»Das ist etwas ganz anderes«, sagte Lillywhite gereizt. »Mr. Fraser ist ein Ehrenmann. Und das Besuchsverbot soll sicher stellen, dass der Priester insgeheim keine Ehen schließt; darum brauchen wir uns momentan wohl kaum zu sorgen.«
»Segnet mich, Vater, denn ich habe gesündigt.« Jamies Stimme war auf Englisch zu hören, und Mr. Lillywhite fuhr zusammen. Vater Kenneth stellte murmelnd Fragen.
»Ich habe mich der Lüsternheit und der Unreinheit versündigt, in Gedanken und in der Tat«, verkündete Jamie – um einiges lauter, als es meiner Meinung nach dem Anstand entsprach.
»Oh, aha«, sagte Vater Kenneth plötzlich ebenfalls lauter. Er klang interessiert. »Nun, diese Sünden der Unreinheit – welche Form hatten sie genau, mein Sohn, und wie oft …?«
»Aye, nun ja. Erst einmal habe ich Frauen lüstern betrachtet. Wie oft – oh, bestimmt hundertmal, meine letzte Beichte ist schon eine ganze Weile her. Müsst Ihr auch wissen, welche Frauen, Vater, oder nur, was ich gern mit ihnen gemacht hätte?«
Mr. Lillywhite erstarrte spürbar.
»Ich glaube nicht, dass wir für alle Zeit haben, mein lieber Jamie«, sagte der Priester. »Aber wenn Ihr mir eine oder zwei dieser Gelegenheiten schildern könntet, nur damit ich mir ein besseres Bild von der … äh … Schwere der Vergehen machen kann?«
»Och, aye. Am schlimmsten war wahrscheinlich die Sache mit dem Butterquirl.«
»Butterquirl? Ah … die Sorte, bei der oben der Griff herausschaut?« Vater Kenneths Tonfall vermittelte ein trauriges Verständnis für die anstößigen Möglichkeiten, die ein solches Gerät suggerierte.
»Oh, nein, Vater. Es war ein Butterfass. Die Sorte, die auf der Seite liegt, aye, mit einem kleinen Griff zum Wenden? Nun ja, und sie hat mit sehr viel Kraft an diesem Fass gearbeitet und hatte die Schnüre ihres Leibchens gelöst, so dass ihre Brüste hin und her wackelten und der verschwitzte Stoff an ihr klebte. Nun, und das Fass hatte genau die richtige Höhe – und Rundung, aye? –, so dass mir der Gedanke kam, sie darüber zu legen und ihren Rock zu heben und –«
Ich war so schockiert, dass mir unwillkürlich der Mund offen stand. Es war mein Leibchen, das er da beschrieb, meine Brüste und mein Butterfass! Ganz zu schweigen von meinem Rock. Ich konnte mich sehr gut an diesen Anlass erinnern, und er mochte ja mit lüsternen Gedanken begonnen haben, aber er hatte beileibe nicht damit geendet.
Geraschel und Gemurmel lenkten meine Aufmerksamkeit wieder auf die Männer auf dem Weg. Mr. Lillywhite hatte den Sheriff – der immer noch mit wedelnden Ohren eifrig in Richtung des Zeltes geneigt stand – am Arm gepackt und sprach zischelnd mit ihm, während er ihn hastig den Pfad entlangzerrte. Mr. Goodwin folgte ihnen, wenn auch ein wenig widerwillig.
Die Geräusche ihres Abmarsches hatten leider den Rest von Jamies Beschreibung dieser sündigen Gelegenheit übertönt, zum Glück aber auch das Blätterrauschen und das Knacken der Äste hinter mir überdeckt, das die Ankunft von Brianna und Marsali verkündete, die Jemmy und Joan eingewickelt im Arm hatten, während Germain sich wie ein Äffchen an den Rücken seiner Mutter klammerte.
»Ich dachte schon, sie würden nie gehen«, flüsterte Brianna und blinzelte über meine Schulter hinweg zu dem Fleck, an dem Mr. Lillywhite und seine Begleiter verschwunden waren. »Ist die Luft rein?«
»Ja, kommt mit.« Ich streckte die Arme nach Germain aus, der bereitwillig zu mir überwechselte.
»Où allons-nous, grand-mère?«, erkundigte er sich mit schläfriger Stimme und vergrub sein blondes Köpfchen liebevoll an meinem Hals.
»Schh. Wir gehen zu grand-père und Vater Kenneth«, flüsterte ich ihm zu. »Aber wir müssen sehr leise sein.«
»Oh. So?«, zischte er deutlich hörbar und fing an, mit halb lauter Stimme ein ausgesprochen vulgäres, französisches Lied zu singen.
»Schh!« Ich hielt ihm die Hand vor den Mund, der feucht und klebrig vom Essen war. »Nicht singen, Schätzchen, wir wollen doch die Babys nicht aufwecken.«
Ich hörte ein leises, ersticktes Geräusch aus Marsalis Mund, ein unterdrücktes Prusten von Brianna und begriff, dass Jamie immer noch beichtete. Er schien seinen Rhythmus gefunden zu haben und hatte jetzt das Reich der Erfindung betreten – oder zumindest hoffte ich das. Jedenfalls hatte er nichts von alldem mit mir getan.
Ich steckte meinen Kopf aus dem Gebüsch und sah mich auf dem Pfad um, doch es war niemand in der Nähe. Ich winkte den Mädchen zu, und wir huschten über den Pfad in das abgedunkelte Zelt.
Jamie hielt abrupt inne, als wir uns im Innenraum vortasteten. Dann hörte ich, wie er rasch sagte: »Und ich habe mich der Wut, des Stolzes und der Eifersucht versündigt – und, und hier und da ein bisschen gelogen, Vater. Amen.« Er sank auf die Knie, sprach in rasendem Französisch sein Reuegebet und war aufgestanden und hatte mir Germain abgenommen, bevor Vater Kenneth noch »Ego te absolvo« sagen konnte.
Meine Augen gewöhnten sich allmählich an die Dunkelheit; ich konnte die voluminösen Gestalten der Mädchen und Jamies hochgewachsenen Umriss ausmachen. Er stellte Germain vor dem Vater auf den Tisch und sagte: »Rasch jetzt, Vater, wir haben nicht viel Zeit.«
»Wir haben auch kein Wasser«, bemerkte der Priester. »Es sei denn, die Damen hätten daran gedacht, welches mitzubringen?« Er hatte Feuerstein und Zunder ergriffen und versuchte, die Lampe wieder anzuzünden.
Brianna und Marsali wechselten einen entgeisterten Blick.
»Keine Sorge, Vater.« Jamies Tonfall war beruhigend, und ich sah, wie seine Hand sich vorsichtig auf dem Tisch vortastete und er dann mit einem kurzen Ausruf der Genugtuung fündig wurde. Es folgte das kurze Knirschen eines Korkens, der aus einer Flasche gezogen wurde, und der scharfe, süße Geruch des Whiskys erfüllte das Zelt, während gleichzeitig der Docht Feuer fing und die flackernde Flamme zu einem kleinen, beständigen Licht wuchs.
»Angesichts der Umstände …«, sagte Jamie und hielt dem Priester die offene Feldflasche hin.
Vater Kenneth presste die Lippen zusammen, allerdings wohl eher vor unterdrückter Belustigung als Verärgerung.
»Angesichts der Umstände, aye«, wiederholte er trocken. »Und was könnte schließlich angemessener sein als das Wasser des Lebens?« Er hob die Hand, löste seine Halsbinde und zog einen Lederriemen hervor, den er um den Hals trug und an dem ein Holzkreuz und eine kleine Glasflasche hingen, die mit einem Korken verschlossen war.
»Heiliges Chrisma«, erklärte er, während er die Flasche öffnete und sie auf den Tisch stellte. »Dank der Mutter Gottes, dass ich es dabeihatte. Der Sheriff hat die Kiste mit meinen Messutensilien an sich genommen.« Er führte eine rasche Inventur der Gegenstände auf dem Tisch durch, indem er sie an seinen Fingern abzählte. »Feuer, Chrisma, Wasser – oder so ähnlich – und ein Kind. Nun gut. Ihr und Euer Mann wollt seine Paten sein, nehme ich an, Ma’am?«
Das war an mich gerichtet, da Jamie an den Zelteingang getreten und dort Posten bezogen hatte.
»Für alle drei, Vater«, sagte ich und hielt Germain fest, der es sich in den Kopf gesetzt zu haben schien, vom Tisch zu springen. »Halt still, Schatz, nur einen Augenblick.«
Ich hörte ein leises Wisch hinter mir; Metall, das aus geöltem Leder gezogen wurde. Ich schaute mich um und sah Jamie undeutlich im Schatten. Er stand mit dem Dolch in der Hand am Eingang Wache. Ein dumpfes Gefühl bahnte sich seinen Weg durch meinen Bauch, und ich hörte, wie Brianna neben mir scharf einatmete.
»Jamie, mein Sohn«, sagte Vater Kenneth in leicht tadelndem Ton.
»Fahrt fort, bitte, Vater«, erwiderte Jamie sehr ruhig. »Ich habe fest vor, heute Abend meine Enkel taufen zu lassen, und niemand wird mich davon abhalten.«
Der Priester atmete mit einem leisen Zischen ein und schüttelte dann den Kopf.
»Aye. Und wenn Ihr jemanden umbringt, hoffe ich nur, dass mir die Zeit bleibt, Euch erneut die Beichte abzunehmen, bevor sie uns beide hängen«, knurrte er und griff nach dem Öl. »Wenn Ihr es Euch aber aussuchen könnt, zielt nach dem Sheriff, mein Guter, ja?«