagte er.

Trotz seines augenscheinlichen Fatalismus beobachtete der Dieb die Positionen der Reiter ganz genau und entspannte sich erst, als ihm jeder Ausweg versperrt war. Er hatte gehört, dass ein Mensch über eine kurze Distanz schneller laufen konnte als ein Pferd, aber wenn er die glänzenden Rösser der Extraordinarii so betrachtete, erschien ihm das eher unwahrscheinlich.

Als sie den Männern die Schwerter abgenommen hatten, löste Octavian seinen Helm vom Sattel und setzte ihn auf. Der Federbusch wehte sanfte im Wind, machte den Reiter noch größer und verlieh ihm einen Furcht einflößenden Anblick. Der Teil seines Solds, den der Helm gekostet hatte, war eine gute Investition gewesen. Die Raptores blickten ihn jetzt alle an und warteten erbittert auf den Befehl, auf den hin die Reiter kurzen Prozess mit ihnen machen würden.

»Ich schätze, euren Herrn kann man wohl kaum vor Gericht stellen«, sagte Octavian.

Der Anführer spuckte wieder aus. »Wir kennen keinen Herrn, Soldat, außer vielleicht das Silber«, sagte er, und als er spürte, dass etwas in der Luft lag, nahm sein Gesicht blitzschnell einen gerissenen Ausdruck an.

»Es wäre doch schade, wenn er ohne eine ordentliche Tracht Prügel davonkommen würde, oder?«, fragte Octavian naiv.

Die Raptores nickten. Selbst der Langsamste unter ihnen hatte inzwischen verstanden, dass der Befehl, sie zu töten, nicht erfolgen würde.

»Ich kann ihn wiederfinden, wenn du uns laufen lässt«, sagte der Anführer, wagte aber noch nicht vollends zu hoffen. Für einen Mann, der in der Stadt aufgewachsen war, hatten die Pferde etwas Beängstigendes. Er hatte eigentlich nie gewusst, wie groß diese Tiere waren, und zuckte zusammen, als eines hinter ihm schnaubte.

Octavian warf einen kleinen Beutel in die Luft, den der Anführer auffing und sofort in der Hand wog. Dann ließ er ihn in seiner Tunika verschwinden.

»Ich erwarte gründliche Arbeit«, sagte Octavian und ließ sein Pferd ein paar Schritte zurücktreten, damit die Männer passieren konnten. Einige von ihnen machten Anstalten, vor den Reitern zu salutieren, als sie sich ihren Weg zwischen ihnen hindurchbahnten und den Rückweg in die Stadt antraten. Keiner von ihnen wagte es, sich umzublicken.

Noch bevor die letzten Zenturien gewählt hatten, wusste Julius, dass er und Bibulus die Sitze als Konsuln für das nächste Jahr gewonnen hatten. Die Senatoren, die sie beide umschwärmten, erinnerten ihn an Bienen, und er musste grinsen, als er Bibulus’ verwirrten Gesichtsausdruck sah.

Viele Männer, die Julius kaum kannte, klopften ihm auf die Schulter und drückten ihm die Hand, und noch ehe ihm sein veränderter Status richtig klar geworden war, war er schon dabei, Fragen und Bitten um Unterredungen zu beantworten und sich von überaus lohnenden Investitionen erzählen zu lassen. In ihrer Rolle als offizielle » Comitia Centuriata« hatten die Bürger Roms zwei neue Würdenträger geschaffen, die von der Stadt ausgesaugt werden konnten, und Julius fühlte sich von der vielen Aufmerksamkeit überwältigt und irritiert. Wo hatten all diese lächelnden Anhänger während des Wahlkampfs gesteckt?

Im Vergleich zu der oberflächlichen Herzlichkeit des Senats waren die Glückwünsche von Pompeius und Crassus ein wirkliches Vergnügen, vor allem weil Julius wusste, dass Pompeius lieber Glasscherben gefressen hätte, als diese Worte auszusprechen. Julius schüttelte die dargebotene Hand ohne jedes Anzeichen von Schadenfreude, die Gedanken bereits auf die Zukunft gerichtet. Ganz egal, wen das Volk als neue Senatsführer gewählt hatte, die scheidenden Konsuln waren immer noch ein Machtfaktor in der Stadt. Nur ein Narr würde sie im Augenblick des Triumphs verärgern.

Der Magistrat kletterte auf ein kleines Podest, um die letzten Zenturien nach Hause zu schicken. Sie senkten die Köpfe, als er lauthals ein Dankgebet zu ihnen sprach, das mit dem traditionellen Befehl »Discedite! « endete.

Die Bürger taten wie befohlen und zerstreuten sich lachend und scherzend, während sie sich auf den Rückweg in die versiegelte Stadt machten.

Suetonius und sein Vater hatten Julius ihre Aufwartung gemacht, und Julius hatte sich freundlich mit ihnen unterhalten, weil er wusste, dass es eine Gelegenheit war, die Beziehungen, die in der Vergangenheit und während des Wahlkampfs gelitten hatten, etwas zu kitten. Er konnte sich die Geste leisten, und auch Prandus schien seine Freundlichkeit anzunehmen, als er sich vor dem designierten Konsul Roms verbeugte. Sein Sohn Suetonius hingegen hatte Julius nicht angesehen, und seinem Gesicht war die Enttäuschung anzusehen.

Pompeius’ Männer hatten Pferde gebracht, und Julius hob den Blick, als man ihm Zügel in die Hand drückte. Vom Rücken eines grauen Wallachs aus sah Pompeius mit unergründlicher Miene zu ihm herab.

»Es wird noch Stunden dauern, bis der Senat wieder zusammentritt, um die Posten zu bestätigen, Julius. Wenn du gleich mit uns reitest, haben wir die Curia für uns allein.«

Crassus beugte sich über den Hals seines Pferdes, um vertraulicher mit ihm zu sprechen: »Vertraust du mir – dieses eine Mal noch?«

Julius sah zu den beiden Männern auf und spürte die Anspannung, mit der beide seine Antwort erwarteten. Er zögerte nicht, schwang sich in den Sattel und hob den Arm für diejenigen in der Menge, die ihre Unterhaltung beobachteten. Sie jubelten ihm zu, als er sein Pferd herumwarf und mit den beiden Konsuln über das weite Feld ritt, gefolgt von einer Zenturie aus Pompeius’ Kavallerie als Eskorte. Die Menge machte ihnen bereitwillig Platz, und ihre langen Schatten folgten ihnen.

20

Ohne die wählenden Hundertschaften wirkte die Stadt merkwürdig leer, als die drei Männer durch die Straßen ritten. Julius fühlte sich an die stürmische Nacht erinnert, in der er zu den Gefängniszellen hinuntergestiegen war und Catilinas gefolterte Männer vorgefunden hatte. Als sie vor dem Senatsgebäude von den Pferden stiegen, sah er zu Crassus hinüber. Der alte Mann hob die Augenbrauen und ahnte, was der Grund für diesen Blick war.

Julius hatte die Hallen des Senatsgebäudes noch nie zuvor betreten, ohne dass die Bänke darin voll besetzt gewesen wären. Die ungewohnte Leere ließ jeden ihrer Schritte widerhallen. Schließlich setzten sie sich in der Nähe des Rednerpults zusammen. Die Tür war offen geblieben; ein goldener Sonnenstrahl fiel schräg herein und ließ die Marmorwände leicht und luftig wirken. Die normalen Prozeduren waren durch die Besonderheit der Lage außer Kraft gesetzt worden, und Julius lehnte sich mit einem ungekannten Gefühl der Zufriedenheit auf der harten Holzbank zurück. Seine Wahl wurde ihm erst jetzt richtig bewusst, und er konnte sich bei dem Gedanken daran kaum ein Grinsen verkneifen.

Pompeius ergriff das Wort: » Crassus und ich dachten uns, wir alle könnten von einem privaten Gespräch vor der Senatssitzung profitieren.« Er stand wieder auf und fing an, beim Reden auf und ab zu gehen. »Wenn wir die blumigen Worte für die Öffentlichkeit beiseite lassen, besteht zwischen uns dreien keine große Freundschaft. Wir respektieren einander, wie ich hoffe, aber wir mögen uns nicht besonders.« Er machte eine Pause, und Crassus zuckte die Achseln. Julius sagte nichts.