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Julius ballte beim Gehen die Fäuste. Er hatte seine Tochter hergegeben, hatte Zeit, Geld und Macht an Pompeius und Crassus verpfändet. Im Gegenzug würde er mehr Freiheiten erhalten, als sie je ein Heerführer in der Geschichte der Stadt gehabt hatte. Sogar Scipio Africanus hatte nicht die Machtbefugnisse gehabt, über die Julius in Gallien verfügen würde. Selbst Marius war dem Senat Rechenschaft schuldig gewesen. Julius wusste, dass er sich so etwas nicht von einem einzigen Mann aus der Hand nehmen lassen würde, ganz egal, was er dafür tun musste.

Die Menge machte dem entschlossen ausschreitenden Mann Platz. Diejenigen, die ihn erkannten, schwiegen. Der Gesichtsausdruck des neuen Konsuls verbat sich jeden Versuch, ihn zu grüßen oder ihm zu gratulieren. Viele Leute fragten sich, was für Nachrichten einen Mann am Tag seiner Wahl so erzürnt haben konnten.

Julius ließ sie murmelnd hinter sich zurück und näherte sich allmählich den hohen Säulen und Toren von Bibulus’ Haus. Entschlossen hämmerte er mit der Faust gegen die Eichentür. Diesen letzten Schritt würde er durch nichts vereiteln lassen.

Der Sklave, der ihm die Tür öffnete, war ein Knabe mit stark geschminktem Gesicht, das ihm einen lasziven Ausdruck verlieh, selbst dann noch, als er den Besucher erkannte und die Augen weit aufriss.

»Ich bin ein Konsul Roms. Kennst du das Gesetz?«

Der Sklave nickte voller Angst.

»Dann verwehre mir nicht den Zutritt. Wenn du nur meinen Ärmel berührst, stirbst du. Ich bin hier, um deinen Herrn zu sprechen. Führ mich hinein.«

»K-Konsul ...«

Der junge Mann wollte vor ihm niederknien, doch Julius fuhr ihn unwirsch an.

»Sofort!«

Der bemalte Knabe brauchte keine weitere Aufforderung. Er drehte sich um, rannte fast vor Julius davon und ließ die Tür zur Straße hinter sich sperrangelweit offen stehen.

Julius marschierte hinterher, durch Räume, in denen ihn ein Dutzend weiterer geschminkter Kinder wie versteinert anstarrten, als er zwischen ihnen hindurchging. Ein oder zwei schrien überrascht auf, und Julius funkelte sie wütend an. Gab es denn in diesem Haus keine Erwachsenen? So wie sie angezogen waren, erinnerten sie ihn mehr an Servilias Huren als an ...

Er hätte den Jungen, der um eine Ecke bog, beinahe aus den Augen verloren, als ihm der Gedanke kam. Dann eilte er hinter dem Sklaven her, der jetzt noch schneller durch Vorräume und Flure lief, bis sie zusammen in einen hell erleuchteten Raum platzten.

»Herr!«, rief der junge Mann. »Konsul Cäsar ist hier!«

Julius blieb stehen und keuchte ein wenig; Zorn rauschte durch seine Adern. Bibulus war im Zimmer, und Suetonius stand über ihn gebeugt und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Am gegenüberliegenden Ende des Zimmers standen noch mehr hübsche Sklaven, und zwei nackte Knaben rekelten sich zu den Füßen der beiden Männer. Julius sah, dass ihre Gesichter vom Wein gerötet waren, und ihre Augen waren älter als ihre Haut. Er schauderte, als er sich Suetonius zuwandte.

»Verschwinde!«, sagte er.

Suetonius hatte sich langsam, wie in Trance, aufgerichtet, als Julius das Zimmer betrat. Seine Züge waren von Bosheit entstellt, während er mit den widersprüchlichen Gefühlen kämpfte, die auf ihn einstürzten. Ein Konsul durfte nicht berührt, nicht angefasst werden. Selbst Suetonius’ Position im Senat hätte ihn nach einer solchen Beleidigung nicht retten können.

Langsam legte Julius die Hand auf sein Schwert. Er wusste, dass Bibulus ohne seinen Freund schwächer sein würde. Das hatte er schon gewusst, als er noch keinen Hebel in der Hand gehabt hatte, den er dem fetten Mann in die Eingeweide rammen konnte. Jetzt hatte er einen gefunden.

Als Suetonius Bibulus Hilfe suchend anblickte, sah er nichts als blanke Angst im fleischigen Gesicht des Konsuls. Suetonius hörte, wie Julius quer über den Marmorboden auf sie zukam, trotzdem zögerte er und wartete auf ein einziges Wort, das ihm gestatten würde, zu bleiben.

Bibulus sah wie versteinert zu, als Julius sich Suetonius näherte und sich zu ihm vorbeugte. Suetonius wich zurück.

»Verschwinde!«, wiederholte Julius leise, und Suetonius floh.

Als sich Julius zu Bibulus umdrehte, begann der Konsul zu stammeln.

»Das ist mein H-Haus ... «, setzte er an.

Julius brüllte ihn mit einer Lautstärke an, die Bibulus auf seiner Liege hastig rückwärts kriechen ließ.

»Du Stück Dreck! Du wagst es, mit mir zu reden, während diese Kinder zu deinen Füßen sitzen! Wenn ich dich auf der Stelle umbringen würde, wäre das ein Gewinn für Rom! Nein, noch besser, ich sollte dir das Letzte abschneiden, das dich noch zum Mann macht. Genau das werde ich jetzt tun.«

Julius zog das Schwert und näherte sich der Liege. Bibulus schrie auf, krallte sich in den Stoff und versuchte verzweifelt zu fliehen. Dicke Tränen rollten ihm über das Gesicht, als ihm Julius die glänzende Klinge über den Schritt hielt.

Bibulus erstarrte. »Bitte!«, wimmerte er.

Julius drehte die Klinge und schob sie tiefer in die Falten des Gewands. Bibulus drückte sich gegen die Lehne der Liege, konnte jedoch nicht weiter zurückweichen.

»Bitte, was immer du willst ... « Er fing an, würgend zu schluchzen, wodurch sich glänzender Schleim zu den Tränen gesellte, bis sein Gesicht kaum noch als menschlich zu erkennen war.

Julius wusste, dass ihm das Schicksal alles in die Hände gespielt hatte. Der kälteste Teil seines Wesens freute sich über die Schwäche, die Bibulus zeigte. Ein paar ausgesuchte Drohungen, und er würde es nie wieder wagen, sich im Senat blicken zu lassen. Doch als er zu sprechen begann, regte sich einer der Knaben, und Julius sah zu ihm hinab. Der Junge sah nicht ihn an, sondern seinen Herrn, reckte den Hals, um besser sehen zu können. Hass spiegelte sich in dem jungen Gesicht, ein schrecklicher Anblick. Seine Rippen waren deutlich zu sehen, an seinem Hals prangte ein dunkler Bluterguss. Der Junge mochte etwa so alt sein wie seine Tochter, dachte Julius. Er richtete seine Wut wieder auf Bibulus.

»Verkaufe deine Sklaven. Verkaufe sie dahin, wo man ihnen nichts zu Leide tut, und schick mir die Adressen, damit ich mich nach jedem Einzelnen von ihnen erkundigen kann. Du wirst alleine leben, falls ich dich überhaupt am Leben lasse.«

Bibulus nickte mit zitternden Hängebacken.

»Ja, ja, das werde ich tun ... nur tu mir nichts.« Er brach wieder zusammen und schluchzte jämmerlich. Julius schlug ihm zweimal ins Gesicht, so dass sein Kopf nach hinten flog. Ein dünner Blutfaden rann über seine Lippen, und er zitterte deutlich sichtbar.

»Wenn ich dich noch einmal im Senat sehe, wird dich auch deine Immunität nicht mehr schützen, das schwöre ich bei allen Göttern. Ich werde dich an einen abgeschiedenen Ort bringen und tagelang foltern lassen. Du wirst um dein Ende betteln.«

»Aber ich bin ein Konsul!«, begehrte Bibulus auf.

Julius schob die Schwertspitze vor, und Bibulus schnappte nach Luft.

»Nur noch dem Namen nach. Ich will einen Mann wie dich nicht in meinem Senat haben. Nicht solange ich lebe. Deine Zeit dort ist um.«

»Kann er mir jetzt noch wehtun?«, fragte der Sklavenjunge plötzlich.

Julius drehte den Kopf und sah, dass der Knabe aufgestanden war. Er schüttelte den Kopf.

»Dann gib mir ein Messer. Ich werde ihm wehtun«, sagte der Junge.

Julius blickte ihm in die Augen und sah nur wilde Entschlossenheit.

»Wenn du das tust, wird man dich töten«, sagte er leise.

Der Junge zuckte die Achseln. »Das ist es wert«, sagte er. »Gib mir ein Messer, dann mache ich es.«

Bibulus öffnete den Mund, und Julius drehte grob die Klinge.

»Du sei still. Hier reden Männer. Da hast du nichts zu sagen.« Er wandte sich wieder dem Sklaven zu und sah, dass dieser sich bei seinen Worten höher aufrichtete.

»Ich werde dich nicht aufhalten, Junge, wenn du das willst, aber lebendig ist er für mich nützlicher als tot. Wenigstens im Augenblick.« Eine Leiche würde eine weitere Wahl nach sich ziehen, und einen neuen Gegenspieler, der vielleicht nicht Bibulus’ Schwächen besaß. Trotzdem schickte Julius den Jungen nicht weg.