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Tabbics verbissener Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. »Tu das. Es kann ja nicht schaden«, sagte er.

Teddus seufzte und schob sein Schwert wieder in die Scheide. »Tut mir Leid«, murmelte er.

Tabbic hörte seine Worte. »Es braucht dir nicht Leid zu tun. Diesem großspurigen Drecksack hast du nicht gefallen, egal, was er gesagt hat.«

»Warum hast du ihm das Geld gegeben?«, fragte Alexandria.

Tabbic schnaubte verächtlich. »Weil dein Wächter ihn sonst getötet hätte, und dann wären sie zurückgekommen und hätten uns den Laden niedergebrannt. Sie dürfen keinen von uns gewinnen lassen, Mädchen, sonst zahlen alle anderen auch nicht mehr.«

Er wandte sich Teddus zu und klopfte dem Mann mit seiner großen Hand auf die Schulter, ohne sich um dessen Verlegenheit zu scheren.

»Das hast du gut gemacht. Aber ich würde mir anstelle deines Sohnes jemand anderen suchen, verstehst du? Für so eine Arbeit braucht man einen eiskalten Kämpfer. Und jetzt gebe ich euch etwas Warmes zu trinken und einen Bissen zu essen, bevor ihr geht, aber ich möchte, dass ihr heute Abend ein bisschen früher herkommt, verstanden?«

»Ich werde hier sein«, versprach Teddus und warf einen kurzen Blick auf das rot angelaufene Gesicht seines Sohnes.

Tabbic sah in an und nickte zufrieden.

»Du bist ein guter Mann«, sagte er. »Ich wünschte nur, Mut wäre alles, was nötig ist.«

Brutus untersuchte das zersprungene Glas der Wasseruhr. Sogar mit Pelzhandschuhen waren seine Finger taub vor Kälte. Er wollte nur noch in seine Unterkunft zurück und sich dort wie ein Bär im Winterschlaf einigeln. Trotzdem mussten die täglichen Abläufe der Legion fortgeführt werden. Obwohl die Kälte den Männern schlimmer zusetzte als alles, was sie bisher gekannt hatten, mussten die Legionswachen vom dreistündigen Tropfen des Wassers von einer Glasschüssel in die andere angezeigt werden. Brutus fluchte leise vor sich hin, als sich unter seiner Berührung ein Stück Glas löste und mit einem dumpfen Geräusch in den Schnee fiel. Er rieb sich den kurzen Bart, der sein Gesicht bedeckte. Julius hatte eingesehen, dass es Vorteile hatte, wenn man sich in den kalten Monaten nicht rasierte, doch Brutus hatte festgestellt, dass die Feuchtigkeit seines Atems innerhalb einer Stunde im Freien eine Eiskruste über die Stoppeln legte.

»Die Schutzhütten reichen nicht aus. Wir müssen Feuer darunter anzünden. Gerade so viel, dass das Wasser nicht gefriert. Du hast meine Erlaubnis, für jede Uhr ein paar Holzscheite aus dem Lager zu holen. Die Wächter sollen die Feuer während ihrer Wachen in Gang halten. Könnte mir denken, dass sie dankbar für die Wärme sind. Die Schmiede sollen eine eiserne Hülle anfertigen, damit das Glas und das Holz von den Flammen geschützt werden, sonst verkocht die Hälfte des Wassers.«

»Jawohl, Herr. Vielen Dank«, sagte der Tesserarius erleichtert, dass man ihm keine Vorwürfe machte. Insgeheim hielt Brutus den Mann für einen Idioten, weil er nicht selbst daran gedacht hatte, und nun hatte die Zehnte keine Möglichkeit mehr, die Dauer ihrer Wachen zu messen.

Die römischen Soldaten verstanden inzwischen, weshalb die Stämme im Winter nicht in den Krieg zogen. Der erste Schnee war so dicht und schwer gefallen, dass er die Dächer der Unterkünfte eingedrückt und die gemütlichen Schlafräume in ein Chaos aus Wind und Eis verwandelt hatte. Am darauffolgenden Tag hatten sich die Schneewehen immer höher aufgetürmt, und nach einem Monat konnte sich Brutus kaum mehr daran erinnern, wie es sich anfühlte, wenn einem warm war. Obwohl sie jeden Abend direkt hinter den Wällen riesige Feuer anzündeten, reichte die Wärme nur wenige Fuß weit, bevor sie vom unablässigen Wind zerstoben wurde. Er hatte Eisschollen, so groß wie Ochsenkarren, auf dem Rhein treiben sehen, und manchmal fiel der Schnee so heftig, dass er eine wogende Kruste von einem Ufer zum anderen bildete. Brutus fragte sich, ob der Fluss vor dem Frühling wohl völlig zufrieren würde.

Es hatte den Anschein, als verbrächten sie ihre Tage in Dunkelheit. Julius hatte die Männer so lange arbeiten lassen wie möglich, doch nachdem halb erfrorene Hände immer wieder wegrutschten und unnötige Verletzungen verursachten, sah er sich gezwungen, die Bauarbeiten einzustellen und sich mit dem Winter zu arrangieren.

Brutus marschierte durch das Lager und rutschte immer wieder schmerzhaft in den karstigen Furchen der Versorgungskarren aus. Da es kein Gras mehr gab, waren sie gezwungen gewesen, die meisten Ochsen zu schlachten, denn die Getreideration für die Legionen reichte nicht auch noch für die Zugtiere aus. Wenigstens bleibt bei dieser Kälte das Fleisch lange frisch, dachte Brutus bitter. Sein Blick wanderte über die Kadaverhaufen unter der dünnen Schneehülle. Das Fleisch war hart wie Stein, so wie alles andere in diesem Land.

Brutus erstieg den Erdwall des Lagers und blickte hinaus ins graue Nichts. Weiche Flocken berührten seine Wange, ohne auf seiner kalten Haut zu schmelzen. Dort draußen war absolut nichts zu sehen, bis auf die Stümpfe der ersten Bäume, die sie gefällt und zum Verbrennen ins Lager geschleppt hatten.

Der Wald hatte sie zumindest vor dem Wind geschützt. Inzwischen wussten sie, dass sie die am nächsten stehenden Bäume bis zum Schluss hätten stehen lassen sollen, aber nichts hatte die Römer auf die Erbarmungslosigkeit dieses ersten Winters vorbereitet. Es war eine tödliche Kälte.

Brutus wusste, dass viele Männer nicht ausreichend mit warmer Kleidung ausgestattet waren. Diejenigen, denen man Ochsenfelle gegeben hatte, fetteten sie jeden Tag ein, trotzdem wurden sie bretthart. Der Preis für ein paar Fellhandschuhe belief sich zur Zeit auf einen Monatssold und stieg Tag für Tag, nachdem jeder Hase und Fuchs im Umkreis von 100 Meilen von den Fallenstellern zur Strecke gebracht worden war.

Wenigstens waren die Legionen endlich entlohnt worden. Julius hatte von Ariovist genug Gold und Silber erbeutet, um jedem Mann den ausstehenden Sold für die letzten drei Monate auszuzahlen. In Rom wäre ihnen das Geld für Huren und Wein durch die Finger geronnen, aber hier gab es wenig mehr zu tun, als es beim Glückspiel zu riskieren, und viele Männer waren wenige Tage, nachdem sie ihren Anteil erhalten hatten, wieder bettelarm. Die Verantwortungsbewussteren schickten einen Teil ihres Soldes an ihre Angehörigen nach Rom.

Brutus beneidete diejenigen, die über die Alpen zurück nach Ariminum geschickt worden waren, ehe die Pässe zugeschneit waren. Die Männer hatten sich über diese Geste gefreut, aber Brutus wusste, dass sie aus der Notwendigkeit geboren war. In einem derartig harschen Winter war es schon schwer genug, am Leben zu bleiben. Die Krieger der Sueben, die die Schlacht überlebt hatten, konnten nicht so viele dunkle Monate lang bewacht werden. Es war besser, sie als Gladiatoren und Hauswächter zu verkaufen, sie voneinander zu trennen und neu zu schulen. Aufgrund der Tradition, dass die Erlöse von Kampfsklaven an die Legionäre gingen, würden die tausend Sueben den Männern, die sie besiegt hatten, mindestens eine Goldmünze pro Kopf einbringen.

Hier oben auf der Brustwehr blies der Wind heftiger, und Brutus fing an, im Kopf bis 500 zu zählen, zwang sich, wenigstens so lange auszuhalten. Diejenigen, die hier oben Wache stehen mussten, befanden sich in einer Welt grauer Trübsal; sie sollten sehen, dass er bereit war, dieses Elend mit ihnen zu teilen.

Er schlug den Mantel fester um die Brust und krümmte sich bei jedem Atemzug, der ihm in die Kehle biss, ein wenig zusammen, bis er wünschte, sie wäre so gefühllos wie sein restlicher Körper. Cabera hatte ihn vor der Gefahr gewarnt. Er trug zwei Paar wollene Socken in den Sandalen, obwohl das überhaupt keinen Unterschied zu machen schien. 18 Mann hatten seit dem ersten Schnee Finger oder Zehen eingebüßt, und ohne Cabera wären es wesentlich mehr gewesen. Alle Fälle waren in den ersten paar Wochen aufgetreten, ehe die Männer gelernt hatten, sich vor der Kälte in Acht zu nehmen. Brutus hatte zugesehen, wie einer der eingeschrumpelten schwarzen Klumpen mit einer schweren Hufzange abgeschnitten wurde, und am merkwürdigsten war der gleichgültige Blick auf dem Gesicht des Legionärs gewesen. Auch als die eisernen Klingen seinen Knochen durchtrennten, hatte er keinen Schmerz empfunden.