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»Um dem Gouverneur eine Petition zu überreichen«, sagte Abel MacLennan. »Wird ihm eine Menge nützen.« Er lächelte Marsali ein wenig traurig zu. »Nein, Kleine. Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht, wohin ich gehen werde. Auf jeden Fall aber nicht nach New Bern.«

»Auch nicht zurück zu Eurer Frau nach Drunkard’s Creek?« Marsali sah ihn besorgt an.

»Meine Frau ist tot, Kleine«, sagte MacLennan leise. Er legte sich sein rotes Halstuch über das Knie und strich die Falten glatt. »Seit zwei Monaten ist sie tot.«

»Oh, Mr. Abel.« Marsali beugte sich vor und ergriff seine Hand, die blauen Augen voller Mitgefühl. »Das tut mir so leid!«

Er tätschelte ihr die Hand, ohne aufzublicken. Winzige Regentropfen schimmerten in seinen schütteren Haarsträhnen, und hinter seinem großen, roten Ohr rann Feuchtigkeit hinab, doch er machte keine Anstalten, sie fortzuwischen.

Jamie war während des Wortwechsels zwischen Abel und Marsali aufgestanden. Jetzt setzte er sich neben MacLennan auf den Baumstamm und legte dem kleineren Mann sanft eine Hand auf den Rücken.

»Das wusste ich gar nicht, a charaid«, sagte er leise.

»Nein.« MacLennan sah blicklos in die transparenten Flammen. »Ich – nun, ehrlich gesagt, hatte ich auch niemandem davon erzählt. Bis jetzt jedenfalls.«

Jamie und ich sahen uns über das Feuer hinweg an. Drunkard’s Creek konnte unmöglich mehr als zwei Dutzend Seelen beherbergen, die am Ufer verstreut in Blockhütten wohnten. Und doch hatten weder die Hobsons noch die Fowles’ Abels Verlust erwähnt – offensichtlich hatte er wirklich niemandem davon erzählt.

»Was ist denn geschehen, Mr. Abel?« Marsali hielt ihm immer noch die Hand, obwohl sie völlig leblos, mit der Handfläche nach unten, auf dem roten Halstuch lag.

Jetzt blickte MacLennan auf und blinzelte.

»Oh«, sagte er unbestimmt. »Es ist so viel geschehen, Und doch … eigentlich auch wieder nicht so viel. Abby … Abigail, meine Frau – sie ist am Fieber gestorben. Sie ist krank geworden und … gestorben.« Er klang vage überrascht.

Jamie goss einen Schluck Whisky in einen leeren Becher, ergriff eine von MacLennans widerstandslosen Händen und schloss sie um den Becher. Er hielt die Finger mit den seinen fest, bis MacLennans Hand fester zugriff.

»Trink das, Mann«, sagte er.

Alle schwiegen und sahen zu, wie MacLennan gehorsam den Whisky kostete, nippte, noch einmal nippte. Der junge Ogilvie rutschte nervös auf seinem Felsen herum und sah aus, als würde er sich am liebsten wieder zu seinem Regiment begeben, doch auch er blieb, wo er war, als fürchtete er, dass ein abrupter Aufbruch MacLennan irgendwie noch mehr verletzen würde.

MacLennans stumme Reglosigkeit zog alle Blicke auf sich, brachte jedes Gespräch zum Schweigen. Meine Hand schwebte beklommen über den Fläschchen in meiner Truhe, doch für so etwas hatte ich kein Heilmittel.

»Ich hatte genug«, sagte er plötzlich. »Wirklich.« Er blickte von seinem Becher auf und sah sich rund um das Feuer um, als verbäte er sich jede Widerrede. »Für die Steuern, aye? Es hätte ein besseres Jahr sein können, aber ich habe mich in Acht genommen. Ich hatte zehn Scheffel Mais beiseite gelegt und vier gute Hirschfelle. Das war mehr als die zehn Schillinge für die Steuern wert.«

Doch die Steuern mussten in harter Währung bezahlt werden, nicht in Mais und Fellen und Indigoblöcken, so wie es die Farmer untereinander taten. Tauschhandel war die gebräuchliche Methode – das wusste ich aus eigener Erfahrung, dachte ich mit einem Blick auf den Sack mit den diversen Dingen, die die Leute mir als Bezahlung für meine Kräuterarzneien brachten. Niemand bezahlte hier irgendetwas bar – mit Ausnahme der Steuern.

»Nun, das ist ja auch verständlich«, sagte MacLennan und blinzelte den Gefreiten Ogilvie ernst an, als hätte der junge Mann einen Protest geäußert. »Seine Majestät hat schließlich kaum Verwendung für eine Schweineherde oder eine Horde Truthähne, nicht wahr? Nein, ich kann gut verstehen, warum es bares Geld sein muss, das sieht jeder ein. Und ich hatte den Mais; er hätte mir mit Leichtigkeit sechs Schillinge eingebracht.«

Nur bestand die Schwierigkeit natürlich darin, zehn Scheffel Mais in sechs Schillinge Steuergeld zu verwandeln. Zwar gab es in Drunkard’s Creek Leute, die Abels Mais liebend gern gekauft hätten – doch auch in Drunkard’s Creek hatte niemand Geld. Nein, der Mais musste in Salem auf dem Markt verkauft werden; das war der nächste Ort, wo man an bare Münze gelangen konnte. Doch Salem lag fast vierzig Meilen von Drunkard’s Creek entfernt – eine Wochenreise, hin und zurück.

»Ich hatte fünf Morgen Gerste«, erklärte Abel. »Goldgelb und reif für die Sense. Ich konnte sie nicht verderben lassen, und meine Abby – sie war eine kleine, zierliche Frau und konnte nicht mähen und dreschen.«

Da er seine Ernte nicht für eine Woche im Stich lassen konnte, hatte Abel stattdessen seine Nachbarn um Hilfe ersucht.

»Es sind gute Leute«, beharrte er. »Ein oder zwei von ihnen hatten auch einzelne Pennys für mich übrig – aber sie hatten ja schließlich selbst noch Steuern zu bezahlen, nicht wahr?« Da er immer noch hoffte, das nötige Geld ohne die strapaziöse Reise nach Salem zusammenkratzen zu können, hatte Abel die Sache vor sich hergeschoben – bis es zu spät war.

»Howard Travers ist der Sheriff«, sagte er und wischte unbewusst den feuchten Tropfen weg, der sich an seiner Nasenspitze gebildet hatte. »Er ist mit einem Papier angekommen und hat gesagt, er müsste uns vor die Tür setzen, weil die Steuern nicht bezahlt sind.«

Mit dem Unausweichlichen konfrontiert, hatte Abel seine Frau in ihrer Hütte zurückgelassen und sich eiligst nach Salem aufgemacht. Doch als er mit den sechs Schillingen zurückkehrte, war sein Eigentum beschlagnahmt und verkauft worden – an Howard Travers’ Schwiegervater. Fremde wohnten in seiner Blockhütte, und seine Frau war fort.

»Ich wusste, dass sie nicht weit weg sein konnte«, erklärte er. »Sie hätte die Kinder nicht verlassen.«

Und dort hatte er sie auch gefunden, zitternd und in einen dünnen Quilt gewickelt, auf dem Hügel unter der hohen Fichte, die die Gräber der vier Kinder der MacLennans überschattete – alle im ersten Lebensjahr gestorben. Trotz seines Flehens hatte er Abigail nicht bewegen können, hinunter in die Hütte zu gehen, die ihnen gehört hatte, und Hilfe bei jenen zu suchen, die sie enteignet hatten. Ob es Fieberwahn war oder nur Sturheit, konnte er nicht sagen; sie hatte sich mit der Kraft einer Irren an die Äste des Baumes geklammert und die Namen ihrer Kinder gerufen – und war dort in der Nacht gestorben.

Sein Whiskybecher war leer. Er stellte ihn vorsichtig zu seinen Füßen auf den Boden und ignorierte Jamies Wink in Richtung Flasche.

»Sie hatten ihr gestattet mitzunehmen, was sie tragen konnte. Sie hatte ein Bündel bei sich, und darin waren ihre Totenkleider. Ich erinnere mich noch genau, wie sie sich am Tag nach unserer Hochzeit hingesetzt hat, um das Garn für ihr Grabtuch zu spinnen. Es hatte kleine Blumen am Saum, die sie selbst gestickt hatte; sie konnte gut mit Nadeln umgehen.«

Er hatte Abigail in ihr besticktes Leichentuch gewickelt, sie an der Seite ihres jüngsten Kindes begraben und war dann zwei Meilen die Straße hinuntergewandert – eigentlich, um den Hobsons zu erzählen, was geschehen war.

»Aber als ich zu ihrem Haus kam, fand ich sie alle in Aufregung wie einen Hornissenschwarm – der Sheriff hatte Hugh Fowles einen Besuch abgestattet, um die Steuer einzutreiben, und dieser hatte kein Geld. Travers hat gegrinst wie ein Affe und gesagt, es sei ihm einerlei – und zehn Tage später war er prompt mit seinem Papier wieder da und hat sie auf die Straße gesetzt.«

Hobson hatte das Geld für seine eigenen Steuern zusammengekratzt, und die Fowles’ waren erst einmal beim Rest der Familie untergekommen – aber Joe Hobson schäumte vor Zorn darüber, wie man mit seinem Schwiegersohn umgesprungen war.

»Joe war außer sich und hat vor Wut nur so gebrüllt. Janet Hobson hat mich eingeladen, mich hinzusetzen und zu Abend zu essen, und dann war da Joe, der brüllte, Travers würde mit seiner Haut für das Land bezahlen, und Hugh saß zusammen gesunken da wie ein getretener Hund, und seine Frau hat geheult, und die Kinder haben nach ihrem Essen geschrien wie ein Wurf Ferkel, und … nun, erst wollte ich es ihnen ja sagen, aber dann …« Er schüttelte den Kopf, als überkäme ihn die Verwirrung erneut.