Als die Mittagsstunde verging und die Helvetier immer noch auf der Ebene standen, wurde Julius langsam rot vor Zorn über die Verzögerungen. Zum Teil lag es an der nicht zu widerlegenden Tatsache, dass alle Anführer des Stamms im Kampf getötet worden waren und eine kopflose Menschenmasse hinterlassen hatten, die hin und her lief, bis Julius in Versuchung kam, sie von den Optios mit ihren Stöcken in Bewegung setzen zu lassen.
Als Letztes befahl Julius, 2000 Kriegern Schwerter aushändigen zu lassen. Mit den Waffen in der Hand standen die Männer gleich etwas aufrechter da und verloren den hoffnungslosen Gesichtsausdruck von Gefangenen und Sklaven. Diese Männer sorgten sofort für Ordnung in der Kolonne, dann marschierten die Helvetier beim Klang eines einzelnen Horns ab. Julius sah ihnen mit Erleichterung nach. Es kam so, wie es Marcus Antonius vorhergesagt hatte: Als klar wurde, dass sie nach Norden zogen, strömten die Haeduer in die Ebene und brüllten und schrien ihnen hinterher.
Julius ließ den sechs Legionen durch die Cornicen den Befehl geben, Mhorbaines Kriegern den Weg zu versperren, und als sie sich näherten, fragte er sich, ob sie wohl anhalten würden oder ob der Tag mit einer weiteren Schlacht enden würde. In der Stimmung, in der er sich befand, wünschte er sich das fast.
Die Reihen der Haeduer hielten in einer Viertelmeile Entfernung an. Sie hatten das Schlachtfeld überquert und waren an Zehntausenden unbestatteter Leichen vorbeigekommen, die bereits zu stinken anfingen. Es konnte keinen besseren Beweis für die Macht der Legionen geben, die ihnen gegenüberstanden, als ein Gang über das Feld voller Leichen, die sie zurückgelassen hatten. Die Haeduer würden es weitererzählen.
Er sah, wie Mhorbaine mit zwei Begleitern angeritten kam, die im Wind flatternde Stander trugen. Julius wartete auf sie, und seine Ungeduld verflog, während sich die Helvetier hinter ihm langsam in der Ferne verloren. Viele seiner Männer warfen der kleiner werdenden Kolonne Blicke nach, weil sie es als Soldaten hassten, zwischen zwei großen Gruppen in der Falle zu sitzen, aber Julius war davon unberührt. Seine Müdigkeit hatte einer gelassenen Leere Platz gemacht, als wären alle seine Gefühle mit der Kolonne zusammen entschwunden.
Mhorbaine stieg ab und öffnete die Arme zu einer herzlichen Umarmung. Julius wich ihm misstrauisch aus, und Mhorbaine überspielte seine Verwirrung mit einem Lachen.
»Ich habe noch nie so viele meiner Feinde tot am Boden liegen sehen, Cäsar. Es ist erstaunlich. Du hast dein Wort gehalten, und die Geschenke, die du geschickt hast, versüßen es noch zusätzlich, da ich weiß, wo sie herstammen. Ich habe Rinder für ein großes Festmahl mitgebracht, genug, dass sich deine Männer ordentlich die Bäuche voll schlagen können. Wirst du das Brot mit mir brechen?«
»Nein«, erwiderte Julius zur offensichtlichen Überraschung Mhorbaines. »Nicht hier. Die Leichen verbreiten Krankheiten, wenn man sie so liegen lässt. Sie liegen auf eurem Land, und sie sollten vergraben oder verbrannt werden. Ich kehre in die Provinz zurück.«
Mhorbaine sah bei dieser Zurückweisung einen Augenblick lang wütend aus.
»Meinst du etwa, ich sollte einen Tag damit verbringen, Löcher für die Leichen der Helvetier zu graben? Lasst sie als Warnung hier verrotten. Als Fremdem ist dir vielleicht die hiesige Sitte unbekannt, nach einer Schlacht ein Festmahl abzuhalten. Die Götter der Erde müssen sehen können, dass die Lebenden Respekt vor den Toten haben. Wir müssen diejenigen, die wir getötet haben, auf den Weg bringen, sonst können sie nicht gehen.«
Julius rieb sich die Augen. Wann hatte er das letzte Mal geschlafen? Er suchte verzweifelt nach Worten, um den Mann zu besänftigen.
»Ich kehre mit meinen Männern zum Fuß der Berge zurück. Es wäre mir eine Ehre, wenn du mich dort besuchst. Dort werden wir ein Festmahl veranstalten und auf die Toten trinken.« Er sah, wie Mhorbaine der abziehenden Kolonne nachblickte, und fuhr mit mehr Schärfe in der Stimme fort. »Die überlebenden Helvetier stehen unter meinem Schutz, bis sie in ihr Land zurückgekehrt sind. Hast du mich verstanden?«
Der Gallier sah den Römer zweifelnd an. Er hatte angenommen, dass die Kolonne unter Bewachung in die Sklaverei geführt wurde. Mit dem Gedanken, dass man sie einfach laufen ließ, konnte er sich nur schwer anfreunden.
»Unter deinem Schutz?«, wiederholte er langsam.
»Glaub mir, wer immer sie angreift, wird mein Feind sein«, erwiderte Julius.
Nach einer Pause zuckte Mhorbaine die Achseln und fuhr sich mit der Hand über den Bart.
»Nun gut, Cäsar. Ich werde mit meiner Leibgarde vorausreiten und dich erwarten, wenn du ankommst.«
Julius schlug ihm auf die Schulter und wandte sich ab. Er sah, wie Mhorbaine ihm fasziniert zusah, als er den Cornicen zunickte. Die Hörnerklänge schallten über die Ebene, und sechs Legionen machten auf der Stelle kehrt. Der weiche Boden erbebte, und Julius grinste, als sie in perfekten Reihen davonmarschierten und Mhorbaine mit seinen Haeduern hinter sich ließen. Als sie am Rande der Ebene zwischen die Bäume traten, rief Julius Brutus zu sich.
»Gib Folgendes weiter. Ich will als Erster in der Provinz sein. Wir marschieren die Nacht durch und halten ein Festmahl ab, sobald wir angekommen sind.« Julius wusste, dass die Männer die Herausforderung annehmen würden, ganz egal, wie erschöpft sie waren. Er schickte die Zehnte nach vorn, damit sie das Tempo bestimmte.
Als der Morgen anbrach, überquerten die sechs Legionen den letzten Hügelkamm vor der römischen Siedlung am Fuß der Alpen. Die Männer hatten trabend und marschierend mehr als 40 Meilen hinter sich gebracht, und Julius stand kurz vor der völligen Erschöpfung. Er war jeden Schritt des Weges mit seinen Männern marschiert, weil er wusste, dass sein Beispiel sie anstachelte. Diese kleinen Dinge waren denen, die er befehligte, sehr wichtig. Trotz ihrer Blasen brachen die Männer in einen heiseren Jubelruf aus, als sie die verstreuten Gebäude erblickten, und wechselten zum letzten Mal in das schnellere Marschtempo.
»Sagt den Männern, sie dürfen acht Stunden schlafen, und dass sie ein Festmahl erwartet, mit dem sie sich die Bäuche voll schlagen können, wenn sie aufwachen. Wenn sie so hungrig sind wie ich, werden sie nicht so lange warten wollen, deshalb lasst kaltes Fleisch und Brot austeilen, um den gröbsten Hunger zu stillen. Ich bin stolz auf sie alle«, sagte Julius seinen Kundschaftern und schickte sie zu den anderen Feldherren. Er fragte sich, ob seine Legionen sich wohl mit den Armeen Spartas oder Alexanders hätten messen können.
Auf jeden Fall hätte es ihn sehr überrascht, wenn sie ihre großen Vorbilder beim Marschieren nicht hätten abhängen können.
Bis Mhorbaine denselben Hügelkamm mit 50 seiner besten Kämpfer erreicht hatte, stand die Sonne schon über dem Horizont. Julius schlief tief und fest. Mhorbaine ließ sein Pferd anhalten und begutachtete die Veränderungen, die die Römer zuwege gebracht hatten. Die dunkle Mauer, die sie errichtet hatten, zog sich in einer weiten Kurve in Richtung Norden und verlor sich in der Ferne, ein Schnitt quer durch die fruchtbare Landschaft. Überall sah er Gebäude, Zelte und ungepflasterte Straßen entstehen. Mhorbaine war vor ein paar Meilen auf die Marschroute der Legionen gestoßen, doch er war trotzdem überrascht, als er die Wirklichkeit vor Augen hatte. Irgendwie hatten sie ihn in der Dunkelheit überholt. Er lehnte sich auf den Sattelknauf und sah sich nach der massigen Gestalt seines besten Kämpfers Artorath um.