Sie warf mir einen strengen Blick zu, der mich erneut an Jamie erinnerte, und drehte sich dann zur Seite, um eine kleine Gruppe weiblicher Campbells vorbeizulassen, die mit leeren Kesseln und Töpfen klapperten. Eine nach der anderen nickten sie höflich oder verbeugten sich, als sie uns auf ihrem Weg hinunter zum Bach passierten.
»Guten Tag, Mistress Fraser«, sagte eine von ihnen, eine adrette, junge Frau, in der ich eine von Farquard Campbells jüngeren Töchtern erkannte. »Ist Euer Mann in der Nähe? Mein Vater sagt, er würde gern ein Wort mit ihm wechseln.«
»Nein, er ist leider unterwegs.« Ich machte eine vage Handbewegung; Jamie konnte überall sein. »Aber ich sage es ihm, wenn ich ihn sehe.«
Sie nickte und ging weiter. Die Frauen, die ihr folgten, blieben einzeln stehen und wünschten Brianna Glück an ihrem Hochzeitstag. Ihre Wollröcke und Umhänge lösten kleine Regenschauer von den Lorbeerbüschen, die an dieser Stelle den Weg säumten.
Brianna nahm ihre Glückwünsche freundlich entgegen, doch ich sah die kleine Falte, die sich zwischen ihren dichten, roten Augenbrauen bildete. Irgendetwas beschäftigte sie, daran gab es keinen Zweifel.
»Was?«, sagte ich unverblümt, sobald die Campbells außer Hörweite waren.
»Was heißt das, was?«, sagte sie erschrocken.
»Worüber machst du dir Sorgen?«, fragte ich. »Und sag nicht ›nichts‹, weil ich es genau sehe. Hat es mit Roger zu tun? Hast du Zweifel wegen der Hochzeit?«
»Eigentlich nicht«, sagte sie und machte ein argwöhnisches Gesicht. »Ich möchte Roger heiraten, ich meine – das ist in Ordnung. Es ist nur … mir ist nur … gerade … ein Gedanke gekommen …« Sie verstummte, und ihre Wangen liefen langsam rot an.
»Oh?«, fragte ich alarmiert. »Und zwar?«
»Geschlechtskrankheit«, platzte sie heraus. »Was, wenn ich eine habe? Nicht Roger, nicht er, sondern – von Stephen Bonnet?«
Ihr Gesicht glühte so rot, dass es mich überraschte, die Regentropfen nicht beim Auftreffen auf ihrer Haut verdampfen zu sehen. Mein Gesicht dagegen fühlte sich kalt an, mein Herz schlug beklommen in meiner Brust. Diese Möglichkeit war mir damals – lebhaft – in den Sinn gekommen, aber ich hatte einen solchen Verdacht gar nicht erst äußern wollen, solange sie nicht selbst darauf kam. Ich erinnerte mich gut an jene Wochen, in denen ich sie unauffällig auf Krankheitssymptome hin beobachtet hatte – doch Frauen zeigten im frühen Infektionsstadium oft keine Symptome. Ich war in mehr als einer Hinsicht erleichtert gewesen, als Jemmy gesund zur Welt kam.
»Oh«, sagte ich leise. Ich streckte die Hand aus und drückte ihr den Arm. »Keine Sorge, Schatz. Das hast du nicht.«
Sie holte tief Luft und stieß dann ein bleiches Atemwölkchen aus. Ihre Schultern entspannten sich ein wenig.
»Bist du sicher?«, sagte sie. »Kannst du das genau sagen? Es geht mir zwar gut, aber ich dachte – Frauen haben doch nicht immer Symptome.«
»Nein«, sagte ich sehr trocken, »aber Männer haben sie eindeutig. Und wenn Roger sich bei dir etwas gefangen hätte, hätte ich längst davon gehört.«
Ihre Gesichtsfarbe hatte sich ein wenig normalisiert, doch bei diesen Worten kehrte die Röte zurück. Sie hustete, und ihr Atem stieg als Nebelwölkchen auf.
»Nun, da bin ich aber erleichtert. Also ist mit Jemmy alles in Ordnung? Ganz sicher?«
»Absolut«, versicherte ich ihr. Ich hatte ihm bei der Geburt Silbernitrat – das ich unter beträchtlichen Mühen und Kosten besorgt hatte – in die Augen geträufelt, nur für alle Fälle, aber ich war mir wirklich sicher. Abgesehen davon, dass er keinerlei spezifische Krankheitszeichen an den Tag legte, strahlte Jemmy eine derart robuste Gesundheit aus, dass der bloße Gedanke an eine Infektion kaum zu glauben war. Er verbreitete Wohlbefinden wie ein Kessel Eintopf.
»Ist das der Grund, warum du nach Verhütungsmöglichkeiten gefragt hast?«, fragte ich und winkte grüßend, als wir an der Lagerstelle der MacRaes vorbeikamen. »Du hast dir Sorgen wegen weiterer Kinder gemacht, falls …?«
»Oh. Nein. Ich meine – der Gedanke an Geschlechtskrankheiten war mir noch gar nicht gekommen, bis du die Syphilis erwähnt hast, und dann ist mir die fürchterliche Erkenntnis gekommen – dass er vielleicht …« Sie hielt inne und räusperte sich. »Äh, nein. Ich wollte es einfach nur wissen.«
Eine glatte Stelle auf dem Pfad gebot in diesem Moment zwar dem Gespräch Einhalt, nicht aber meinen Spekulationen.
Nicht, dass der Gedanke an Verhütung bei einer jungen Braut nicht nahe lag – aber angesichts der Umstände … was war es nur?, fragte ich mich. Angst um sie selbst oder um ein weiteres Baby? Jede Geburt stellte natürlich eine Gefahr dar – und jemand, der die Patienten in meiner Sprechstunde gesehen oder abends die Gespräche der Frauen an den Lagerfeuern gehört hatte, konnte sich in Bezug auf die Gefahren, die Säuglingen und Kindern drohten, keinen Illusionen hingeben. Kaum eine Familie, die nicht mindestens ein Kind durch Fieber, Diphtherie oder unkontrollierbare Durchfälle verloren hatte. Viele Frauen hatten drei, vier oder mehr Babys verloren. Abel MacLennans Geschichte kam mir wieder in den Sinn, und ein kleiner Schauer lief mir über den Rücken.
Dennoch. Brianna war kerngesund, und während uns zwar so wichtige Dinge wie Antibiotika und Apparatemedizin fehlten, hatte ich ihr geraten, die Wirkung schlichter Hygiene und gesunder Ernährung nicht zu unterschätzen.
Nein, dachte ich und beobachtete ihren kräftigen, geschwungenen Rücken, als sie jetzt die schwere Ausrüstung über eine Wurzel hob, die den Weg versperrte. Das war es nicht. Sie mochte zwar durchaus Grund zur Besorgnis haben, aber im Grunde war sie kein ängstlicher Mensch.
Roger? Oberflächlich betrachtet war es wohl das Beste, wenn sie schnell wieder schwanger wurde, mit einem Kind, das definitiv von Roger war. Das würde mit Sicherheit helfen, ihre Ehe auf gesunde Füße zu stellen. Andererseits … was, wenn sie es tat? Roger würde überglücklich sein – doch was wurde dann aus Jemmy?
Roger hatte einen Bluteid geschworen und Jemmy an Sohnes statt angenommen. Doch die menschliche Natur war nun einmal die menschliche Natur, und ich war mir zwar sicher, dass Roger Jemmy nie im Stich lassen oder vernachlässigen würde, doch es war gut möglich, dass er andere – und zwar sichtlich andere – Gefühle für ein Kind hegen würde, von dem er wusste, dass es seines war. Würde Brianna das riskieren?
Wenn ich es recht bedachte, fand ich es klug, wenn sie wartete – falls sie das konnte. Wenn sie Roger Zeit ließ, sein Band mit Jemmy zu verstärken, bevor sich ihr Familienleben durch ein weiteres Kind verkomplizierte. Ja, sehr vernünftig – und Brianna war eine ausgesprochen vernünftige Person.
Erst als wir endlich die Lichtung erreichten, auf der die morgendliche Sprechstunde abgehalten wurde, kam mir noch eine andere Möglichkeit in den Sinn.
»Können wir Euch helfen, Missus Fraser?«
Zwei der kleineren Chisholm-Jungen eilten uns zu Hilfe. Sie nahmen mir und Brianna unsere schweren Lasten ab und begannen ohne besondere Aufforderung sofort damit, die Tische aufzuklappen, frisches Wasser zu holen, ein Feuer zu entfachen und sich allgemein nützlich zu machen. Sie waren gerade erst acht und zehn, und während ich ihnen bei der Arbeit zusah, realisierte ich erneut, dass in dieser Zeit ein Junge von zwölf oder vierzehn Jahren im Prinzip ein Erwachsener sein konnte.
Das wusste auch Brianna. Sie würde Jemmy nie verlassen, das wusste ich – nicht, solange er sie brauchte. Aber … später? Was mochte geschehen, wenn er sie verließ?
Ich öffnete meine Truhe und begann langsam, die Materialien auszubreiten, die ich für meine Arbeit brauchte: Schere, Sonde, Zange, Alkohol, Skalpell, Verbandsmaterial, Zahnextraktor, chirurgische Nähhaken, Einreibungen, Salben, Spülungen, Einläufe …
Brianna war dreiundzwanzig. Wenn Jemmy flügge wurde, würde sie wahrscheinlich erst Mitte Dreißig sein. Und wenn er ihre Zuwendung nicht länger brauchte – würde sie vielleicht zurückkehren. Zurück in ihre eigene Zeit, in Sicherheit – in das unterbrochene Leben, für das sie eigentlich geboren war.