»Wir haben geschlossen«, sagte Tabbic hinter ihr.
Alexandria hörte das leise Klirren, als er ein Werkzeug ergriff. Sie drehte sich nicht um, aber die Augen der Eindringlinge richteten sich sofort auf ihn. Der Anführer schnaubte verächtlich.
»Nicht für uns, alter Mann. Es sei denn, du willst für immer schließen«, sagte er.
Alexandria hasste ihn für seine durchtriebene Arroganz. Er schuf und baute nichts, schien jedoch zu glauben, er habe das Recht, die Läden und Wohnungen schwer arbeitender Menschen zu betreten und ihnen Angst einzujagen.
»Was willst du?«, fragte Tabbic.
Der Anführer der drei kratzte sich am Hals und betrachtete das, was er dort gefunden hatte, bevor er etwas Dunkles zwischen den Fingernägeln zerknackte.
»Ich will deinen Zehnten, alter Mann. Diese Straße hier ist nicht sicher, wenn du deinen Zehnten nicht bezahlst. Achtzig Sesterze im Monat, dann passiert nichts. Niemand wird auf dem Heimweg verprügelt. Nichts Wertvolles brennt nieder.« Er machte eine kleine Pause und zwinkerte Alexandria zu. »Niemand wird in eine Gasse gezogen und geschändet. Dafür sorgen wir.«
»Du elendes Stück Dreck!«, rief Tabbic. »Wie kannst du es wagen, meinen Laden zu betreten und mir zu drohen? Hinaus mit dir, sonst rufe ich die Wache! Und nimm deine grinsenden Freunde mit!«
Die drei Männer schienen von seinem Wutausbruch gelangweilt zu sein.
»Hab dich nicht so, alter Mann«, sagte der erste und rollte seine massigen Schultern. »Und leg den Hammer weg, sonst wirst du sehen, was du kriegst. Oder vielleicht den Jungen hier? Ich nehme ihn mir direkt vor deinen Augen vor, wenn du willst. Jedenfalls gehe ich nicht ohne die erste Monatszahlung. Clodius kann es nicht leiden, wenn jemand Scherereien macht, und diese Straße gehört jetzt ihm. Bezahl lieber deine Schulden, dann hast du deine Ruhe.« Er lachte leise, und bei dem Geräusch überlief es Alexandria eiskalt. »Du darfst es einfach nicht als dein Geld betrachten. Es ist nur eine zusätzliche städtische Steuer.«
»Ich bezahle meine Steuern!«, brüllte Tabbic ihn an und fuchtelte mit einem schweren Hammer in die Richtung des Mannes, der kurz zusammenzuckte. Die beiden anderen hinter ihm rückten näher. Alexandria sah Messer in ihren Gürteln.
Teddus zog mit einer einzigen raschen Bewegung seinen kurzen Gladius, und innerhalb einer Sekunde schlug die Atmosphäre im Laden um. Alle drei Eindringlinge zückten ihre Messer, doch Teddus hielt das Schwert mit einer Hand, die stärker war als sein lahmes Bein. Alexandria sah die Verwirrung auf dem Gesicht des Anführers. Keiner von ihnen drehte sich um, als Teddus’ Sohn ebenfalls seinen Dolch zog. Der junge Mann war keine so große Bedrohung wie sein Vater, das wusste der Anführer der Raptores ganz genau. Was noch wichtiger war, er wusste, dass er den Kämpfer entweder umbringen oder verschwinden musste.
»Letzte Warnung, du Hurensohn. Raus!«, sagte Teddus langsam und blickte dem Anführer in die Augen.
Der Bursche ruckte mit dem Kopf vor und zurück wie ein Kampfhahn. Teddus machte einen Schritt, aber der Mann platzte heraus, und sein raues Lachen erfüllte den Laden.
»Bist du nicht ein bisschen langsam? Ich könnte dich gleich hier fertig machen, aber warum sollte ich mir die Mühe machen, wo es doch so viel einfacher ist, in der Dunkelheit auf dich zu warten?« Dann wandte er sich von Teddus ab und musterte Tabbic, der immer noch mit erhobenem Hammer dastand.
»Achtzig Sesterze am Ersten jeden Monats. Erste Zahlung heute Abend. Es ist bloß ein Geschäft, du alter Narr. Soll ich das Geld gleich mitnehmen, oder soll ich zurückkommen und euch mir einzeln vornehmen?«
Wieder zwinkerte er Alexandria zu, und sie wich vor dem Wissen in diesem Blick zurück.
»Nein. Ich gebe dir das Geld. Und wenn du draußen bist, melde ich es den Wachen und sehe zu, wie sie dich in kleine Stücke schneiden.«
Tabbic griff in seinen Mantel, und das Klimpern von Münzen ließ die drei Männer grinsen. Der Anführer schnalzte ärgerlich mit der Zunge.
»Nein, das wirst du nicht tun«, sagte er. »Ich habe Freunde, viele Freunde, und die würden es überhaupt nicht schätzen, wenn man mich hinaus auf den Campus führen und unter das Schlachtmesser legen würde. Deiner Frau und deinen Kindern würde es sehr Leid tun, wenn meine Freunde wegen so etwas wütend würden.«
Dann schnappte er sich den Beutel mit den Münzen und zählte sie rasch durch, bevor er sie in seiner Tunika verschwinden ließ. Er lachte über ihre Gesichter und spuckte einen dunklen Schleimklumpen auf den gefliesten Boden.
»Genau so geht das. Ich hoffe, deine Geschäfte laufen gut, alter Mann. Wir sehen uns nächsten Monat wieder.«
Die drei rissen die Tür auf und lehnten sich gegen den Wind, der in den Laden blies. Sie ließen die Tür hinter sich offen stehen und verschwanden in den dunklen Straßen. Teddus stieß sie zu und legte den Riegel vor. Tabbic sah tatsächlich wie ein alter Mann aus, als er sich von Alexandria abwandte, weil er ihren Blick nicht ertragen konnte. Er war blass und zitterte, als er den Hammer auf die Werkbank legte und den langen Besen in die Hand nahm. Dann fing er an, mit langsamen Bewegungen den Boden zu fegen.
»Was sollen wir jetzt tun?«, wollte Alexandria wissen.
Tabbic blieb ihr lange eine Antwort schuldig, bis sie die Frage beinahe noch einmal laut und dringlich gestellt hätte, um das Schweigen zu brechen.
»Was können wir schon tun?«, sagte er schließlich. »Ich setze das Leben meiner Familie nicht aufs Spiel.«
»Wir könnten den Laden schließen, bis der neue so weit ist. Er liegt fast auf der anderen Seite der Stadt, Tabbic. In einer besseren Gegend. Dort ist es bestimmt anders.«
Verzweiflung und Müdigkeit zeigten sich in Tabbics Gesicht.
»Nein. Der Drecksack hat nichts davon gesagt, ob der Laden offen sein muss oder zu. Er wird sein Geld auf jeden Fall verlangen, auch wenn wir kein einziges Stück verkaufen.«
»Dann machen wir eben einen Monat lang mit. Bis wir schließen und wegziehen«, sagte sie, denn sie wollte einen Funken Hoffnung in sein lähmendes Elend bringen.
Tabbic hasste Diebe. Ihnen Geld auszuhändigen, für das er tagelang gearbeitet hatte, verletzte ihn tiefer als körperlicher Schmerz. Seine Hände zitterten vor Zorn, als er den Besen anders anpackte. Dann blickte er auf.
»Es gibt keinen anderen Ort, Mädchen. Weißt du das denn nicht? Mich wundert nur, dass sie nicht schon früher gekommen sind. Erinnerst du dich an den kleinen Geranas?«
Alexandria nickte. Der Mann war sogar noch länger Juwelier gewesen als Tabbic und hatte wunderbare Goldarbeiten angefertigt.
»Als er nicht bezahlen wollte, haben sie seine rechte Hand mit dem Hammer bearbeitet. Ist das zu glauben? Mit einer zerschlagenen Hand kann er kein Geld verdienen, aber das ist ihnen egal. Sie wollten nur, dass sich die Geschichte herumspricht, damit Männer wie ich ohne Gezeter das aufgeben, wofür wir so hart gearbeitet haben.« Er blieb stehen und fasste den Besenstiel immer fester mit beiden Händen, bis er mit einem lauten Knacken zerbrach.
»Hol jetzt lieber dein Werkzeug heraus, Alexandria. Wir müssen heute drei Stücke fertig machen.«
Seine Stimme klang hart und tonlos, und Tabbic machte keine Anstalten, seine morgendliche Routine weiterzuführen, mit der der Laden für die ersten Kunden vorbereitet wurde.
»Ich habe Freunde, Tabbic«, sagte Alexandria. »Auch wenn Julius und Brutus fort sind ... Crassus kennt mich. Ich kann versuchen, Druck auf diese Kerle auszuüben. Das ist doch gewiss besser als gar nichts.«