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Ich war mir nicht sicher, ob diese Vorgehensweise des Leutnants von Arglist, Geiz oder schlichter Menschenfreundlichkeit diktiert wurde. Viele seiner Soldaten waren jung, von Heimat und Familie getrennt; sie freuten sich über die Gelegenheit, wieder einmal schottische Stimmen zu hören, freundlich an einem Lagerfeuer empfangen zu werden, Suppe und Porridge angeboten zu bekommen und sich vorübergehend in der Wärme vertrauter Dinge zu sonnen.

Als ich aus dem Wald trat, sah ich, wie Marsali und Lizzie den schüchternen Soldaten umschwirrten, der Germain aus dem Bach gefischt hatte. Fergus stand dicht am Feuer. Aus seinen feuchten Kleidern stiegen Dampfschwaden auf, und er knurrte auf Französisch vor sich hin, während er einhändig Germains Kopf energisch mit einem Handtuch abrubbelte. Er hatte den Haken auf die Schulter des kleinen Jungen gelegt, um ihn zu stützen, und das blonde Köpfchen wackelte hin und her, doch Germains Gesicht war ungeachtet der Strafpredigt seines Vaters vollkommen ruhig.

Weder Roger noch Brianna waren irgendwo in Sicht, doch zu meiner Bestürzung sah ich Abel MacLennan immer noch am anderen Ende der Lichtung sitzen und an einem Stockbrot knabbern. Jamie war schon zurück. Er war gerade dabei, die geborgten Vorräte neben dem Feuer auf dem Boden auszupacken. Er runzelte die Stirn, doch seine Miene schmolz zu einem Lächeln dahin, als er mich sah.

»Da bist du ja, Sassenach«, sagte er und erhob sich. »Was hat dich denn aufgehalten?«

»Oh, ich bin unterwegs einem Bekannten begegnet«, sagte ich mit einem viel sagenden Blick auf den jungen Soldaten. Er war offenbar nicht viel sagend genug, denn Jamie zog fragend die Stirn kraus.

»Der Leutnant ist auf der Suche nach dir«, zischte ich, dicht zu ihm hinüber gebeugt.

»Nun ja, das wusste ich schon, Sassenach«, sagte er in normaler Lautstärke. »Er findet mich schon noch früh genug.«

»Ja, aber …« Ich räusperte mich und zog die Augenbrauen hoch, während ich bedeutsam von Abel MacLennan zu dem jungen Soldaten blickte. Jamies Verständnis von Gastfreundschaft ließ es nicht zu, dass man seine Gäste aus seinem Haus verschleppte, und ich vermutete, dass dasselbe Prinzip auch für sein Lagerfeuer galt. Doch während es dem jungen Soldaten ja vielleicht noch peinlich sein würde, MacLennan festzunehmen, ging ich davon aus, dass der Leutnant es ohne Zögern tun würde.

Jamie machte ein ausgesprochen belustigtes Gesicht. Er zog seinerseits die Augenbrauen hoch, dann nahm er mich beim Arm und führte mich zu dem jungen Mann.

»Meine Liebe«, sagte er formell, »darf ich dir den Privatgefreiten Andrew Ogilvie aus Kilburnie vorstellen? Gefreiter Ogilvie, meine Frau.«

Der Privatgefreite Ogilvie, ein Junge mit einem roten Gesicht und dunklen Locken, errötete und neigte den Kopf.

»Euer Diener, Ma’am!«

Jamie drückte mir sacht den Arm.

»Der Privatgefreite Ogilvie hat mir gerade erzählt, dass sein Regiment nach Portsmouth in Virginia unterwegs ist, von wo es nach Schottland segeln wird. Ihr freut Euch doch sicher auf Zuhause, nicht wahr, mein Junge?«

»Oh, aye, Sir!«, sagte der Junge eifrig. »Das Regiment wird in Aberdeen aufgelöst, und dann mache ich mich auf den Heimweg, so schnell mich meine Füße tragen!«

»Das Regiment löst sich auf?«, mischte sich Fergus in das Gespräch ein. Er hatte sich ein Handtuch um den Kopf gewickelt und trug Germain auf dem Arm.

»Aye, Sir. Jetzt, wo die Franzmänner Ruhe geben – äh, mit Verlaub, Sir – und von den Indianern nichts mehr zu befürchten ist, gibt es hier für uns nichts mehr zu tun, und die Krone bezahlt uns nicht dafür, dass wir zu Hause herumsitzen«, sagte der Junge mit einer Spur von Bedauern. »Der Friede mag ja im Großen und Ganzen eine gute Sache sein. Aber uns Soldaten trifft er schwer.«

»Fast so schwer wie der Krieg, aye?«, sagte Jamie trocken. Der Junge lief dunkelrot an; so jung, wie er war, konnte er kaum in ernsthafte Kampfhandlungen verwickelt gewesen sein. Der Franzosenkrieg war schon seit fast zehn Jahren vorbei – und damals hatte der Privatgefreite Ogilvie mit Sicherheit noch in Kilburnie im Sand gespielt.

Ohne die Verlegenheit des Jungen zu beachten, wandte sich Jamie an mich.

»Der Junge sagt«, fügte er hinzu, »dass das Siebenundsechzigste das letzte Regiment ist, das sich noch in den Kolonien aufhält.«

»Das letzte Highlandregiment?«, fragte ich.

»Nein, Ma’am, wir sind die letzten regulären Truppen der Krone. Es gibt natürlich hier und dort noch Garnisonen, aber die stehenden Regimenter sind alle zurück nach England oder Schottland gerufen worden. Wir sind die letzten – und haben sogar schon Verspätung. Wir sollten eigentlich von Charleston aus segeln, aber dort ist etwas schief gegangen, deshalb sind wir jetzt nach Portsmouth unterwegs, so schnell wir können. Es ist schon spät im Jahr, aber der Leutnant hat von einem Schiff gehört, das die Überfahrt noch riskieren würde. Wenn nicht –« Er zuckte philosophisch mit den Achseln. »Dann werden wir wohl in Portsmouth überwintern und uns irgendwie durchschlagen.«

»Dann will England uns schutzlos zurücklassen?« Marsali sah bei diesem Gedanken sehr erschrocken aus.

»Oh, ich glaube nicht, dass Ihr in Gefahr seid, Ma’am«, beruhigte sie der Privatgefreite Ogilvie. »Mit den Franzmännern sind wir ein für alle Mal fertig, und die Indianer werden sich kaum rühren, wenn die Froschfresser sie nicht mehr aufhetzen. Es ist jetzt schon eine ganze Weile friedlich hier, und das wird bestimmt auch so bleiben.« Ich räusperte mich leise, und Jamie drückte mir sacht den Ellbogen.

»Habt Ihr Euch denn schon einmal überlegt, vielleicht hier zu bleiben?« Lizzie hatte beim Zuhören Kartoffeln geschält und gerieben; jetzt stellte sie die Schüssel mit den glänzend weißen Schnitzen neben das Feuer und begann, die Pfanne zu fetten. »In den Kolonien zu bleiben, meine ich. Im Westen gibt es immer noch Land in Hülle und Fülle.«

»Oh.« Der Privatgefreite Ogilvie blickte zu dem weißen Häubchen auf ihrem Kopf hinunter, den sie sittsam über die Arbeit gebeugt hatte, und lief erneut rot an. »Nun, ich muss sagen, dass man mir schon schlechtere Aussichten präsentiert hat, Miss. Aber ich bin leider an mein Regiment gebunden.«

Lizzie ergriff zwei Eier und schlug sie gekonnt am Rand der Schüssel entzwei. Auf ihrem Gesicht, das normalerweise käsebleich war, erstrahlte ein schwacher Widerschein der satten Gesichtsfarbe Ogilvies.

»Ah. Nun, wie schade, dass Ihr schon so bald fortmüsst«, sagte sie und klimperte mit ihren hellblonden Wimpern. »Aber zumindest werden wir Euch nicht mit leerem Magen davonschicken.«

Der Privatgefreite Ogilvie wurde noch ein wenig rosiger um die Ohren.

»Das ist … sehr liebenswürdig von Euch, Miss. Wirklich sehr liebenswürdig.«

Lizzie blickte schüchtern auf und errötete noch tiefer.

Jamie hüstelte und entschuldigte sich. Dann führte er mich vom Feuer fort.

»Himmel«, sagte er leise und bückte sich, damit ich ihn hören konnte. »Dabei ist sie doch noch keine vierundzwanzig Stunden Frau! Hast du ihr Unterricht gegeben, Sassenach, oder ist das bei Frauen einfach angeboren?«

»Naturtalent, schätze ich«, sagte ich umsichtig.

Was unsere sauberen Lappen anging, so war das Einsetzen von Lizzies Menarche gestern nach dem Abendessen der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte, und ich hatte daraufhin meinen Unterrock opfern müssen. Natürlich hatte Lizzie keine Menstrualtücher dabei, und ich wollte nicht, dass sie gezwungen war, die Babywindeln mitzubenutzen.

»Mmpfm. Dann mache ich mich wohl am besten auf die Suche nach einem Mann für sie«, sagte Jamie resigniert.

»Einem Mann! Aber sie ist doch gerade erst fünfzehn!«

»Aye, und?« Er sah sich zu Marsali um, die Fergus das dunkle Haar mit dem Handtuch trocken rieb, und ließ den Blick dann zu Lizzie und ihrem Soldaten schweifen. Er sah mich mit zynisch hoch gezogener Augenbraue an.

»Aye, selber und«, sagte ich ein wenig verärgert. Gut, Marsali war erst fünfzehn gewesen, als sie Fergus geheiratet hatte. Das hieß aber nicht …