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Er bat Mhorbaine, sich zu seiner Rechten niederzulassen, und der Gallier nahm den Platz mit offenkundiger Zufriedenheit ein. Julius mochte den Mann und fragte sich, wer von den anderen Gästen in den kommenden Jahren zu seinen Freunden oder Feinden werden würde.

Die Männer an seinem Tisch waren eine bunt durcheinander gewürfelte Truppe, obwohl ihre Gesichtszüge viele Gemeinsamkeiten aufwiesen, so, als wären ihre Vorfahren demselben Stamm entsprungen. Sie hatten verschlossene, wie aus Kiefernholz geschnitzte Gesichter. Viele trugen Bärte, obwohl sich keine einheitliche Tracht ausmachen ließ und Julius ebenso viele Schnurrbärte und kahl rasierte Schädel sah wie Bärte und lange, an den Wurzeln rot gefärbte Zöpfe. Ebenso uneinheitlich präsentierten sich ihre Kleidung und ihre Rüstungen. Einige trugen silberne und goldene Broschen, die Alexandria bestimmt fasziniert hätten, andere wiederum waren völlig ohne Schmuck gekommen. Julius sah, wie Brutus eine verzierte Spange an Mhorbaines Mantel musterte und beschloss, ein paar davon zu erwerben, um sie Alexandria zu schenken, wenn er nach Rom zurückkehrte. Bei dem Gedanken daran seufzte er leise auf und fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis er wieder mit seinen eigenen Leuten an einer langen Tafel sitzen und statt des kehligen Grunzens der Gallier wieder ihre herrliche Sprache hören würde.

Sobald alle saßen, winkte Julius Adàn zu sich heran und erhob sich, um die Stammeshäuptlinge zu begrüßen. Bei einer so wichtigen Zusammenkunft hatte er den ältlichen Dolmetscher zu seinem Stamm zurückgeschickt.

»Ihr seid in meinem Land herzlich willkommen«, sagte Julius und wartete, bis Adàn die Worte in ihrer eigenen Sprache wiederholt hatte. »Ich glaube, ihr wisst, dass ich die Helvetier davon abgehalten habe, durch meine Provinzen und die der Haeduer zu marschieren. Das habe ich auf Mhorbaines Bitte hin getan, und zwar, um mein Vertrauen in euch unter Beweis zu stellen.«

Während Adàn übersetzte, beobachtete Julius ihre Reaktionen. Es war ein merkwürdiger Vorteil, ihnen diesen einen Schritt voraus zu sein. Die Pausen verschafften ihm die Gelegenheit, seine Argumente zu ordnen und zu überprüfen, wie sie ankamen, während die Augen der Gallier auf Adàn gerichtet waren.

»Das Volk von Rom lebt nicht in ständiger Angst vor feindlichen Angriffen«, fuhr er fort. »Sie haben Straßen, Handel, Theater, Badehäuser und billige Nahrungsmittel für alle. Die Leute haben sauberes Wasser und Gesetze, die ihnen Schutz bieten.«

An den Gesichtern rings um den Tisch konnte er ablesen, dass er mit seiner Schilderung auf der falschen Fährte war. Diese Männer hier scherten sich nicht um den Luxus derer, die sie regierten.

»Weit wichtiger noch«, fuhr Julius rasch fort, während Adàn mit einem Wort rang, »die Anführer Roms besitzen gewaltige Ländereien und Anwesen, die zehnmal so groß sind wie dieser kleine Vorposten hier. Sie haben Sklaven, die sich um ihre Bedürfnisse kümmern, und die besten Weine und herrlichsten Pferde der Welt.« Diesmal fiel die Reaktion schon besser aus.

»Diejenigen von euch, die meine Verbündeten sein wollen, werden das alles kennen lernen. Ich habe vor, die Straßen Roms bis nach Gallien zu führen und bis in den entferntesten Winkel des Landes Handel zu treiben. Ich bringe euch den größten Markt der Welt für eure Waren.«

Der eine oder andere seiner Zuhörer lächelte und nickte, dann jedoch erhob sich ein junger Krieger, und alle Gallier sahen den Mann an und verstummten. Julius spürte, wie Brutus zu seiner Linken sich anspannte. Die Gestalt, die sich Julius in zwanzig Fuß Entfernung zuwandte, hatte nichts Außergewöhnliches an sich. Der Gallier trug seinen Bart kurz und hatte das blonde Haar im Nacken zusammengebunden. Wie bei etlichen der anderen war seine Gestalt gedrungen und kräftig, gekleidet in Wolle und abgetragenes Leder. Doch trotz seiner Jugend sah sich der Gallier mit arrogantem Blick im Kreis der versammelten Stammesvertreter um. Sein Gesicht war schlimm vernarbt, und die kalten blauen Augen schienen sie alle zu verspotten.

»Und wenn wir deine leeren Versprechungen von uns weisen?«, fragte der Mann.

Während Adàn übersetzte, erhob sich Mhorbaine an Julius’ Seite.

»Setz dich hin, Cingeto. Willst du der Liste deiner Feinde noch einen neuen hinzufügen? Wie lange ist es her, dass das Volk deines Vaters zum letzten Mal in Frieden gelebt hat?«

Mhorbaine sprach in seiner eigenen Sprache, und der junge Gallier antwortete viel zu schnell für Adàn. Die beiden Männer brüllten sich über den Tisch hinweg an, und Julius nahm sich fest vor, ihre Sprache zu erlernen. Er wusste, dass Brutus bereits damit angefangen hatte; er würde sich seinen täglichen Lektionen anschließen.

Ohne Vorwarnung stürmte der gelbhaarige Krieger von der Tafel davon und stieß die Tür nach draußen weit auf. Mhorbaine sah ihm mit zusammengekniffenen Augen nach.

»Cingetos Leute kämpfen lieber, als dass sie essen«, sagte Mhorbaine. »Die Arverner sind schon immer so gewesen, mach dir deswegen keine Gedanken. Sein älterer Bruder, Madoc, ist weniger aufbrausend, und er ist derjenige, der die Krone seines Vaters tragen wird.«

Der Wortwechsel hatte Mhorbaine sichtlich beunruhigt, doch er zwang sich zu einem Lächeln, als er Julius ansah.

»Du darfst die Unhöflichkeit des Jungen nicht beachten. Nicht alle empfinden so wie Cingeto.«

Julius ließ die vor Öl und Gewürzen glitzernden Platten mit Rind- und Schafsfleisch von den Feuergruben hereinbringen und gab sich Mühe, sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen, als Teller mit hoch aufgetürmten frischen Brotlaiben, aufgeschnittenem Obst und gebratenen Wildvögeln folgten. Marcus Antonius war geschäftiger gewesen, als er es mitbekommen hatte.

Die peinliche Unterbrechung nach Cingetos Abgang löste sich im Klappern der Platten und Teller auf. Die Häuptlinge machten sich über die Köstlichkeiten her, wobei jeder sein eigenes Messer zückte, um das heiße Essen zu schneiden und aufzuspießen. Die Fingerschalen mit dem frischen Wasser wurden dazu benutzt, den Wein zu verdünnen, sehr zur Verwunderung der Diener, die die Schalen rasch wieder auffüllten. Julius begriff, dass die Häuptlinge ihre Sinne nicht vom Alkohol vernebeln lassen wollten, und nach kurzem Überlegen kippte er seine eigene Wasserschale ebenfalls in seinen Becher. Verstohlen grinsend folgten Brutus und Octavian seinem Beispiel.

Ein plötzliches Krachen vor dem Saal ließ zwei der Gäste sich halb von ihren Plätzen erheben. Julius stand mit ihnen auf, doch Mhorbaine blieb mit finsterer Miene sitzen.

»Das ist bestimmt Artorath, mein Leibwächter. Er hat wohl jemanden gefunden, mit dem er ringen kann.« Ein weiteres Krachen und ein Grunzen unterstrichen seine Worte, und er seufzte.

»Der riesenhafte Mann?«, fragte Julius belustigt.

Mhorbaine nickte. »Er langweilt sich schnell, aber was soll ich tun? Er gehört zur Familie. Mein Vater hat die Arverner eigens wegen seiner Mutter überfallen, obwohl er damals schon zu alt für so etwas war. Cingetos Leute vergeben nie, obwohl sie sich ihre eigenen Frauen auf die gleiche Weise besorgen, wenn sich eine Gelegenheit bietet.«

»Die Frauen sind mit einer solchen Lösung bestimmt nicht sehr glücklich«, sagte Julius langsam, denn er versuchte noch immer, das Gesagte zu verstehen.

Mhorbaine lachte laut. »Allerdings – wenn wir im Dunkeln die Falsche erwischen. Dann hören sie gar nicht mehr auf zu zetern. Nein, im Ernst, Julius, wenn sich die Stämme beim Beltane-Fest zum Tauschen und Handeln treffen, werden viele Ehen geschlossen. Vielleicht bietet sich dir die Gelegenheit, einmal daran teilzunehmen. Die Frauen machen ihre Wünsche den jungen Kriegern gegenüber deutlich, und es ist ein großartiges Abenteuer, sie von ihren Leuten wegzuholen. Ich weiß noch, dass meine Frau sich wie eine Wölfin gewehrt hat, aber sie hat kein einziges Mal um Hilfe gerufen.«