»Roger Jeremiah, nimmst du diese Frau zu deinem Weib, und schwörst du ihr die Treue, sie zu lieben und zu ehren, ihr in Demut zu dienen, in Vertrauen und Sanftmut mit ihr zu leben und sie zu schätzen im heiligen Bund der Ehe nach Gottes Gebot?«
»Ja«, sagte Roger, und seine Stimme klang tief und rau.
Ich hörte einen tiefen Seufzer zu meiner Rechten und sah, wie Marsali ihren Kopf an Fergus’ Schulter lehnte und ihr Gesicht einen verträumten Ausdruck annahm. Er wandte den Kopf und küsste sie auf die Stirn, dann lehnte er seinen dunklen Kopf an ihr weißes Häubchen.
»Ja«, sagte Brianna klar auf die Frage des Reverends. Sie hob das Kinn und blickte zu Rogers Gesicht auf.
Mr. Caldwell sah sich wohlwollend im Kreis der Anwesenden um, und der Feuerschein glänzte in seinen Brillengläsern.
»Wer gibt diesem Mann diese Frau in die Ehe?«
Es folgte eine winzige Pause, und ich spürte, wie Jamie überrascht zusammenfuhr. Ich drückte seinen Arm und sah das Feuer in dem goldenen Ring an meiner Hand glänzen.
»Oh. Ich natürlich!«, sagte er. Brianna wandte den Kopf und lächelte ihm zu, und ihre dunklen Augen waren von Liebe erfüllt. Er erwiderte das Lächeln, dann blinzelte er, räusperte sich und drückte mir fest die Hand.
Ich spürte, wie es auch mir die Kehle verschnürte, als sie ihre Gelübde ablegten, und ich musste an meine beiden eigenen Hochzeiten denken. Und Jocasta?, fragte ich mich. Sie war dreimal verheiratet gewesen, welche Echos der Vergangenheit hörte sie in diesen Worten?
»Ich, Roger Jeremiah, nehme dich, Brianna Ellen, zu meiner rechtmäßigen Ehefrau …«
Das Licht der Erinnerung leuchtete aus den meisten der Gesichter, die das Feuer umstanden. Die Bugs standen dicht beieinander und sahen einander mit identischen Blicken sanfter Hingabe an. Mr. Wemyss, der neben seiner Tochter stand, senkte den Kopf und schloss die Augen. In seinem Gesicht vermischten sich Freude und Traurigkeit, denn er dachte gewiss an seine eigene Frau, die schon seit so vielen Jahren tot war.
»In guten wie in schlechten Zeiten …«
»In Freud und Leid …«
»In Siechtum und Gesundheit …«
Lizzies Gesichtsausdruck war gebannt, ihre Augen weit aufgerissen angesichts des Mysteriums, das sich vor ihr abspielte. Wie lange noch, bis es an ihr war, unter Zeugen diese Ehrfurcht gebietenden Versprechen abzulegen?
Jamie streckte die Hand aus und ergriff meine Rechte. Er verschränkte seine Finger mit den meinen, und das Silber meines Ringes leuchtete rot im Schein der Flammen. Ich blickte in sein Gesicht auf und las das Versprechen, das in seinen Augen lag, genau wie in den meinen.
»So lange wir beide leben.«
Kapitel 15
Die Flammen der Deklaration
Bergabwärts loderte das große Feuer, und das feuchte Holz knisterte und knallte, dass es wie Pistolenschüsse am Berghang widerhallte. Weit entfernte Schüsse jedoch, die im Lärm der Feierlichkeit kaum auffielen.
Jocasta hatte zwar beschlossen, sich nicht von Reverend Caldwell trauen zu lassen, jedoch zu Ehren von Rogers und Briannas Eheschließung dennoch für ein großzügiges Hochzeitsfest gesorgt. Wein, Ale und Whisky flossen in Strömen, dank Ulysses, dessen weiße Perücke sich so rege durch die Menge am Lagerfeuer unserer Familie bewegte wie eine Motte, die eine Kerzenflamme umschwirrt.
Trotz des kühlen, feuchten Wetters und der Wolken, die sich wieder über uns zusammengezogen hatten, hatte sich mindestens die Hälfte des gatherings hier eingefunden, um zur Musik von Geige und Mundharmonika zu tanzen, sich wie die Heuschrecken auf die unter der Fülle der Köstlichkeiten ächzenden Tische zu stürzen und mit solchem Enthusiasmus auf die Gesundheit der frisch Vermählten – und der noch zu Vermählenden – zu trinken, dass Roger, Brianna, Jocasta und Duncan jeweils mindestens tausend Jahre alt werden mussten, wenn all ihre Wünsche in Erfüllung gehen sollten.
Auch ich fühlte mich, als könnte ich mindestens hundert werden. Ich hatte keine Schmerzen mehr, spürte nichts als einen leichten Schwindel und das angenehme Gefühl, als stünde ich kurz davor, mich in Wohlgefallen aufzulösen.
Auf der einen Seite des Feuers spielte Roger auf einer geliehenen Gitarre und sang vor einer gebannten Zuhörerschaft Serenaden für Brianna. Näher bei mir saß Jamie mit Duncan und seiner Tante auf einem Baumstamm und unterhielt sich mit Freunden.
»Madame?« Ulysses tauchte neben mir auf, ein Tablett in der Hand, mit seiner prunkvollen Livree bekleidet, als befänden wir uns nicht auf einem durchnässten Berghang, sondern im Salon von River Run.
»Danke.« Ich nahm einen Zinnbecher entgegen, dessen Inhalt sich als Brandy entpuppte. Ziemlich guter Brandy sogar. Ich nahm einen kleinen Schluck und ließ mir das Aroma in die Nebenhöhlen steigen. Doch bevor ich noch mehr davon zu mir nehmen konnte, wurde mir bewusst, dass die Fröhlichkeit, die mich umgab, plötzlich verstummte.
Jamie sah sich im Kreis um und suchte die Blicke der Feiernden, dann stand er auf und hielt mir den Arm entgegen. Ich war etwas überrascht, stellte aber hastig den Becher wieder auf Ulysses’ Tablett, strich mir das Haar zurück und nahm meinen Platz an seiner Seite ein.
»Thig a seo, a bhean uasa«, sagte er und lächelte mir zu. Kommt, meine Dame. Er wandte sich um und hob das Kinn, um mit dieser Bewegung die anderen zu sich zu rufen. Roger stellte sofort die Gitarre hin und bedeckte sie mit einem Leinenüberzug, dann hielt er Brianna die Hand hin.
»Thig a seo, a bhean«, sagte er grinsend. Mit überraschtem Gesicht stand sie auf, Jemmy auf dem Arm.
Jamie stand still da und wartete, und die anderen erhoben sich nacheinander und klopften sich Kiefernnadeln und Sand von den Kleidersäumen, während sie verwundert lachten oder sich murmelnd unterhielten. Auch die Tänzer hielten mit ihrem Gewirbel inne und kamen neugierig herbei, während die Geigenmusik im Rascheln der Fragen erstarb.
Jamie führte mich den dunklen Pfad entlang zu den lichterlohen Flammen des großen Freudenfeuers unterhalb unseres Lagers, und die anderen folgten unter spekulativem Gemurmel. Am Rand der zentralen Lichtung blieb er stehen und wartete. Dunkle Gestalten huschten im Schatten umher; der dunkle Umriss eines Mannes stand mit erhobenem Arm vor dem Feuer.
»Die Menzies sind hier!«, rief er und warf den Ast in seiner Hand ins Feuer. Schwache Beifallsrufe erhoben sich aus den Reihen seiner Clans- und Familienmitglieder in Hörweite.
Ein anderer nahm seinen Platz ein – MacBean, und wieder einer – Ogilvie. Dann waren wir an der Reihe.
Jamie trat allein in den Schein der lodernden Flammen. Der Scheiterhaufen bestand aus Eichen- und Kiefernholz, und das Feuer brannte mehr als mannshoch, seine Zungen aus transparentem Gelb so rein und heiß, dass sie vor dem schwarzen Himmel fast weiß erschienen. Ihr Glühen beleuchtete sein nach oben gewandtes Gesicht, seinen Kopf und seine Schultern und warf einen langen Schatten, der sich hinter ihm über die halbe Lichtung erstreckte.
»Wir sind hier versammelt, um alte Freunde zu begrüßen«, sagte er auf Gälisch. »Und um neue kennen zu lernen – in der Hoffnung, dass sie uns helfen, in diesem neuen Land ein neues Leben zu schmieden.«
Seine Stimme war tief und deutlich; die letzten Unterhaltungen erstarben, und die Menschen, die sich um das Feuer drängten, verstummten und reckten die Hälse, um ihm zuzuhören.
»Wir haben alle auf dem Weg hierher viel durchgemacht.« Er wandte sich langsam um und sah von Gesicht zu Gesicht. Viele der Männer aus Ardsmuir waren hier: Ich sah die Lindsaybrüder, hässlich wie ein Krötentrio, Ronnie Sinclairs fuchsäugiges Gesicht, das rote Haar mit Pomade zu Hörnern geformt, Robin McGillivray mit einem Profil wie auf einer römischen Münze – sie alle blickten aus dem Schatten hervor, Nasenrücken und Stirn von der Glut erleuchtet, ein Feuerkreuz in jedem einzelnen Gesicht.
Unter dem Einfluss des Brandys und meiner Gefühle fiel es mir nicht schwer, die Reihen der Geister zu sehen, die hinter ihnen standen, die Familien und Freunde, die noch in Schottland waren, ob auf der Erde … oder darunter.