»Sogar schon länger, Mr. Fraser«, erwiderte die Dame mit einer gewissen, grimmigen Genugtuung. »Ein vernünftiges Barbecue fängt man schon am Vortag an und kümmert sich die ganze Nacht darum. Ich bin schon seit gestern Nachmittag mit diesen Schweinen zugange.« Sie atmete den aufsteigenden Rauch tief ein und legte dabei einen seligen Gesichtsausdruck an den Tag.
»Ah, so muss es sein! Nicht, dass so eine gute Sauce an Euch verrohte Schotten nicht verschwendet wäre«, sagte Rosamund und legte dabei das Juteleinen wieder auf, das sie zärtlich zurechtzupfte. »Habt Eure ganzen Zungen ja schon in Euren ewigen Essig eingelegt, den Ihr über Euer Essen schüttet. Ich kann Kenny ja nur mit Mühe davon abhalten, ihn sich morgens über sein Brot und seinen Porridge zu gießen.«
Jamie übertönte Ronnies aufgebrachte Antwort auf diese Spitze mit einer lauten Frage.
»Und war es Kenny, der die Schweine für Euch gejagt hat, Mistress? Wildschweine haben einen unberechenbaren Charakter; es muss doch gefährlich sein, Tiere von dieser Größe zu jagen. Wie die Wildschweine, die wir in Schottland gejagt haben, aye?«
»Ha.« Rosamund warf einen Blick voll gutmütigem Spott auf den Berghang, wo ihr Mann – der ungefähr halb so groß war wie sie – sich wahrscheinlich gerade weniger strapaziösen Beschäftigungen widmete. »Nein, Mr. Fraser, ich habe sie alle selbst erlegt. Mit dieser Axt«, fügte sie betont hinzu, wobei sie kopfnickend auf das fragliche Werkzeug wies und Ronnie dann mit unheilvoll zusammengekniffenen Augen ansah. »Habe ihnen mit einem Schlag den Schädel eingeschlagen, o ja.«
Ronnie, der nicht besonders schnell von Begriff war, verstand ihre Anspielung nicht.
»Es sind diese Tomatenfrüchte, die sie benutzt, Mac Dubh«, zischte er. Er zupfte an Jamies Ärmel und zeigte auf die rotverkrustete Schüssel. »Teufelsäpfel! Sie wird uns alle vergiften!«
»Oh, das glaube ich nicht, Ronnie.« Jamie packte Ronnies Arm mit festem Griff und lächelte Rosamund freundlich zu. »Ich nehme an, Ihr wollt das Fleisch verkaufen, oder, Mrs. Lindsay? Es wäre doch ein dummer Kaufmann, der seine Kunden umbringt, aye?«
»Bis jetzt habe ich noch keinen verloren, Mr. Fraser«, pflichtete Rosamund ihm bei, während sie ein anderes Jutestück zurückschlug und sich vorbeugte, um mit einem hölzernen Schöpflöffel Sauce über eine dampfende Haxe zu träufeln. »Und ich habe auch noch nie etwas anderes als Komplimente über den Geschmack gehört«, sagte sie, »obwohl das natürlich in Boston war, wo ich herkomme.«
Wo die Leute ihren Verstand beieinanderhaben, implizierte ihr Tonfall unzweifelhaft.
»Als ich das letzte Mal in Charlotteville war, bin ich einem Mann aus Boston begegnet«, sagte Ronnie, der seine fuchsroten Brauen missbilligend zusammengezogen hatte. Er zog an seinem Arm und versuchte, ihn aus Jamies Griff zu befreien, jedoch ohne Erfolg. »Er hat zu mir gesagt, er äße für gewöhnlich Bohnen zum Frühstück und Austern zur Nacht, und das jeden Tag seit seiner Kindheit. Ein Wunder, dass er noch nicht geplatzt war wie eine Schweineblase, vollgestopft mit solchem Dreck!«
»Jedes Böhnchen gibt ein Tönchen«, sagte ich fröhlich und packte die Gelegenheit beim Schopfe. »Je mehr man isst, je mehr man furzt. Je mehr man furzt, je gesünder das Mahl – drum sind Bohnen unsere Wahl!«
Ronnie klappte der Mund genauso auf wie Mrs. Lindsay. Jamie brüllte vor Lachen, und auch Mrs. Lindsays erstaunter Blick löste sich in lautes Gelächter auf. Einen Augenblick später fiel auch Ronnie zögernd ein, und ein kleines Grinsen kräuselte seinen Mundwinkel.
»Ich habe eine Zeit lang in Boston gelebt«, sagte ich freundlich, als die allgemeine Belustigung dann ein wenig nachließ. »Mrs. Lindsay, das riecht wunderbar!«
Rosamund nickte würdevoll und zufrieden.
»Ja, das tut es, Ma’am, wenn ich das sagen darf.« Sie beugte sich zu mir herüber und senkte die schrille Lautstärke ihrer Stimme zumindest ein wenig. »Das liegt an meinem Geheimrezept«, sagte sie und tätschelte die Keramikschüssel voller Besitzerstolz. »Unterstreicht den Geschmack, versteht Ihr?«
Ronnies Mund öffnete sich, doch es drang nur ein kurzes Jaulen heraus, offensichtlich weil Jamies Hand ihren Griff um seinen Bizeps verstärkte. Rosamund ignorierte das und begann ein freundliches Gespräch mit Jamie, das damit endete, dass sie sich einverstanden erklärte, ein ganzes Schwein für das Hochzeitsfest zu reservieren.
Als ich das hörte, sah ich Jamie an. Angesichts der Tatsache, dass Vater Kenneth sich derzeit wohl entweder auf dem Rückweg nach Baltimore oder unterwegs in das Gefängnis von Edenton befand, hegte ich gewisse Zweifel daran, ob heute Abend überhaupt irgendwelche Hochzeiten stattfinden würden.
Andererseits hatte ich auch gelernt, Jamie niemals zu unterschätzen. Mit einem abschließenden Kompliment an Mrs. Lindsay zerrte er Ronnie von der Grube fort und hielt nur lange genug inne, um mir die Axt in die Hand zu drücken.
»Bring das in Sicherheit, aye, Sassenach?«, sagte er und küsste mich rasch. Er grinste zu mir herunter. »Und wo hast du so viel über die Vorzüge der Bohnen gelernt?«
»Brianna hat es aus der Schule mitgebracht, als sie ungefähr sechs war«, sagte ich und erwiderte sein Lächeln. »Es ist wirklich ein kleines Lied.«
»Sag ihr, sie soll es ihrem Mann vorsingen«, riet Jamie mir. Sein Grinsen wurde breiter. »Dann kann er es in sein Büchlein schreiben.«
Er drehte sich um und legte Ronnie Sinclair kameradschaftlich, aber bestimmt den Arm um die Schultern, da dieser erneut Anstalten machte, in Richtung der Grillgrube zu entfliehen.
»Komm mit, Ronnie«, sagte er. »Ich muss ein Wörtchen mit dem Leutnant reden. Ich glaube, er hat vor, bei Mistress Lindsay einen Schinken zu kaufen«, fügte er hinzu und blinzelte mich dabei wie eine Eule an, seine Version eines zugekniffenen Auges. Dann wandte er sich wieder an Ronnie. »Und ich weiß, dass er gern hören würde, was du ihm über seinen Pa erzählen kannst. Du warst doch gut mit Gavin Hayes befreundet, nicht wahr?«
»Oh«, sagte Ronnie, und seine säuerliche Miene erhellte sich ein wenig. »Aye. Aye, Gavin war ein guter Kerl. Eine echte Schande.« Er schüttelte den Kopf – er spielte wohl auf Gavins Tod vor ein paar Jahren an. Er spitzte die Lippen und sah zu Jamie auf. »Weiß sein Sohn, was geschehen ist?«
Das war eine heikle Frage. Gavin war nämlich in Charleston wegen Diebstahls gehängt worden – ein schändlicher Tod, ganz gleich, wie man ihn betrachtete.
»Aye«, sagte Jamie leise. »Ich musste es ihm sagen. Aber ich glaube, es wird ihm helfen, wenn du ihm ein wenig von früher erzählen kannst – erzähl ihm, wie es uns ergangen ist, damals in Ardsmuir.« Etwas wie ein Lächeln erschien in seinem Gesicht, als er Ronnie anblickte, und ich sah, wie auch Sinclairs Gesichtszüge als Antwort sanfter wurden.
Jamies Hand drückte Ronnies Schulter, dann ließ er sie sinken, und sie setzten sich Seite an Seite bergauf in Bewegung. Vergessen waren die subtilen Regeln der Grillkunst.
Wie es uns ergangen ist … Ich sah ihnen nach – verbunden durch die Erinnerungen, die dieser schlichte Satz herauf beschwor. Fünf Worte, die die Nähe zurückbrachten, die durch jene Tage, Monate und Jahre geteilter Not geschmiedet worden war; eine Verwandtschaft, die jedem verwehrt blieb, der dies nicht selbst durchlebt hatte. Jamie sprach nur selten von Ardsmuir, und das Gleiche galt auch für die anderen Männer, die es überlebt hatten, um schließlich hier die Neue Welt zu sehen.
Nebel erhob sich jetzt aus den Mulden des Berges; innerhalb von Sekunden waren die Männer nicht mehr zu sehen. Aus dem diesigen Wald über mir schwebte der Klang schottischer Männerstimmen zur Barbecuegrube herunter, die in freundschaftlichem Unisono sangen:
Jedes Böhnchen gibt ein Tönchen …
Bei meiner Rückkehr zum Lager sah ich, dass Roger von seinen Erledigungen zurückgekehrt war. Er stand am Feuer und unterhielt sich mit Brianna. Sein Gesicht war sorgenvoll.
»Mach dir keine Gedanken«, sagte ich zu ihm und langte an seiner Hüfte vorbei, um den surrenden Teekessel an mich zu nehmen. »Jamie wird es bestimmt irgendwie regeln. Er ist gerade unterwegs, um sich darum zu kümmern.«