Einige lächelten, aber ihre Augen waren auf die vorrückenden Horden gerichtet, die die leblosen Körper der Gefallenen unter sich verschwinden ließen, als sie den Hügel abermals erklommen. Einige der römischen Speere wurden aus den Leichen gezogen und nach der Zehnten geworfen, flogen aber aufgrund des ansteigenden Terrains nicht weit genug.
»Schwerter bereit!«, befahl Brutus, und zum ersten Mal zogen beide Legionen die Klingen und hielten sie hoch, so dass sie das Sonnenlicht reflektierten. Brutus sah sich um und hob stolz den Kopf. Sollten sie nur klettern, dachte er.
Keuchend und schnaufend brachen die Phalanx-Formationen auseinander, als sich die Helvetier den Linien der Römer näherten. Die Zehnte wartete geduldig auf sie, jeder Mann neben Freunden, die er seit Jahren kannte. In den römischen Reihen gab es keine Angst. Sie standen in makelloser Formation und wussten, dass die Cornicen die ersten Reihen würden wechseln lassen, sobald sie müde wurden. Sie trugen Schwerter aus gehärtetem Eisen, und Brutus sah überall ungeduldige Erwartung in den Gesichtern. Einige Legionäre winkten den Kriegern sogar zu und feuerten sie an. Einen Augenblick lang sah er sie vor seinem inneren Auge, wie die Helvetier sie sehen mussten: eine Mauer aus Männern und Schilden, ohne eine Lücke.
Die ersten Helvetier trafen auf die Zehnte und wurden mit geübter Unerbittlichkeit niedergemacht. Die harten römischen Klingen schlugen überall entlang der Linien auf sie ein und trennten Arme und Köpfe mit einem einzigen Streich ab. Die langen Speere der Helvetier konnten die römischen Schilde nicht durchdringen, und Brutus frohlockte über den Blutzoll.
Er stand auf der rechten Seite in der dritten Reihe und musste sich von dem faszinierenden Anblick losreißen. Er überblickte ihre Position. Eine riesige Horde von Männern kämpfte sich den Berg hoch, um ihre Kameraden zu unterstützen, viele andere strömten um den Hügel herum, um von der Flanke her anzugreifen. Er spürte, wie ihm erneut der Schweiß ausbrach, als er nach Julius Ausschau hielt. Die Sonne blendete ihn aus diesem Winkel, aber er kniff die Augen zusammen und spähte durch das grelle Licht hinüber zur Baumlinie.
»Komm schon, komm schon«, sagte er laut.
Es würde noch eine Weile dauern, bis die Helvetier seine Männer eingekreist hatten, aber wenn sie die Kammlinie hinter ihnen erreichten, gab es keine Rückzugsmöglichkeit mehr für die Zehnte und die Dritte. Er stöhnte vor Wut und Enttäuschung auf, als er sah, wie wenig Krieger die Helvetier als Wachen bei den Frauen und Kindern zurückgelassen hatten. Ein Angriff in ihrem Rücken würde sie augenblicklich in Panik versetzen.
Die schiere Überzahl der Angreifer begann Lücken in die vordersten Reihen der Römer zu schlagen. Die Velites waren schnell und nur leicht gepanzert, und obwohl sie ohne Unterbrechung zwei Stunden hintereinander kämpfen konnten, dachte Brutus daran, die schweren Reihen nach vorne zu schicken, um sie für den Rückzug, den er vielleicht befehlen musste, frisch zu erhalten. Falls Julius nicht bald kam, würde Brutus sich mit den Legionen auf den Hügelkamm zurückziehen und dabei um jeden Zoll kämpfen müssen. Noch schwerer würde der Kampf allerdings, wenn sie erst den Schwertern der Krieger hinter ihnen ausgeliefert waren.
Brutus blickte über die Köpfe seiner Männer hinweg, und sein Herz raste vor Wut. Falls er den Rückzug überlebte, würde Julius für die Vernichtung der Zehnten büßen. Nach all den Jahren in Spanien kannte er fast jeden einzelnen von ihnen, und jeder Gefallene war für ihn wie ein persönlicher Schicksalsschlag.
Dann schrie er vor Freude und Erleichterung auf, als er plötzlich in der Ferne die silbernen Reihen von Julius’ Legionen auf die Ebene stürmen sah. Die Helvetier im Tross bliesen Warnsignale auf ihren Hörnern, und Brutus sah, wie die Reserve-Phalanxen augenblicklich kehrtmachten, um der neuen Bedrohung zu begegnen. Weitere Hörner erklangen auf dem Hügel, die Stammeskrieger blieben stehen und blickten in die Ebene hinab. Brutus brüllte ihnen triumphierend unverständliches Zeug entgegen, als sie sich von der Zehnten zurückzuziehen begannen und eine Lücke zwischen den beiden Armeen entstand. Jetzt würde es keine Flankenmanöver mehr geben, denn jeder Krieger versuchte verzweifelt, seinen Besitz und seine Familie zu beschützen.
»Zehnte und Dritte!«, rief Brutus immer wieder nach links und nach rechts. Sie warteten auf seine Befehle, und er hob den Arm und senkte ihn in Richtung Ebene. »Schließt die Reihen! Bogenschützen, sammelt alle Pfeile auf, die ihr finden könnt! Zum Angriff, Zehnte! Zum Angriff, Dritte!«
10000 Legionäre setzten sich auf sein Wort hin wie ein einziger Mann in Bewegung, und Brutus meinte, seine Brust müsse vor Stolz bersten.
Die Helvetier hatten keine Kavallerie. Julius schickte die Extraordinarii los, um ihre Linien anzugreifen, während sie verzweifelt versuchten, sich neu zu formieren, um den neuen Angriff abzuwehren. Julius marschierte neben Marcus Antonius und behielt Octavian im Auge, der die Linien seiner Reiter im spitzen Winkel an die helvetischen Phalanxen heranführte. Im vollen Galopp griff jeder Mann hinunter zu der langen Lederröhre an seinem Bein und zog einen dünnen Speer hervor, den er dann mit tödlicher Präzision warf. Die Helvetier brüllten und schwangen drohend ihre Schilde, aber Octavian griff sie erst direkt an, nachdem die letzten Speere geschleudert waren. Bis Julius das Ende der Marschkolonne erreicht hatte, befanden sich die Reserven in wilder Auflösung, und es war nicht schwer, den Rest aufzureiben.
Auf seinen Befehl bliesen die Cornicen das Signal zum doppelten Tempo, und 20000 Legionäre verfielen in einen lockeren Trab, in dem sie meilenweit rennen konnten, direkt auf den Feind zu. Den riesigen Zug der helvetischen Sippen beobachteten sie schweigend, als sie ohne einen Zuruf an ihnen vorbeiströmten. Von ihnen ging keine Gefahr aus, und Julius dachte angestrengt darüber nach, wie er den größten Nutzen aus dieser Lage ziehen konnte.
Die Krieger, die den Hügel angegriffen hatten, flohen inzwischen in wilder Panik zurück zum Tross, und Julius lächelte, als er die schimmernden Rechtecke der Zehnten und Dritten sah, die ihnen dicht auf den Fersen waren. Ihre eng gehaltenen Formationen ließen sie in der Morgensonne wie Silberplatten funkeln. Der Hügel war mit Leichen übersät, und Julius sah, dass die Helvetier jede Ordnung aufgegeben hatten und nicht mehr an Phalanxen dachten. Ihre Angst schwächte sie, und Julius setzte alles daran, diese Angst noch zu verstärken. Er überlegte, ob er die Extraordinarii zurückrufen und die Kolonne angreifen lassen sollte, aber in diesem Augenblick gab Octavian das Signal zum Angriff, und die Masse der Pferde bildete einen großen Keil, der die rennenden Krieger wie ein Faustschlag traf. Julius wartete, bis sich die Extraordinarii wieder vom Gegner gelöst hatten und die Pferde herumrissen, um eine erneute Attacke zu reiten, ehe er ihnen das Signal gab, ihre Position zu halten.
»Speere bereit machen!«, rief Julius. Er nahm seinen eigenen in die Hand und spürte das Gewicht des hölzernen Schafts. Schon konnte er die Gesichter der Krieger erkennen, die auf ihn zugerannt kamen. Es würde gerade genug Zeit für einen Wurf bleiben, ehe die Armeen aufeinander prallten.
»Speere!«, schrie er und schleuderte den seinen in die Luft.
Die Reihen um ihn herum ließen den Himmel vor Eisen dunkel werden, und die vordersten Linien der Helvetier wurden niedergestreckt. Ehe sie sich erholen konnten, prallten die ersten Legionäre auf sie und brachen durch.
Die Zenturios in den hinteren Linien hielten das Sperrfeuer aufrecht, als eine Gruppe nach der anderen in Reichweite kam, und Julius brüllte, als sie sich unaufhaltsam in die Masse der Stammeskrieger ergossen. Es waren so viele! Seine Legionäre vernichteten alles, was sich ihnen in den Weg stellte, und der Durchmarsch erfolgte so schnell, dass Julius sich sorgte, sie könnten Opfer eines Flankenmanövers werden. Die Cornicen bliesen seinen Warnruf, die Linie zu verbreitern, und hinter ihm schwärmten die Legionen aus Ariminum aus, um den Feind zu umklammern. Die Extraordinarii folgten ihnen und warteten auf das Zeichen zum Angriff.