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»Jedenfalls«, fuhr Jamie fort und ließ das Thema Lizzie erst einmal links liegen, »bricht das Regiment morgen nach Portsmouth auf; sie haben weder Zeit noch Interesse, sich mit dieser Geschichte in Hillsborough zu befassen – das ist Tryons Sorge.«

»Aber Hayes hat doch gesagt –«

»Oh, wenn ihm jemand etwas erzählt, wird er die Aussage auch bestimmt nach New Bern weiterleiten – aber was ihn persönlich angeht, so glaube ich nicht, dass es ihn stören würde, wenn die Regulatoren den Gouverneurspalast in Brand setzen würden, solange es nur seine Abreise nicht verzögert.«

Ich seufzte tief, denn das beruhigte mich. Wenn Jamie Recht hatte, so waren Festnahmen das Letzte, wonach Hayes der Sinn stand, ganz gleich, wie die Beweislage sein mochte. MacLennan drohte also keine Gefahr.

»Was glaubst du denn dann, was Hayes von dir und den anderen will?«, fragte ich und bückte mich, um in einem der Weidenkörbe nach einem Brotlaib zu suchen. »Er ist immerhin persönlich hinter dir her.«

Jamie blickte hinter sich, als rechnete er jede Sekunde damit, dass der Leutnant zwischen den Stechpalmen auftauchen würde. Da sich das stachelige Grün jedoch nicht rührte, wandte er sich mit leicht gerunzelter Stirn wieder mir zu.

»Ich weiß es nicht«, sagte er kopfschüttelnd, »aber es hat jedenfalls nichts mit Tryon zu tun. Wenn es so wäre, hätte er mich gestern Abend darauf ansprechen können – und das hätte er auch getan, wenn ihm selbst etwas an der Sache läge«, fügte er hinzu. »Nein, Sassenach, verlass dich darauf, die Aufrührer sind für unseren Archie Hayes nur eine Pflichtsache. Was er aber von mir will –« Er beugte sich über mich, um mit dem Finger am Rand des Honigtöpfchens entlang zu fahren. »Darüber mache ich mir erst dann Sorgen, wenn ich muss. Ich habe noch drei Fässer Whisky übrig, die ich bis heute Abend in eine Pflugschar, ein Sensenblatt, drei Axtklingen, zehn Pfund Zucker, ein Pferd und ein Astrolabium verwandeln will. Und das ist ein Zaubertrick, der einiger Konzentration bedarf, aye?« Er fuhr mit seiner klebrigen Fingerspitze sanft über meine Lippen, dann drehte er meinen Kopf zu sich hin und neigte den seinen, um mich zu küssen.

»Ein Astrolabium?«, sagte ich und schmeckte Honig. Ich erwiderte den Kuss. »Wozu denn das?«

»Und dann möchte ich nach Hause«, flüsterte er, ohne meine Frage zu beachten. Seine Stirn war an die meine gedrückt, und seine Augen waren blau.

»Ich möchte mit dir ins Bett gehen – in meinem Bett. Und ich möchte den Rest des Tages darüber nachdenken, was ich machen werde, wenn ich dich erst dort habe. Und der liebe Archie kann von mir aus bleiben, wo der Pfeffer wächst, aye?«

»Exzellente Idee«, flüsterte ich zurück. »Möchtest du ihm das gern persönlich sagen?«

Ich hatte am anderen Ende der Lichtung ein Stück grünschwarzen Tartanstoff aufblitzen sehen, doch als Jamie sich jetzt aufrichtete und herumfuhr, sah ich, dass der Besucher doch nicht Leutnant Hayes war, sondern John Quincy Myers, der sich ein Soldatenplaid um die Taille geschlungen hatte, dessen Enden fröhlich im Wind flatterten.

Dies verlieh Myers’ sowieso schon unübersehbarer, modischer Eleganz den letzten Schliff. Er war extrem groß, und ihn zierten (von oben nach unten) ein Schlapphut, in dem mehrere Nadeln und eine Truthahnfeder steckten, zwei zerzauste Fasanenfedern, die in sein langes, schwarzes Haar geknotet waren, eine Weste aus eingefärbten Stachelschweinstacheln, die er über einem Hemd mit Perlenstickereien trug, sein üblicher Lendenschurz und enge Hosen, die mit Bändern voller kleiner Glöckchen umwickelt waren, kurz: Der Waldläufer war schwer zu übersehen.

»James, mein Freund!« John Quincy lächelte breit, als er Jamie erblickte, und eilte mit ausgestreckter Hand und glöckchenklingelnd auf ihn zu. »Dachte ich mir doch, dass ich Euch beim Frühstück antreffe!«

Jamie kniff bei seinem Anblick kurz die Augen zusammen, erwiderte dann aber kameradschaftlich den festen Händedruck des Waldläufers.

»Aye John. Esst Ihr etwas mit?«

»Äh … ja«, fiel ich ein und warf einen verstohlenen Blick in den Vorratskorb. »Bitte doch.«

John Quincy verbeugte sich feierlich vor mir und zog dabei den Hut.

»Zu Diensten, Ma’am, und ich danke Euch sehr. Vielleicht später. Erst einmal bin ich allerdings hier, um Mr. Fraser zu entführen. Er wird dringend gebraucht.«

»Von wem?«, fragte Jamie argwöhnisch.

»Robbie McGillivray – zumindest sagt er, dass er so heißt. Kennt Ihr den Mann?«

»Aye, das tue ich.« Was auch immer Jamie über McGillivray wusste, bewog ihn, hastig in die kleine Truhe zu greifen, in der er seine Pistolen aufbewahrte. »Was gibt es denn?«

»Nun ja.« John Quincy kratzte sich nachdenklich den buschigen, schwarzen Bart. »Seine Frau hat mich gebeten, Euch zu suchen, und sie spricht nicht gerade das, was man gutes Englisch nennt, also kann es sein, dass ich alles ein wenig durcheinander bringe. Aber ich glaube, sie hat gesagt, ein Diebesfänger hätte ihren Sohn festgenommen und behauptet, der Junge wäre einer von den Rabauken aus Hillsborough, und er würde ihn in New Bern hinter Gitter bringen. Daraufhin hat Robbie gesagt, sein Sohn würde von niemandem irgendwohin gebracht, und – nun ja, danach ist die arme Frau ganz aufgeregt geworden, und ich konnte nur noch jedes zehnte Wort verstehen. Aber ich glaube, es wäre Robbie sehr lieb, wenn Ihr vorbeikommen und Euch der Dinge annehmen würdet.«

Jamie griff nach Rogers blutbeflecktem, grünem Rock, der an einem Busch hing und der Reinigung harrte. Er schlüpfte hinein und schob sich die frisch geladene Pistole in den Gürtel.

»Wo denn?«

Myers machte eine sparsame Geste mit einem Daumen und schob sich durch das Stechpalmengebüsch davon, dicht gefolgt von Jamie.

Fergus, der das Gespräch mit angehört hatte und Germain immer noch im Arm hielt, setzte den Jungen zu Marsalis Füßen ab.

»Ich muss grand-père helfen«, sagte er zu Germain. Er hob ein Stück Brennholz auf und drückte es dem kleinen Jungen in die Hand. »Du bleibst hier und beschützt maman und die kleine Jeanne vor den bösen Männern.«

»Oui, papa.« Germain machte unter seinem blonden Pony ein finsteres Gesicht, nahm seinen Stock fest in die Hand und nahm Haltung an, um das Lager zu verteidigen.

Marsali, MacLennan, Lizzie und der Privatgefreite Ogilvie hatten das Zwischenspiel mit ziemlich glasigen Augen verfolgt. Als Fergus jetzt ebenfalls einen Stock ergriff und zielgerichtet im Gebüsch verschwand, erwachte der Privatgefreite beklommen aus seiner Trance.

»Äh …«, sagte er. »Vielleicht sollte ich meinen Sergeanten suchen, meint Ihr nicht, Ma’am? Wenn es nach Schwierigkeiten aussieht …«

»Nein, nein«, sagte ich hastig. Das Letzte, was wir jetzt brauchten, war, dass Archie Hayes und sein Regiment en masse hier aufmarschierten. Ich hatte sehr das Gefühl, dass alle nur davon profitieren würden, wenn diese Situation inoffiziell blieb.

»Es kommt bestimmt alles in Ordnung. Es ist sicher nur ein Missverständnis. Mr. Fraser wird es sofort aufklären, keine Angst.« Noch während ich das sagte, umkreiste ich verstohlen das Feuer und näherte mich der Stelle, an der meine medizinische Ausrüstung vor dem Regen geschützt unter einem Stück Segelleinen lag. Ich griff unter die Kante und langte nach meiner Erste-Hilfe-Kiste.

»Lizzie, wie wär’s, wenn du Mr. Ogilvie etwas Erdbeermarmelade für seinen Toast gibst? Und Mr. MacLennan hätte bestimmt gern etwas Honig für seinen Kaffee. Entschuldigt mich bitte, Mr. MacLennan, ich muss nur kurz … äh …« Mit einem idiotischen Lächeln stahl ich mich zwischen den Stechpalmenzweigen davon. Während das Geäst raschelnd hinter mir zurückschwang, blieb ich stehen, um mich zu orientieren. Der regnerische Wind trug mir schwaches Glöckchengeklingel entgegen; ich wandte mich dem Geräusch zu und rannte los.