Brutus kam auf einem Pferd, das er gefunden hatte und dessen Reiter unter den Toten lag, angetrabt.
»Was für ein Sieg, Julius!«, rief er und sprang aus dem Sattel.
Die Soldaten um ihn herum zeigten auf ihn und flüsterten, als sie seine silberne Rüstung erkannten, und Julius grinste über ihre ehrfürchtigen Gesichter. Er hatte es für gefährlich gehalten, sie in der Schlacht zu tragen, weil Silber viel weicher war als gutes Eisen, aber Brutus hatte sie anbehalten und gesagt, es würde die Kampfmoral der Männer heben, wenn sie mit dem Besten ihrer Generation kämpften.
Julius lachte, als er sich daran erinnerte.
»Ich war heilfroh, als ich dich über die Ebene kommen sah, das kann ich dir sagen«, sagte Brutus.
Julius musterte ihn scharf, als er die Frage spürte, die dahinter steckte. Er musste sich ein Lächeln verkneifen, als er nach dem Kundschafter rief, und Brutus hob die Augenbrauen, als er den bedauernswerten Römer sah, dessen Händen ebenso fest gefesselt waren wie die der Gefangenen. Der junge Mann war gezwungen worden, mit den Legionen zu marschieren, und hatte jedes Mal den Stock eines Optios im Rücken gespürt, wenn er langsamer wurde. Julius war froh, dass er überlebt hatte, und im Gefühl des Sieges beschloss er, ihn nicht auspeitschen zu lassen, wie er es verdient gehabt hätte.
»Binde ihn los! «, sagte Julius zu dem Optio des Kundschafters, der seine Fesseln mit einem Messer durchtrennte. Der Kundschafter sah aus, als müsse er mit den Tränen kämpfen, während er versuchte, vor seinem Heerführer und dem Gewinner des Schwertturniers in Rom Haltung anzunehmen.
»Dieser junge Herr hier hat mir berichtet, dass der Feind den Hügel besetzt hätte, auf den ich dich geschickt hatte. In der Dunkelheit hat er zwei anständige römische Legionen für einen Haufen von Stammeskriegern gehalten.«
Brutus brach in schallendes Gelächter aus.
»Du bist doch nicht etwa abgezogen? Julius, das ist ... « Er konnte vor Lachen nicht weiterreden, und Julius drehte sich mit gespielt strengem Gesicht zu dem bekümmerten jungen Kundschafter um.
»Hast du eine Vorstellung davon, wie schwer es ist, sich einen Ruf als taktisches Genie zu erarbeiten, wenn man dabei ertappt wird, wie man sich vor seinen eigenen Männern zurückzieht?«
»Es tut mir Leid, Herr. Ich dachte, ich hätte gallische Stimmen gehört«, stammelte der Kundschafter. Er war vor Verwirrung knallrot geworden.
»Ja, das war dann wohl mein Haufen«, sagte Brutus fröhlich. »Deshalb gibt es eine Losung, mein Sohn. Die hättest du rufen sollen, ehe du davongehetzt bist.«
Der junge Späher lächelte zaghaft, und Brutus’ Gesichtsausdruck veränderte sich sofort.
»Hättest du den Angriff noch länger verzögert, würde ich dir jetzt die Haut abziehen lassen.«
Das schwache Lächeln erstarb auf dem Gesicht des Kundschafters.
»Drei Monate keinen Sold, und du gehst zu Fuß kundschaften, bis dein Optio davon überzeugt ist, dass er dir wieder ein Pferd anvertrauen kann«, fügte Julius hinzu.
Der junge Mann atmete erleichtert auf und wagte es nicht, Brutus anzusehen, als er salutierte und davonschlich. Julius drehte sich zu Brutus um, und sie lächelten beide.
»Es war ein guter Plan«, sagte Brutus.
Julius nickte und rief nach einem Pferd. Als er aufstieg, blickte er über das Schlachtfeld und sah langsam wieder Ordnung einkehren. Die verletzten Römer wurden genäht und geschient, die Leichen für die Scheiterhaufen zusammengetragen. Die Schwerverwundeten würde er zur Behandlung in die römische Provinz zurückbringen lassen. Die Rüstungen der Toten würden verkauft werden, um Ersatz zu beschaffen. Die Lücken, die die toten Offiziere hinterlassen hatten, würden durch Beförderungen, von seiner Hand unterschrieben, aufgefüllt. Die Welt begann wieder ins Lot zu kommen, und die Hitze des Tages ließ langsam nach.
24
Julius saß auf einem Klappstuhl im großen Zelt des Königs der Helvetier und trank aus einem goldenen Becher. Die Stimmung unter den Männern, die er herbeigerufen hatte, war heiter. Vor allem die Legionsführer aus Ariminum hatten sich an den privaten Weinvorräten des Königs gütlich getan, und Julius hatte sie nicht daran gehindert. Sie hatten das Recht, sich auszuruhen, auch wenn die Arbeit, die vor ihnen lag, immer noch gewaltig war. Julius war vorher nicht klar gewesen, welche Mühe es alleine machen würde, das Gepäck zu katalogisieren, und die Nacht hallte von den Stimmen der Soldaten wider, die die Besitztümer der Helvetier zählten und stapelten. Er hatte Publius Crassus mit vier Kohorten ausgesandt, um die Speere und Waffen auf dem Schlachtfeld einzusammeln. Es war keine ruhmvolle Aufgabe, aber der Sohn des früheren Konsuls hatte schnell und ohne große Umstände seine Männer zusammengerufen und etwas vom Organisationstalent seines Vaters unter Beweis gestellt.
Als die Sonne langsam im Westen versank, waren die Zehnte und die Dritte bereits wieder im Besitz ihrer Speere. Viele der eisernen Spitzen waren so verbogen, dass sie nicht mehr benutzt werden konnten, aber Crassus ließ sie auf die Karren der Helvetier laden, um sie von den Legionsschmieden ausbessern oder einschmelzen zu lassen. Durch eine Fügung des Schicksals wurde eine der Kohorten von Germinius Cato befehligt, der nach der Zeit in Spanien befördert worden war. Julius fragte sich, ob die beiden jemals an die Feindschaft ihrer Väter dachten, während sie höflich voreinander salutierten.
»Es ist genug Getreide und Trockenfleisch da, um uns monatelang zu ernähren, falls es nicht schlecht wird«, sagte Domitius zufrieden. »Allein die Waffen sind ein kleines Vermögen wert, Julius. Einige der Schwerter sind aus gutem Eisen. Es lohnt sich auch, die Griffe der Bronzeschwerter aufzuheben.«
»Irgendwelches Geld?«, fragte Julius.
Renius öffnete einen Sack, der ihm zu Füßen lag, und holte ein paar grob aussehende Münzen hervor.
»Was man hier so dafür hält«, sagte er. »Eine Mischung aus Silber und Kupfer. Kaum etwas wert. Obwohl sie kistenweise davon haben.« Julius nahm ein Geldstück und hielt es ins Licht der Lampe. Aus der runden Münze aus angelaufenem Metall war ein Stück herausgeschnitten worden, das bis zur Mitte reichte.
»Ein merkwürdiges Ding. Sieht aus, als wäre ein Vogel darauf, aber ich bin mir wegen des fehlenden Stücks nicht sicher.«
Der Nachtwind wehte herein, als Brutus und Marcus Antonius das Zelt betraten.
»Rufst du den Rat zusammen, Julius?«, fragte Brutus. Julius nickte, und Brutus streckte den Kopf wieder zum Zelteingang hinaus und rief nach Ciro und Octavian.
»Sind die Gefangenen sicher untergebracht?«, fragte Renius Brutus.
Marcus Antonius antwortete. »Die Männer sind gefesselt, aber wir haben bei weitem nicht genug Soldaten, um den Rest daran zu hindern, während der Nacht zu verschwinden, falls sie das wollen.« Er sah die Säcke voller Münzen und nahm eine in die Hand.
»Handgeprägt?«, fragte Julius, als er sein Interesse sah.
Marcus Antonius nickte.
»Die hier schon, obwohl in den größeren Städten Münzen hergestellt werden, die ebenso gut sind wie die römischen. Ihre Metallarbeiten sind oft sehr schön.« Er ließ die Münze wieder in Renius’ ausgestreckte Hand fallen. »Diese hier allerdings nicht. Die sind minderwertig.«
Julius wies auf zwei Hocker für die beiden Männer, und sie nahmen die Becher mit dem dunklen Wein aus dem Privatvorrat des Königs entgegen.
Marcus Antonius setzte seinen an und seufzte zufrieden.
»Der Wein hingegen ist alles andere als minderwertig. Hast du dir schon überlegt, was du mit dem Rest der Helvetier anfangen willst? Ich hätte ein paar Vorschläge zu machen, wenn ich darf.«
Renius räusperte sich. »Wir sind jetzt für sie verantwortlich, ob es uns nun gefällt oder nicht. Die Haeduer bringen sie alle um, wenn sie ohne ihre Krieger nach Süden ziehen.«