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»Hmp«, sagte Ute mit ausgesprochen bestürzter Miene. Es machte ihr nicht das Geringste aus, für eine Gewohnheitsmörderin gehalten zu werden, und sie war froh, dass Manfred außer Gefahr war – doch es entrüstete sie, ihren Ruf als Wurstköchin beschmutzt zu sehen.

»Als ob ich solchen Mist herstellen würde«, sagte sie und rümpfte angewidert die Nase über den stark riechenden Fleischklumpen, den Jamie ihr zur näheren Betrachtung entgegen hielt. »Pfui Teufel!« Sie winkte mit einer überlegenen Geste ab, dann wandte sie sich an ihren Mann und sagte leise etwas auf Deutsch.

Schließlich holte sie tief Luft und nahm ihr altes Format wieder an. Sie sammelte all ihre Kinder um sich wie eine Glucke ihre Küken und drängte sie, sich bei Jamie gebührend für seine Hilfe zu bedanken. Er errötete schwach, als sie sich im Chor bedankten, und verneigte sich vor ihr.

»Gern geschehen«, sagte er. »Stets zu Diensten, Frau Ute.«

Sie hatte die Fassung zurückerlangt und strahlte ihn an, während er sich umdrehte, um beim Aufbruch etwas zu Rob zu sagen.

»So ein schöner, großer Mann«, murmelte sie und schüttelte sacht den Kopf, während sie ihn von oben bis unten musterte. Dann wandte sie sich ab und fing den Blick auf, den ich zuerst auf Jamie, dann auf Rob warf – denn mit seinem kurz geschnittenen, dunklen, lockigen Haar und seinen fein gemeißelten Gesichtszügen sah der Büchsenmacher zwar nicht schlecht aus, doch er war so leicht wie ein Sperling und etliche Zentimeter kürzer als seine Frau, der er ungefähr bis an die breite Schulter reichte. Angesichts ihrer offensichtlichen Bewunderung für große Männer weckte dies zwangsläufig meine Verwunderung.

»Ach ja«, sagte sie und zuckte wie zur Entschuldigung mit den Achseln. »Wo die Liebe hinfällt, nicht wahr.« Sie klang, als sei die Liebe ein unglücklicher, aber unvermeidbarer Seelenzustand.

Ich blickte Jamie an, der gerade dabei war, seine Wurst einzuwickeln, bevor er sie wieder verstaute. »Ja, doch«, sagte ich. »Ich weiß.«

Als wir wieder an unserer eigenen Lagerstelle anlangten, waren die Chisholms gerade im Aufbruch begriffen, nachdem die Mädchen sie großzügig bewirtet hatten. Zum Glück hatte Jamie reichlich Lebensmittel aus Jocastas Lager mitgebracht, und ich ließ mich zu einer köstlichen Mahlzeit nieder, die aus Reibekuchen, gebutterten Brötchen, gebratenem Schinken und – endlich! – Kaffee bestand. Dabei fragte ich mich, was uns heute wohl noch bevorstehen mochte. Es war noch Zeit genug; die Sonne war gerade über die Bäume gestiegen und glühte in dumpfem Orange unter einer dahinziehenden Wolkenschicht hervor.

Als ich ein wenig später angenehm gesättigt war und meine dritte Tasse Kaffee in der Hand hatte, raffte ich mich auf und warf die Segeltuchabdeckung über meinem medizinischen Vorratslager zurück. Es war Zeit, mit den Vorbereitungen für meine morgendliche Sprechstunde zu beginnen, die Gefäße mit meinem Nähmaterial herauszusuchen, die Kräuterbehälter in meiner Truhe und die große Alkoholflasche wieder aufzufüllen und diejenigen Arzneien zu kochen, die frisch zubereitet werden mussten.

Zwar drohten mir die gebräuchlicheren Kräuter aus meinem Vorrat auszugehen, doch Myers hatte mir dienstbeflissen ausgeholfen und mir einige seltene und nützliche Dinge aus den Indianerdörfern im Norden mitgebracht, und ich hatte einige kluge Tauschgeschäfte mit Murray MacLeod durchgeführt, einem ehrgeizigen, jungen Apotheker, der sich seinen Weg ins Landesinnere gebahnt und sich in Cross Creek niedergelassen hatte.

Bei dem Gedanken an Murray biss ich mir von innen auf die Wange. Er hegte die gängigen, üblen Vorstellungen, die derzeit als medizinische Weisheit galten – und hatte keine Hemmungen zu verkünden, wie überlegen wissenschaftliche Methoden wie der Aderlass oder das Schröpfen und Blistern der altmodischen Kräuterkunde waren, die von ignoranten Hutzelweibern wie mir praktiziert wurden!

Dennoch, er war Schotte, und als solcher besaß er eine höchst pragmatische Ader. Er hatte einen einzigen Blick auf Jamies kräftigen Körperbau geworfen und sich rasch alle weitergehenden Beleidigungen verkniffen. Ich besaß sechs Unzen Wermut und ein Glas wilden Ingwer, die Murray gern haben wollte. Außerdem war er so schlau zu bemerken, dass weit mehr Besucher des Berges mit ihren Zipperlein zu mir kamen als zu ihm – und dass sich bei den meisten eine Besserung einstellte, wenn sie meine Behandlungsvorschläge befolgten. Wenn ich Geheimnisse kannte, wollte er diese ebenfalls gern wissen – und diesen Gefallen tat ich ihm mehr als gern.

Gut, ich hatte immer noch reichlich Weidenrinde. Ich zögerte angesichts der kleinen Reihe von Fläschchen im oberen, rechten Fach der Truhe. Ich hatte mehrere starke Emmenagoga – Frauenwurz, Mutterkorn und Poleiminze –, entschied mich aber stattdessen für zwei sanftere Mittel, Gänsefingerkraut und Gartenraute. Ich gab eine Hand voll davon in eine Schale und übergoss sie mit kochendem Wasser, um sie dann ziehen zu lassen. Über seine lindernde Wirkung bei der Menstruation hinaus, besaß Gänsefingerkraut den Ruf, die Nerven zu beruhigen – und eine von Natur aus nervösere Person als Lizzie Wemyss war nur sehr schwer vorstellbar.

Ich blickte mich zum Feuer um, wo Lizzie gerade den Rest der Erdbeerkonfitüre in den Privatgefreiten Ogilvie hinein schaufelte, der seine Aufmerksamkeit zwischen Lizzie, Jamie und seiner Toastscheibe aufzuteilen schien – wobei dem Toast der größte Anteil galt.

Gartenraute war außerdem ein gutes Wurmmittel. Ich wusste zwar nicht mit Sicherheit, ob Lizzie Würmer hatte, doch viele der Leute hier waren befallen, und ein kräftiger Schluck würde ihr nicht schaden.

Ich betrachtete Abel MacLennan unauffällig und fragte mich, ob ich ihm ebenfalls rasch einen Schluck in den Kaffee schmuggeln sollte – trotz seiner kräftigen Figur hatte er das verkniffene, anämische Aussehen eines Menschen mit Darmparasiten. Doch vielleicht rührte der Ausdruck stiller Unruhe in seinem Gesicht ja mehr von dem Bewusstsein her, dass sich hier Diebesfänger herumtrieben.

Die kleine Joan jammerte schon wieder vor Hunger. Marsali setzte sich, griff unter ihr Schultertuch, um ihr Mieder zu öffnen, und legte das Baby an ihre Brust. Dabei hielt sie beklommen ihre Lippe zwischen den Zähnen fest. Sie zuckte zusammen, schnappte vor Schmerz nach Luft und entspannte sich dann ein wenig, als die Milch zu laufen begann.

Rissige Brustwarzen. Ich wandte mich erneut der Medizintruhe zu. Hatte ich Lanolinsalbe dabei? Verflixt, nein. Solange Joan gestillt wurde, wollte ich kein Bärenschmalz benutzen; vielleicht Sonnenblumenöl …

»Einen Schluck Kaffee, meine Liebe?« Mr. MacLennan, der sie besorgt und mitfühlend beobachtet hatte, hielt ihr seine frische Tasse hin. »Meine Frau hat immer gesagt, dass heißer Kaffee die Schmerzen beim Stillen lindert. Mit Whisky darin wäre es noch besser –« Seine traurig hängenden Wangen strafften sich ein wenig. »Aber trotzdem …«

»Taing.« Marsali nahm die Tasse mit einem dankbaren Lächeln entgegen. »Ich bin heute Morgen völlig durchgefroren.« Sie nippte vorsichtig an der dampfenden Flüssigkeit, und ein Hauch von Röte stieg ihr in die Wangen.

»Kehrt Ihr morgen zurück nach Drunkard’s Creek, Mr. MacLennan?«, fragte sie höflich und reichte ihm die leere Tasse zurück. »Oder begleitet Ihr Mr. Hobson nach New Bern?«

Jamie blickte abrupt auf und unterbrach seine Unterhaltung mit dem Gefreiten Ogilvie.

»Hobson geht nach New Bern? Woher weißt du das?«

»Mrs. Fowles hat es gesagt«, erwiderte Marsali prompt. »Sie hat es mir erzählt, als ich bei ihr war, um mir ein trockenes Hemd für Germain zu borgen – sie hat einen Jungen in seiner Größe. Sie macht sich Sorgen um Hugh – das ist ihr Mann –, denn ihr Vater – das ist Mr. Hobson – möchte zwar, dass er mitgeht, aber er hat Angst.«

»Warum will Joe Hobson denn nach New Bern?«, fragte ich und lugte über den Rand meiner Medizintruhe hervor.