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Sie blickte auf und erbleichte.

»Syphilis? Bist du sicher?«

Ich nickte, während ich ein Stück ausgekochtes Leinen zum Verbinden zusammenrollte. Es war immer noch sehr feucht, aber das ließ sich nicht ändern.

»Bei der Mutter waren keine Anzeichen des Spätstadiums zu sehen – noch nicht –, aber bei einem Kind ist es unverkennbar.«

Die Mutter war nur gekommen, um sich einen Zahnfleischabszess öffnen zu lassen, und der kleine Junge hatte ihr an den Rockschößen gehangen. Er hatte die charakteristische »Sattelnase« mit dem eingedrückten Nasenrücken sowie derart missgebildete Kiefer, dass mich sein unterernährter Zustand nicht überraschte; er konnte kaum kauen. Ich konnte nicht sagen, inwiefern seine offensichtliche Zurückgebliebenheit auf einen Gehirnschaden zurückzuführen war und inwiefern auf Taubheit; es schien beides vorzuliegen, aber ich hatte es nicht weiter überprüft – schließlich hätte ich in beiden Fällen nicht das Geringste tun können. Ich hatte die Mutter angewiesen, ihm Brühe zu trinken zu geben, um der Fehlernährung abzuhelfen, doch sonst konnte ich nicht viel für das arme Kerlchen tun.

»Ich bekomme es hier nicht so oft zu sehen wie in Paris oder Edinburgh, wo es viele Prostituierte gibt«, sagte ich zu Brianna und warf den Ball aus Verbandsmaterial in den Leinenbeutel, den sie mir aufhielt. »Dann und wann aber schon. Warum? Du glaubst doch nicht, dass Roger Syphilis hat, oder?«

»Ganz bestimmt nicht!«, sagte sie. »Mutter!«

»Na ja, das habe ich mir auch gedacht«, sagte ich beschwichtigend. »Aber es kommt in den besten Familien vor – und du hast danach gefragt.«

Sie prustete heftig.

»Ich habe nach Verhütungsmitteln gefragt«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen. »Zumindest hatte ich das vor, bevor du mir einen Vortrag über die Entstehung und Verbreitung von Geschlechtskrankheiten gehalten hast.«

»Ach so.« Ich betrachtete sie nachdenklich und bemerkte die getrockneten Milchflecken auf ihrem Leibchen. »Na ja, Stillen funktioniert einigermaßen. Nicht hundertprozentig, beileibe nicht, aber eben einigermaßen. Nach den ersten sechs Monaten lässt es nach –« Jemmy war jetzt sechs Monate alt. »Aber es funktioniert immer noch.«

»Mmpfm«, sagte sie und klang Jamie dabei dermaßen ähnlich, dass ich mir auf die Unterlippe beißen musste, um nicht loszulachen. »Und was gibt es sonst noch?«

Ich hatte mich noch nie ernsthaft mit ihr über Verhütung – im achtzehnten Jahrhundert – unterhalten. Bei ihrer Ankunft in Fraser’s Ridge war es mir nicht notwendig erschienen, und dann war es ja tatsächlich nicht mehr notwendig gewesen, da sie schon schwanger war. Also fand sie es jetzt notwendig?

Ich runzelte die Stirn und füllte langsam meine Tasche mit Arzneimitteln.

»Das häufigste Mittel ist eine Art Barriere. Ein Stück Seide oder ein Schwämmchen, das du in Flüssigkeit tränkst – alles von Essig bis Brandy, obwohl Gänsefingerkrautessenz oder Zedernöl am besten wirken sollen. Ich habe davon gehört, dass die Frauen auf den Westindischen Inseln eine halbe Zitrone benutzen, aber diese Möglichkeit besteht hier ja wohl nicht.«

Sie lachte kurz auf.

»Nein, da hast du Recht. Ich glaube aber auch nicht, dass das Gänsefingerkraut besonders gut funktioniert – das hat Marsali benutzt, als sie mit Joan schwanger geworden ist.«

»Oh, hat sie das? Ich dachte, sie hat sich möglicherweise einmal die Mühe gespart – und einmal reicht schließlich schon.«

Ich spürte ihr Erstarren mehr, als dass ich es sah, und biss mir erneut auf die Lippe, diesmal aus Bestürzung. Einmal hatte gereicht – nur wussten wir nicht, welches eine Mal. Doch sie zog die Schultern hoch und ließ sie wieder sinken, um die Erinnerungen zu verdrängen, die meine gedankenlose Bemerkung geweckt hatte.

»Sie sagt, sie hat es benutzt – es aber vielleicht vergessen. Es wirkt aber nicht immer, oder?«

Ich schlang mir die Tasche mit den sterilisierten Bandagen und getrockneten Kräutern über die Schulter und ergriff die Medizintruhe an dem Lederriemen, den Jamie daran befestigt hatte.

»Das Einzige, was immer wirkt, ist Abstinenz«, sagte ich. »Ich nehme aber an, das ist im vorliegenden Fall keine zufrieden stellende Lösung, oder?«

Sie schüttelte den Kopf, den Blick nachdenklich auf eine Gruppe junger Männer gerichtet, die jenseits der Bäume reihum Steine über den Bach warfen.

»Das hatte ich befürchtet«, sagte sie und bückte sich, um den Klapptisch und zwei Hocker aufzuheben.

Ich sah mich auf der Lichtung um und überlegte. Sonst noch etwas? Das unbeaufsichtigte Lagerfeuer war kein Problem, ganz gleich, ob Lizzie einschlief; bei diesem Wetter würde auf dem Berg nichts brennen. Selbst das Zündmaterial und das Brennholz, das wir Tags zuvor in unserem Unterschlupf gelagert hatten, war feucht. Irgendetwas fehlte aber noch, was …? Oh, ja. Ich stellte die Truhe noch einmal ab und ließ mich auf die Knie nieder, um in das Zelt zu kriechen. Ich kramte in den zerwühlten Bettdecken herum und kam schließlich mit meinem kleinen, ledernen Medizinbeutel wieder zum Vorschein.

Ich richtete ein kurzes Gebet an St. Bride und hängte ihn ihr um den Hals, um ihn dann im Leibchen meines Kleides verschwinden zu lassen. Ich hatte mir so sehr angewöhnt, das Amulett zu tragen, wenn ich aufbrach, um zu praktizieren, dass ich mir bei diesem kleinen Ritual fast nicht mehr lächerlich vorkam – fast. Brianna beobachtete mich mit einem sehr merkwürdigen Gesichtsausdruck, doch sie sagte nichts.

Ich schwieg ebenfalls, ergriff meine Sachen und folgte ihr über die Lichtung, wobei ich sorgfältig einen Bogen um die schlammigsten Stellen machte. Momentan regnete es zwar nicht, doch die Wolken hingen dicht über den Baumwipfeln und verhießen jede Minute Nachschub. Nebelschwaden stiegen von umgestürzten Baumstämmen und triefenden Büschen auf.

Warum machte sich Brianna Sorgen um Verhütung?, fragte ich mich. Nicht, dass ich das nicht vernünftig fand, aber warum gerade jetzt? Vielleicht hatte es mit ihrer bevorstehenden Hochzeit mit Roger zu tun. Selbst wenn sie während der vergangenen Monate wie Mann und Frau zusammen gelebt hatten – und das hatten sie –, war die Formalität der vor Gott und den Menschen gesprochenen Gelübde angetan, auch den leichtfertigsten, jungen Menschen zu ernüchtern. Und weder Brianna noch Roger waren leichtfertig.

»Es gibt noch eine andere Möglichkeit«, sagte ich zu ihr, während ich ihr auf dem schlüpfrigen Pfad folgte. »Ich habe sie noch nie bei jemandem ausprobiert, deshalb kann ich nichts über ihre Verlässlichkeit sagen. Nayawenne – die alte Tuscarorafrau, von der ich den Medizinbeutel habe –, sie hat gesagt, es gäbe ›Frauenkräuter‹. Verschiedene Mixturen für verschiedene Zwecke, aber eine Pflanze insbesondere für diesen; sie hat gesagt, die Samen verhindern, dass der Geist des Mannes den der Frau überwältigt.«

Brianna blieb stehen und wandte sich halb um, während ich zu ihr aufschloss.

»Ist das das Verständnis der Indianer von Schwangerschaft?« Ihr Mundwinkel kräuselte sich ironisch. »Der Mann gewinnt?«

Ich lachte.

»Na ja, in gewisser Hinsicht. Wenn der Geist der Frau zu stark für den des Mannes ist oder sich ihm nicht unterwirft, kann sie nicht empfangen. Wenn sich eine Frau also ein Kind wünscht und keins bekommen kann, behandelt der shaman meistens ihren Mann oder sie beide, nicht nur sie.«

Sie räusperte sich leise, teils belustigt – aber nur teils.

»Was für eine Pflanze ist es – das Frauenkraut?«, fragte sie. »Kennst du sie?«

»Ich bin mir nicht ganz sicher«, räumte ich ein. »Zumindest jedenfalls, was den Namen angeht. Sie hat sie mir gezeigt, sowohl die Pflanze in freier Wildbahn als auch die getrockneten Samen, und ich denke, dass ich sie wieder erkennen würde – aber ich kenne keinen englischen Namen für diese Pflanze. Sie gehört aber zur Familie der Umbelliferae«, fügte ich hilfreicherweise hinzu.