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»Noch schlimmer.« Ihre Lippen zitterten; sie presste sie fest zusammen, um das Zittern zu unterdrücken, dann öffnete sie sie gerade weit genug, um die Wahrheit entschlüpfen zu lassen. »Er ist in dem Glauben, dass Jemmy von ihm ist.«

Sie war nicht dazu zu bewegen, sich wieder mit ihm hinzusetzen, also zog er ihren Arm fest durch den seinen und zwang sie, mit ihm zu gehen, durch den Regen und über das Geröll, vorbei am rauschenden Bach und den sich wiegenden Bäumen, bis die Bewegung sie so weit beruhigte, dass sie reden konnte, ihm von den Tagen erzählen konnte, die sie allein in River Run verbracht hatte, eine Gefangene ihrer Schwangerschaft. Von Lord John Grey, dem Freund ihres Vaters und dem ihren; davon, wie sie Lord John ihre Ängste und Sorgen anvertraut hatte.

»Ich hatte Angst, ihr wärt umgekommen. Ihr alle – Mama, Pa, du.« Ihre Kapuze war heruntergerutscht, und sie machte keine Anstalten, sie wieder aufzusetzen. Das rote Haar hing ihr in triefenden Rattenschwänzen über die Schultern, und Wassertröpfchen klebten an ihren dichten, roten Augenbrauen.

»Das Letzte, was Pa zu mir gesagt hat – er hat es nicht einmal gesagt, sondern aufgeschrieben – er musste es aufschreiben, weil ich mich geweigert habe, mit ihm zu sprechen …« Sie schluckte und fuhr sich mit der Hand über die Nase, um einen Tropfen abzuwischen, der daran hing. »Er hat gesagt, ich müsste einen Weg finden, ihm zu vergeben. B-Bonnet.«

»Was zu tun?« Sie zog sacht an ihrem Arm, und er begriff, wie fest er seine Finger in ihre Haut gegraben hatte. Er lockerte seinen Griff mit einer leisen, geknurrten Entschuldigung, die sie mit einem knappen Kopfnicken akzeptierte.

»Er kannte das Gefühl«, sagte sie und hielt inne. Sie wandte sich ihm vollständig zu, denn jetzt hatte sie ihre Gefühle wieder unter Kontrolle. »Du weißt, was ihm passiert ist – in Wentworth.«

Roger nickte kurz und verlegen. Eigentlich hatte er keine klare Vorstellung davon, was Jamie Fraser angetan worden war – und er hegte auch nicht den Wunsch, mehr darüber zu erfahren. Doch er hatte die Narben auf Frasers Rücken gesehen, und er wusste aus Claires spärlichen Erzählungen, dass diese jetzt nur noch ein Schatten ihres damaligen Aussehens waren.

»Er wusste Bescheid«, sagte sie mit klarer Stimme. »Und er hat gewusst, was am besten für mich war. Er hat mir gesagt – wenn ich wieder … gesund … werden wollte, müsste ich einen Weg finden, Stephen Bonnet zu vergeben. Also habe ich das getan.«

Er hielt Briannas Hand so fest in der seinen, dass er die leichte Bewegung ihrer Knochen spürte. Sie hatte ihm nicht davon erzählt, er hatte nicht danach gefragt. Der Name Stephen Bonnet war zwischen ihnen nie gefallen, nicht bis jetzt.

»Also hast du das getan.« Seine Stimme klang schroff, und er musste sich unterbrechen, um sich zu räuspern. »Dann hast du ihn gefunden? Du hast mit ihm gesprochen?«

Sie strich sich das feuchte Haar aus dem Gesicht und nickte. Grey war zu ihr gekommen und hatte ihr gesagt, dass man Bonnet festgenommen und abgeurteilt hatte. Während er auf den Transport zu seiner Hinrichtung nach Wilmington wartete, hatte man ihn im Keller unter dem Lagerhaus der Krone in Cross Creek eingesperrt. Dort hatte sie ihn aufgesucht und ihm etwas gebracht, wovon sie hoffte, dass es die Absolution war – für Bonnet, für sie selbst.

»Ich war hochschwanger.« Mit der Hand zeichnete sie den Kugelbauch ihrer fortgeschrittenen Schwangerschaft vor sich in die Luft. »Ich habe ihm gesagt, das Baby sei von ihm; er hatte den Tod vor Augen, vielleicht hätte es ihn ja getröstet – der Gedanke, dass … etwas von ihm bleiben würde.«

Roger wurde von einer Eifersucht gepackt, die ihn so abrupt überkam, dass er im ersten Moment glaubte, echte, körperliche Schmerzen zu haben. Dass etwas bleiben würde, dachte er. Etwas von ihm. Und was ist mit mir? Wenn ich morgen sterbe – und das ist gar nicht so abwegig, Mädchen! Das Leben hier ist für mich genauso eine Gratwanderung wie für dich – was bleibt dann von mir, kannst du mir das sagen?

Es war besser, wenn er nicht weiter fragte, das wusste er. Er hatte sich geschworen, den Gedanken, dass Jemmy nicht von ihm sein könnte, nie laut auszusprechen, niemals. Wenn die Ehe zwischen ihnen galt, dann war Jemmy das Kind dieser Ehe, ganz gleich, unter welchen Umständen er entstanden war. Und doch spürte er die Worte hervorsprudeln wie ätzende Säure.

»Also warst du dir sicher, dass das Kind von ihm war?«

Sie blieb stehen und sah ihn mit vor Schreck geweiteten Augen an.

»Nein. Nein, natürlich nicht! Wenn ich das wäre, hätte ich es dir gesagt!«

Das Brennen in seiner Brust ließ ein wenig nach.

»Oh. Aber ihm hast du gesagt, es wäre so – du hast ihm nicht gesagt, dass es nicht ganz sicher war?«

»Er stand kurz vor seiner Hinrichtung! Ich wollte ihm Trost spenden, nicht meine Lebensgeschichte erzählen! Er brauchte nichts von dir zu wissen, unsere Hochzeitsnacht ging ihn nichts an, und – verdammt, Roger!« Sie trat ihm vors Schienbein.

Er schwankte unter der Kraft des Trittes, doch er packte ihren Arm und hinderte sie am Weglaufen.

»Es tut mir leid!«, sagte er, bevor sie ihn noch einmal treten oder ihn beißen konnte, denn sie sah so aus, als hätte sie das vor. »Es tut mir leid. Du hast Recht, es ging ihn nichts an – und es steht mir auch nicht zu, deine Erinnerung daran wieder zu wecken.«

Sie atmete tief durch die Nase ein wie ein Drache, der im Begriff war, ihn zu Asche zu verkohlen. Das wütende Funkeln in ihren Augen ließ ein wenig nach, obwohl ihre Wangen immer noch glühten. Sie schüttelte seine Hand ab, lief aber nicht davon.

»Doch, das tut es«, sagte sie. Sie warf ihm einen finsteren, stumpfen Blick zu. »Du hast gesagt, wir dürften keine Geheimnisse voreinander haben, und damit hattest du Recht. Aber manchmal verbirgt sich hinter einem Geheimnis ein weiteres Geheimnis, nicht wahr?«

»Ja. Aber es ist nicht – ich habe nicht gemeint –«

Bevor er weiter sprechen konnte, unterbrach ihn das Geräusch von Schritten und Stimmen. Vier Männer, die sich beiläufig auf Gälisch unterhielten, traten aus dem Nebel. Sie hatten angespitzte Stöcke und Netze dabei und waren barfuß und nass bis zu den Knien. Frisch gefangene, an Schnüren aufgereihte Fische glänzten stumpf im regnerischen Tageslicht.

»A Smeòraich!« Einer der Männer blinzelte unter der klitschnassen Krempe seines Schlapphutes hervor und brach in ein breites Grinsen aus, als sein Blick zielsicher auf ihren unordentlichen Zustand fiel. »Tatsächlich, es ist die Singdrossel! Und die Tochter des Roten ist auch dabei? Was denn, könnt Ihr Euch nicht bis zur Dunkelheit zurückhalten?«

»Es ist sicher schöner, verbotene Früchte zu naschen als den Segen eines verschrumpelten Priesters abzuwarten.« Der zweite Mann schob sich sein Barett aus der Stirn und fasste sich kurz an den Schritt, um zu verdeutlichen, was genau er mit »verschrumpelt« meinte.

»Ach, nein«, sagte der Dritte und wischte sich die Tropfen von der Nase, während er Brianna betrachtete, die ihren Umhang fest um sich gezogen hatte. »Er will ihr nur ein kleines Hochzeitsständchen bringen, nicht wahr?«

»Oh, ich kenne auch die Verse«, sagte sein Begleiter und grinste so breit, dass man sehen konnte, dass ihm ein Backenzahn fehlte. »Aber ich kann sie noch viel schöner singen!«

Briannas Wangen hatten erneut zu glühen begonnen; ihr Gälisch war zwar weniger fließend als Rogers, aber sie konnte die groben Neckereien ohne Schwierigkeiten verstehen. Roger stellte sich vor sie und schirmte sie mit seinem Körper ab. Aber die Männer führten nichts Böses im Schilde; sie grinsten und kniffen anerkennend die Augen zu, machten aber keine weiteren Bemerkungen. Der erste Mann nahm seinen Hut ab und schlug ihn gegen seinen Oberschenkel, um das Wasser abzuschütteln, dann kam er zur Sache.