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Ich suchte bereits hastig nach einem trockenen Lappen, um den Drahtgriff des Kessels anfassen zu können, doch es waren nur triefende Windeln und nasse Strümpfe zu finden. Doch ein Kessel war schwer zu ersetzen, und ich hatte nicht vor, ihn zu opfern. Ich wickelte mir eine Rockfalte um die Hand und riss den Kessel von den Flammen. Die Hitze schoss wie ein Blitz durch den feuchten Stoff, und ich ließ ihn fallen.

»Merde!«, imitierte Germain mich fröhlich.

»In der Tat«, sagte ich und saugte an meinem verbrannten Daumen. Der Kessel lag zischend und qualmend im nassen Laub, und ich versetzte ihm einen Tritt, der ihn in eine Schlammpfütze rollen ließ.

»Merde, merde, merde, merde«, sang Germain zur Melodie von »Ringel, rangel, Rose …« – eine Demonstration musikalischer Frühreife, die unter den gegebenen Umständen leider wenig Beifall fand.

»Halt jetzt endlich den Mund, Kleiner«, sagte ich.

Er dachte gar nicht daran. Jemmy stimmte in Joans Gebrüll ein, Lizzie – die aufgrund der widerstrebenden Trennung von ihrem Privatgefreiten Ogilvie einen Rückfall erlitten hatte – fing unter ihrem Busch zu stöhnen an, und es begann zu hageln. Kleine, weiße Eiskörner tanzten auf dem Boden und prallten stechend von meiner Kopfhaut ab. Ich zog die nasse Morgenhaube von einem Ast und setzte sie mir auf, worauf ich mir vorkam wie eine extrem gereizte Kröte unter einem besonders unansehnlichen Pilz. Jetzt fehlten nur noch die Warzen, dachte ich.

Der Hagel war nur von kurzer Dauer. Doch als das Rauschen und Prasseln nachließ, kam das Knirschen schlammiger Schuhe den Pfad entlang. Jamie mit Vater Kenneth im Schlepptau, beide mit verkrustetem Hagel auf Haar und Schultern.

»Ich habe den guten Vater zum Tee mitgebracht«, sagte er und sah sich strahlend auf der Lichtung um.

»Nein, das hast du nicht«, sagte ich unheilvoll. Und wenn er dachte, ich hätte die Sache mit Stephen Bonnet vergessen, irrte er sich ebenfalls.

Als er meinen Tonfall hörte, drehte er sich um und fuhr beim Anblick meiner Morgenhaube in übertriebenem Entsetzen zurück.

»Bist du das, Sassenach?«, fragte er in gespieltem Schrecken und tat so, als beugte er sich vor, um unter die tief hängenden Rüschen der Haube zu linsen. Angesichts der Gegenwart des Priesters verzichtete ich darauf, Jamie einen Tritt vor eine empfindliche Stelle zu versetzen und begnügte mich stattdessen mit dem Versuch, ihn mit meinen Blicken á la Medusa zu versteinern.

Anscheinend bemerkte er das jedoch nicht, denn er wurde von Germain abgelenkt, der jetzt in kleinen Kreisen herumtanzte und zur Melodie von »Row, Row, Row your boat« Thema und Variationen meines französischen Ausdrucks sang. Vater Donahue wurde leuchtend rosa vor Anstrengung, sich den Anschein zu geben, als verstünde er kein Französisch.

»Tais-toi, sot«, sagte Jamie und griff in seinen Sporran. Er sagte es ausgesprochen liebenswürdig, jedoch mit dem Tonfall eines Menschen, der unbedingten Gehorsam erwartet. Germain hielt abrupt inne. Sein Mund stand offen, und Jamie steckte ihm prompt ein Bonbon hinein. Germain schloss den Mund und begann, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Sein Lied war vergessen.

Ich griff nach dem Kessel, wobei ich erneut eine Hand voll meines Rocksaums als Topflappen benutzte. Jamie bückte sich, hob einen kräftigen Ast auf und nahm mir damit den Griff des Kessels sauber aus der Hand.

»Voilà!«, sagte er und hielt ihn mir entgegen.

»Merci«, sagte ich mit einem ausgeprägten Mangel an Dankbarkeit. Trotzdem nahm ich den Ast entgegen und machte mich zum nächsten Rinnsal auf. Den rauchenden Kessel trug ich wie eine Lanze vor mir her.

Als ich einen steinigen Teich erreichte, ließ ich den Kessel scheppernd fallen, riss mir die Morgenhaube vom Kopf – es hatte jetzt ganz aufgehört zu hageln –, schleuderte sie in ein Riedbüschel und trampelte darauf herum. Ich hinterließ einen großen, schlammigen Fußabdruck auf dem Leinen.

»Ich wollte damit nicht sagen, dass sie dir nicht steht, Sassenach«, sagte eine belustigte Stimme hinter mir.

Ich sah ihn kalt und mit hochgezogener Augenbraue an.

»Du wolltest aber auch nicht etwa sagen, dass sie mir steht, oder?«

»Nein. Du siehst damit aus wie ein Giftpilz. So ist es besser«, versicherte er mir.

Er zog mich an sich und neigte den Kopf, um mich zu küssen.

»Nicht, dass ich den Gedanken nicht zu schätzen wüsste«, sagte ich, und mein Tonfall ließ ihn wenige Millimeter von meinem Mund entfernt inne halten. »Aber einen Zentimeter weiter, und ich glaube, ich beiße dir ein Stück von deiner Lippe ab.«

Mit den Bewegungen eines Mannes, der gerade festgestellt hat, dass der Stein, den er achtlos aufgehoben hat, in Wirklichkeit ein Wespennest ist, richtete er sich gerade auf und entfernte ganz, ganz langsam die Hände von meiner Taille.

»Oh«, sagte er. Er legte den Kopf zur Seite und betrachtete mich mit geschürzten Lippen. »Du siehst tatsächlich ein bisschen erledigt aus, Sassenach.«

Das stimmte zwar zweifelsohne, doch es von Jamie bestätigt zu hören, gab mir das Gefühl, in Tränen ausbrechen zu müssen. Offensichtlich war mir das anzusehen, denn er nahm mich – ganz sanft – bei der Hand und führte mich zu einem großen Felsen.

»Setz dich«, sagte er. »Mach die Augen zu, a nighean donn. Ruh dich ein paar Minuten aus.«

Ich blieb mit geschlossenen Augen und hängenden Schultern sitzen. Schwappendes Wasser und gedämpftes Scheppern kündeten davon, dass er den Kessel säuberte und füllte.

Er stellte den vollen Kessel mit einem leisen Klank zu meinen Füßen ab und ließ sich dann daneben im Laub nieder, wo er schweigend sitzen blieb. Ich konnte das schwache Seufzen seines Atems und gelegentliches Schniefen und Rascheln hören, wenn er sich seine tropfende Nase am Ärmel abwischte.

»Es tut mir leid«, sagte ich schließlich und schlug die Augen auf.

Er drehte sich halb lächelnd um und sah mich an.

»Was denn, Sassenach? Es ist ja nicht so, als hättest du dich geweigert, mein Bett zu teilen – zumindest hoffe ich, dass es so weit dann doch noch nicht ist.«

»Nein«, sagte ich reumütig. »Nachdem ich zwei Wochen auf dem Boden geschlafen habe, würde ich jedes Bett teilen.« Bei diesen Worten schossen seine Augenbrauen in die Höhe, und ich lachte überrumpelt.

»Nein«, sagte ich noch einmal. »Ich bin einfach nur … erledigt.« In meinem Unterleib verkrampfte sich etwas, und es folgte ein anhaltender Schmerz. Ich verzog das Gesicht und presste meine Hand auf die Stelle.

»Oh!«, sagte er wieder, denn plötzlich verstand er. »Diese Sorte von erledigt.«

»Diese Sorte von erledigt«, pflichtete ich ihm trocken bei. Ich stieß den Kessel mit dem Zeh an. »Ich bringe ihn besser zurück; ich brauche kochendes Wasser, damit ich meine Weidenrinde ziehen lassen kann. Das dauert ziemlich lange.« So war es; es dauerte über eine Stunde, und bis dahin würden sich die Krämpfe heftig verschlimmert haben.

»Zum Teufel mit deiner Weidenrinde«, sagte er und brachte aus den Tiefen seines Hemdes eine silberne Feldflasche zum Vorschein. »Versuch’s mal hiermit. Zumindest brauchst du es nicht erst zu kochen.«

Ich drehte den Stopfen heraus und atmete ein. Whisky, noch dazu sehr guter Whisky.

»Ich liebe dich«, sagte ich aufrichtig, und er lachte.

»Ich liebe dich auch, Sassenach«, sagte er und berührte sanft meinen Fuß.

Ich trank einen Schluck und ließ ihn mir tröpfchenweise durch die Kehle rinnen. Er sickerte angenehm über meine Schleimhäute, stieß dann auf Grund und stieg in einer plötzlichen, bernsteinfarbenen Rauchwolke wieder auf, die all meine Ritzen füllte und sich langsam und lindernd um die Quelle meines Leidens legte.

»Ooooooh«, seufzte ich und nahm noch einen Schluck. Ich schloss die Augen, um ihn besser zu genießen. Ein irischer Bekannter hatte mir einmal versichert, dass wirklich guter Whisky Tote erwecken könnte. Ich sah keinen Grund, ihm zu widersprechen.