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Ariovist erhob sich und drehte sich um, blickte zu den Römern auf die andere Seite herüber und sah den Speer nicht kommen. Er riss ihn von den Beinen, durchbohrte seine lederne Rüstung dicht über dem Bauch. Der König fuchtelte hilflos mit den Armen, als ihn einige Überlebende seiner Leibwache zwischen die Bäume zogen.

Nach einem Augenblick ehrfürchtigen Schweigens jubelten die Legionäre, bis sie heiser waren. Ciro hob den Arm zum Gruß und grinste, als Julius ihm auf den Rücken schlug.

»Der Wurf eines Helden, Ciro. Bei den Göttern, einen besseren habe ich noch nie gesehen. Herkules selbst hätte es nicht besser vermocht.« Dann brüllte Julius mit den anderen seinen Triumph hinaus und spürte die Ekstase, die der Sieg mit sich bringt, wenn das Blut wie Feuer durch die Adern zu rauschen scheint und die müden Muskeln sich vor frischer Kraft spannen.

»Meine ruhmreiche Zehnte!«, rief Julius ihnen zu. »Meine Brüder! Gibt es etwas, das ihr nicht erreichen könnt? Du, Belinus, ich habe gesehen, wie du drei Krieger an vorderster Front niedergestreckt hast. Und du, Regulus, du hast deine Zenturie gehalten, als der arme Dedicas fiel. Du wirst ihm Ehre erweisen, wenn du seinen Federbusch trägst.«

Einen nach dem anderen rief er die Männer, die in seiner Nähe standen, mit Namen an und pries ihren Mut. Nichts war ihm vom Kampfgetümmel des Tages entgangen, und sie alle reckten sich, als sein Blick über ihre Gesichter wanderte. Die anderen Legionen kamen näher heran, um ihn zu hören. Sie spürten seinen Stolz und seine Freude. Er erhob die Stimme, damit sie so weit wie möglich trug.

»Was können wir nach diesem Tag nicht erreichen?« Sie bejubelten seine Worte. »Wir sind die Söhne Roms, und ich sage euch: Dieses Land wird uns gehören! Jeder Mann, der für mich gekämpft hat, bekommt Land und Gold und Sklaven, damit er es bestellen kann. Ihr werdet die neue Nobilitas Roms sein und Wein trinken, der so gut ist, dass euch die Tränen in die Augen steigen. Das schwöre ich euch allen, bei meiner Ehre. Ich schwöre es als Konsul. Und ich schwöre es als Römer in Gallien.«

Julius griff in den aufgewühlten Matsch des Flussufers, der vom Blut der Sueben getränkt war. Er hob eine Handvoll davon auf und hielt sie vor den versammelten Männern in die Höhe.

»Seht ihr diesen Lehm? Diesen blutigen Lehm, den ich in der Hand halte? Ich sage euch: Er gehört euch. Er gehört ebenso zu meiner Stadt wie die Wagenrennen oder die Märkte. Hebt ihn auf, spürt ihn in euren Händen! Könnt ihr es nicht fühlen?«

Mit ungestümer Genugtuung sah er zu, wie die Legionäre seine Handlung scherzend und lachend nachahmten. Sie grinsten ihn an, reckten ihr Stück Land in die Luft, und Julius presste die Faust zusammen, so dass der Lehm zwischen seinen Fingern hindurch- tropfte.

»Vielleicht kehre ich nie wieder nach Hause zurück«, flüsterte er. »Das hier ist meine Zeit. Dies ist mein Weg.«

30

Tabbic und Alexandria schlugen ihre Mäntel gegen die Kälte eng um sich, als sie sich der verriegelten Tür des Ladens näherten. Die Straßen waren von schmutzigem Eis überzogen, das jeden Schritt zu einem Wagnis machte. Alexandria hielt sich an Tabbics Arm fest, um sowohl sich als auch ihn zu stützen. Ihre beiden Wachen überprüften nach gewohnter Manier die nähere Umgebung, während Tabbic den Schlüssel ins Schloss steckte und leise fluchte, als es klemmte. Rings umher waren die Arbeiter Roms unterwegs zu ihren Geschäften und Arbeitsstätten, und der eine oder andere nickte Alexandria im Vorübergehen steif zu. In diesem beißenden Wind fühlte sich niemand wohl.

»Das Schloss ist eingefroren«, sagte Tabbic, zog den Schlüssel wieder heraus und schlug mit der Faust auf die verzierte Türplatte.

Alexandria rieb sich die Arme und wartete. Sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, ihm bei derlei Dingen einen Rat zu geben. Tabbic mochte ein reizbarer alter Mann sein, aber er hatte dieses Schloss selbst angefertigt, und wenn es überhaupt jemand aufbekam, dann er. Während sie versuchte, nicht auf den Wind zu achten, kramte Tabbic in seinem Juwelierwerkzeug herum und zog einen kleinen Dorn heraus, mit dem er das Eis wegkratzte. Als er damit keinen Erfolg hatte, versuchte er es mit einigen Tropfen Öl und drückte eine Hand nach der anderen gegen das Metall, um den Mechanismus zu erwärmen, wobei er abwechselnd die durch die Berührung eiskalt gewordenen Finger anhauchte.

»Na bitte!«, sagte er, als das Schloss endlich einrastete, die Tür aufschwang und den Blick auf die dunklen Nischen der Werkstatt freigab.

Alexandrias Zähne klapperten, und ihre Hände zitterten. Es würde eine Weile dauern, bis ihr warm genug war, um sich an diffizileren Arbeiten zu versuchen, und wie so oft wünschte sie, Tabbic würde einen Sklaven einstellen, der in der Frühe herkam und das Schmiedefeuer für sie anzündete. Aber davon wollte er nichts hören. Er hatte nie Sklaven besessen und hatte sich verstimmt über Alexandrias Anliegen geäußert. Gerade sie müsse es doch besser wissen, hatte er erwidert.

Als wäre das noch nicht genug, könnte der Sklave obendrein noch zu einer der Banden gehören, womit ihre sämtlichen wertvollen Vorräte schon bald in den Truhen des Clodius oder des Milo verschwinden würden. Derselbe Grund hielt sie davon ab, einen Nachtwächter einzustellen, und Alexandria war jeden Morgen dankbar, wenn sie den Laden unangetastet vorfanden. Dank der Fallen und Schlösser von Tabbic hatten sie bislang Glück gehabt. Zumindest würde es nicht mehr lange dauern, bis sie den Kauf einer geräumigen neuen Werkstatt abgeschlossen hatten, in einer Gegend, die von den Raptores nicht so sehr heimgesucht wurde. Tabbic hatte diesem Vorschlag letztendlich zugestimmt, wenn auch nur, um die großen Aufträge erfüllen zu können, die das Rückgrat ihres Geschäfts bildeten.

Tabbic eilte sogleich zur Esse, um das Feuer anzufachen, Alexandria drückte die Tür gegen den eisigen Wind zu und spreizte mit fast wollüstigem Behagen die steifen Finger.

»Wir gehen dann wieder, Herrin«, sagte Teddus.

Wie immer nach dem morgendlichen Gang konnte ihn sein Bein kaum tragen, und Alexandria schüttelte den Kopf. Teddus verhielt sich jeden Morgen gleich, und obwohl Alexandria ihn noch nie sofort wieder hinaus in die Kälte geschickt hatte, gab er ihr jedes Mal wieder die Möglichkeit.

»Nicht bevor du etwas Warmes zu dir genommen hast«, sagte sie streng.

Er war ein guter Mann, aber sein Sohn hätte ebenso gut stumm sein können, nach dem Interesse zu schließen, das er denjenigen gegenüberbrachte, die er mit seinem Vater bewachte. Morgens war er besonders mürrisch.

Sie vernahmen alle das erfreuliche Knacken und Knistern der Späne und Holzstückchen, mit deren Hilfe Tabbic die Flammen im Ofen zum Leben erweckte. Der große eiserne Klotz reichte aus, um den ganzen Laden zu wärmen. Alexandria durchstieß die Eisschicht auf einem Eimer, den sie am Tag zuvor gefüllt hatte, und goss das Wasser in den alten Eisenkessel, den Tabbic in ebendiesem Schmiedeofen hergestellt hatte. Die alltäglichen Handgriffe wirkten tröstlich, und die drei Männer entspannten sich allmählich, als die Temperatur im Raum über den Gefrierpunkt stieg.

Alexandria fuhr erschrocken zusammen, als sie die Tür hinter sich aufgehen hörte.

»Komm später wieder«, rief sie, verstummte dann aber, als drei entschlossen dreinblickende Männer den engen Raum betraten und sorgfältig die Tür hinter sich schlossen.

»Ich hoffe, das wird nicht nötig sein«, sagte der erste.

Er war ein typisches Produkt der finsteren Seitengässchen Roms. Zu verschlagen, um sich für die Legion zu interessieren, zu verdorben für jede rechtschaffene Arbeit. Alexandria merkte, dass sie ihn riechen konnte; ein ungewaschener, abgestandener Gestank, der sie am liebsten einen Schritt hätte zurückweichen lassen. Der Mann grinste sie an und entblößte eine Reihe dunkelgelber Zähne in verschrumpeltem Zahnfleisch. Er brauchte nicht eigens ausführen, dass er einer der Raptores war, die sich unter Clodius und Milo zusammenrotteten. Die Ladenbesitzer im Viertel wussten schreckliche Geschichten über ihre Einschüchterungen und ihre Brutalität zu erzählen, und Alexandria hoffte, dass Teddus sie nicht provozieren würde. Die Bedrohung, die von diesen hämisch grinsenden Männern ausging, ließ sie begreifen, dass ihr Wächter ganz einfach zu alt für diese Aufgabe war.