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»Das Gleichgewicht des Systems ist verändert worden, Pompeius. Und die Veränderung, die du bewirkt hast, ist nicht unbedeutend. Die Tribunen waren die Stimme des Pöbels. Du riskierst viel, wenn du das änderst. Und der Senat entdeckt neue Zähne, wenn er sich gegen dich zusammenschließt«, erwiderte Crassus.

Pompeius’ Schultern sanken müde herab, doch Crassus empfand kein Mitleid. Der Mann machte Politik, als ließe sich jedes Problem lösen, indem man mit dem Kopf durch die Wand ging. Er war ein guter Feldherr, aber ein schlechter Führer der Stadt, und der letzte, der diese Wahrheit erkannte, war offensichtlich Pompeius selbst. Allein die Tatsache, dass er darum gebeten hatte, Crassus unter vier Augen zu treffen, war Beweis genug für die immensen Probleme, mit denen sich Pompeius konfrontiert sah, auch wenn er ihn nicht offen um Rat bat.

»Sie waren dazu da, die Macht des Senats einzuschränken, Pompeius. Vielleicht war es nicht richtig, dass sie dich völlig blockiert haben, aber sie einfach auszutauschen hat dir in der Stadt nichts als böses Blut eingebracht.«

Pompeius wurde wieder rot, und Crassus fuhr rasch fort, denn er wollte, dass Pompeius begriff. »Wenn du ihre Posten wieder zur Wahl stellst, gewinnst du viel von dem Boden zurück, den du verloren hast«, drängte er. »Die Fraktionen glauben, sie hätten einen Sieg errungen und fallen wieder auseinander. Du solltest sie nicht noch mehr erstarken lassen. Bei Jupiter, das solltest du wirklich nicht tun. Du hast deinen Standpunkt klar gemacht. Jetzt solltest du dafür sorgen, dass alle wissen, dass dir die Traditionen Roms ebenso wichtig sind wie ihnen. Die Gesetze, die du erlassen hast, können schließlich nicht wieder rückgängig gemacht werden.«

»Ich soll diese schnöden Hunde wieder hereinlassen, damit sie ihr Veto gegen mich einlegen?«, blaffte Pompeius.

Crassus zuckte die Achseln. »Sie, oder wen immer die Bürger wählen. Sollten es dieselben Männer sein, dürfte es eine Zeit lang schwierig für dich werden, aber niemand hat gesagt, dass diese Stadt einfach zu regieren ist. Unser Volk ist von Kindesbeinen mit Demokratie gefüttert worden. Manchmal glaube ich, seine Erwartungen sind gefährlich hoch. Die Leute mögen es nicht, wenn man ihre Vertreter einfach absetzt.«

»Ich werde darüber nachdenken«, sagte Pompeius widerwillig und schaute wieder auf das Forum hinaus.

Crassus bezweifelte, dass er das ganze Ausmaß der Gefahr begriff. Was Pompeius anging, war der Widerstand im Senat ein vorübergehendes Problem, nicht der Keim, der zur offenen Rebellion führen konnte.

»Ich weiß, dass du die richtige Entscheidung treffen wirst«, sagte Crassus.

Julius rieb sich müde das Gesicht. Wie lange hatte er geschlafen ... eine Stunde? Er konnte sich nicht genau erinnern, wann er weggesackt war, aber er glaubte, das erste Licht am Himmel noch gesehen zu haben. Sämtliche Farben schienen aus der Provinz herausgewaschen zu sein, und Marcus Antonius’ Stimme hatte einen winselnden Ton angenommen, der Julius vorher nie aufgefallen war. Im Gegensatz zur Hälfte aller Soldaten, die verschlafen und blass aussahen, machte Marcus Antonius den Eindruck, als sei er bereit für eine Parade, und Julius war überzeugt davon, dass er sich all jenen, die in der Nacht zuvor über die Stränge geschlagen hatten, moralisch überlegen fühlte. Der General spitzte die Lippen, während er Julius’ Bericht von der Übereinkunft mit Mhorbaine lauschte.

»Ich wünschte, du hättest dich mit mir abgesprochen, bevor du ihm deine Unterstützung zugesagt hast«, knurrte Marcus Antonius, der mit seiner Verärgerung über das Gehörte nicht hinter dem Berg hielt.

»Nach allem, was Mhorbaine sagt, wäre uns dieser Ariovist früher oder später ohnehin in die Quere gekommen. Wir beschäftigen uns besser jetzt mit ihm, bevor er hier so sehr Fuß gefasst hat, dass wir ihn nicht mehr über den Rhein zurückwerfen können. Wir brauchen Verbündete, Marcus Antonius. Die Haeduer haben uns dreitausend ihrer Reiter zu meiner freien Verfügung versprochen.«

Marcus Antonius kämpfte einen Augenblick lang um Fassung.

»Ja, ja, die versprechen uns alles, Herr. Aber das glaube ich erst, wenn ich es sehe. Ich habe dich gewarnt: Mhorbaine ist ein gerissener Bursche, und jetzt sieht es ganz so aus, als wäre es ihm irgendwie gelungen, die beiden mächtigsten Armeen in Gallien aufeinander zu hetzen. Zweifellos hat ihm auch Ariovist Freundschaft gelobt, womit die Haeduer von einem Krieg profitieren, der beide ihre Feinde aufreiben könnte.«

»Ich habe in ganz Gallien nichts gesehen, das sich uns auch nur annähernd widersetzen könnte«, sagte Julius geringschätzig.

»Du kennst die germanischen Stämme noch nicht. Sie leben für den Krieg, haben ständig eine ganze Klasse von Kriegern unter Waffen, die vom Rest des Volkes unterstützt wird. Und Ariovist ist auf jeden Fall ... « Marcus Antonius seufzte. »Wir dürfen nicht gegen Ariovist vorgehen. Er ist bereits ein Freund Roms, wurde vor ungefähr zehn Jahren dazu ernannt. Wenn du den Kampf mit ihm suchst, wird dir der Senat wahrscheinlich dein Kommando nehmen.«

Julius drehte sich um und packte den größeren Mann an den Schultern.

»Bist du nicht der Meinung, dass das etwas ist, was man mir hätte mitteilen sollen?«, fragte er.

Marcus Antonius erwiderte seinen Blick, während sein Gesicht rot anlief.

»Ich habe nicht damit gerechnet, dass du Mhorbaine derartige Versprechungen machen würdest, Herr. Du kennst den Mann doch kaum. Woher hätte ich wissen sollen, dass du gelobst, die Legionen fast dreihundert Meilen quer durch das Land zu schicken?«

Julius ließ seinen Heerführer los und trat einen Schritt zurück.

»Ariovist ist ein skrupelloser Eindringling, Marcus Antonius. Meine einzigen Verbündeten haben mich darum gebeten, ihnen beizustehen. Ich sage dir offen, dass es mir egal ist, ob Mhorbaine darauf hofft, dass wir uns gegenseitig aufreiben. Es ist mir egal, ob Ariovist ein doppelt so wilder Krieger ist, wie du ihn darstellst. Warum, glaubst du, habe ich meine Legionen nach Gallien gebracht? Hast du dieses Land gesehen? Hier könnte man überall eine Handvoll Saatgut fallen lassen, und bevor man sich auch nur einmal umdrehen kann, wächst daraus Getreide. Hier gibt es genug Wälder, um Flotten zu bauen, Viehherden, so groß, dass man die Tiere nicht zählen kann. Und jenseits von Gallien? Ich will das alles sehen! Dreihundert Meilen sind nur ein Schritt auf dem Weg, den ich vor mir sehe. Wir sind nicht nur für diesen Sommer hier, Marcus Antonius. Wir sind hier, weil wir hier bleiben, sobald ich den Pfad für diejenigen ausgetreten habe, die uns nachfolgen werden.«

Marcus Antonius lauschte ihm verwundert.

»Aber Ariovist ist einer der unseren! Du kannst doch nicht einfach ...«

Julius nickte und brachte ihn mit erhobener Hand zum Schweigen.

»Es dauert einen Monat, um von hier bis zur Ebene eine Straße für die Wurfmaschinen und die anderen Kriegsgeräte zu bauen. Ich habe nicht vor, noch einmal ohne sie in den Krieg zu ziehen. Ich will einen Boten zu diesem Ariovist schicken und ihn um ein Treffen bitten. Ich werde ihm mit allem Respekt begegnen, der einem Freund meiner Stadt zukommt. Bist du damit zufrieden?«

Marcus Antonius sank erleichtert in sich zusammen.

»Selbstverständlich, Herr. Ich hoffe, du fühlst dich durch meine Worte nicht gekränkt. Ich habe nur an deine Stellung in der Heimat gedacht.«

»Ich verstehe. Jetzt schicke mir einen Boten her, der meinen Brief in Empfang nimmt«, erwiderte Julius lächelnd.

Marcus Antonius nickte und ging hinaus. Julius drehte sich zu Adàn um, der der Unterhaltung mit offenem Mund gelauscht hatte.

»Was hältst du hier Maulaffen feil?«, fuhr ihn Julius an, bereute seine Worte aber sogleich wieder. Sein Kopf hämmerte, und sein Magen fühlte sich an, als wäre er durch das nächtliche Übergeben völlig ausgequetscht worden. Eine dumpfe Erinnerung stellte sich ein, wie er im Dunkeln zum Badehaus hinausgetorkelt war und dort große Mengen einer dunklen Flüssigkeit in den Abfluss von sich gegeben hatte. Jetzt war nur noch Galle übrig, doch auch die rumorte und stieg immer wieder in seiner Kehle hoch.