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Pallis nickte. »Eher vierzig Prozent. Wir befinden uns auf der Schwerkraftquelle des Floßes selbst. Natürlich zieht auch der Kern des Nebels an uns — aber nur minimal; und wir könnten es sowieso nicht spüren, weil das Floß nämlich um den Kern kreist.« Er blickte zu dem fliegenden Wald empor. »Weißt du, die meisten Leute glauben, daß die Bäume da sind, damit das Floß nicht in den Kern stürzt. Aber in Wirklichkeit besteht ihre Funktion darin, das Floß zu stabilisieren — es am Umkippen zu hindern — und die Wirkung des Windes zu neutralisieren, und es uns zu ermöglichen, das Floß in Bewegung zu setzen, wenn wir…« Pallis beugte sich vor und sah Rees in die Augen; seine Narben bildeten ein rötliches Netz. »Fehlt dir etwas? Du siehst aus, als wäre dir ein bißchen schwindlig.«

Rees rang sich ein Lächeln ab. »Mir geht’s gut. Ich glaube, ich bin nur ein bißchen aus der Fassung, weil ich mich nicht in einer Fünf-Minuten-Umlaufbahn befinde.«

Pallis lachte. »Nun, du wirst dich noch daran gewöhnen.« Er richtete sich auf. »Also, junger Mann, ich muß jetzt entscheiden, was mit dir geschehen soll.«

Rees fühlte, wie es ihn kalt überlief, als er an den Moment dachte, in dem der Pilot ihn im Stich lassen würde, und in Gedanken verhöhnte er sich selbst. Hatte er die Kühnheit besessen, sein Zuhause zu verlassen, nur um sich in die Abhängigkeit von dem Wohlwollen eines Fremden zu begeben? Wo war sein Mut geblieben?

Er straffte seine Haltung und konzentrierte sich darauf, was Pallis sagte.

»…Ich brauche einen Offizier«, sinnierte der Pilot und kratzte sein stoppeliges Kinn. »Ich registriere dich als blinden Passagier und stelle dich zeitlich befristet ein, bis der nächste Baum abgeht. Verdammt, gibt das wieder einen Papierkram…

»Bei den Boneys, ich bin jetzt zu müde dafür. Und hungrig und durstig dazu. Verschieben wir’s auf die nächste Schicht. Rees, du kannst da drüben in meiner Kabine bleiben, bis die Sache geklärt ist. Du auch, Gover, obwohl das keine erfreuliche Aussicht ist.«

Der Assistent starrte in die Ferne; er sah den Piloten nicht an, als dieser sprach.

»Aber ich habe nicht genügend Proviant für drei im Wachstum befindliche Jungs wie uns. Eigentlich noch nicht einmal für einen. Gover, geh raus zum Rand und hol auf meinen Namen Proviant für ein paar Schichten, ja? Du auch, Rees; warum nicht? Dir wird die Besichtigung Spaß machen. Ich werde solange ein paar Lagen Staub aus meiner Kabine entfernen.«

Und so mußte Rees dem Assistenten durch das Kabelgewirr folgen. Gover ging voran; auf Rees zu warten, hielt er für unter seiner Würde; in dieser ganzen düsteren, im Schatten der Bäume liegenden Welt war der Assistent der einzige Fixpunkt für Rees, und so achtete der Bergmann darauf, daß er die wenig einnehmende Rückseite von Gover nicht aus dem Blick verlor.

Sie kamen an eine in den Wald aus Kabeln geschlagene Lichtung, die voller Menschen war. Gover hielt am Rande der Lichtung inne und verharrte in mißmutiger Stille; offensichtlich wartete er auf irgend etwas. Rees stand neben ihm und schaute sich um. Der übersichtliche, gerade Pfad war ungefähr zehn Meter breit: Es war, als schaue man in einen baumüberdachten Tunnel. Der Weg war ausgeleuchtet; Rees konnte Lampen erkennen, die an den Kabeln befestigt waren und genauso aussahen wie die Leuchten tief unten in dem Bergwerk auf dem Stern.

Überall waren Menschen, ein gleichmäßiger Strom, der sich zielstrebig in beiden Richtungen den Pfad entlang bewegte. Einige starrten Rees’ unordentliches Äußeres an, aber die meisten sahen höflich weg. Sie alle waren sauber und gepflegt, obwohl man auch tiefe Augenhöhlen und fahle Wangen sehen konnte, als ob das Floß von irgendeiner Krankheit heimgesucht würde. Sowohl Männer als auch Frauen trugen Kombinationen aus feinem, grauem Stoff; einige hatten goldene Schulterstücke oder Litzen, die oft zu eleganten Mustern geflochten waren. Rees betrachtete seinen eigenen abgenutzten Anzug — und zuckte zusammen, als er bemerkte, daß dieser ein altes Modell der Kleidung war, die die Floßbewohner trugen. Trugen die Bergleute also die abgelegten Kleidungsstücke der Floßbewohner auf?

Er fragte sich, was Sheen dazu sagen würde…

Zwei kleine Jungen standen vor ihm und blickten mit runden Augen auf seine schmutzige Kleidung. Rees, dem das schrecklich peinlich war, zischte Gover zu: »Worauf warten wir noch? Können wir nicht weitergehen?«

Gover schüttelte nur den Kopf und fixierte Rees mit einem Ausdruck blasierter Arroganz.

Rees versuchte, die Jungen anzulächeln. Sie starrten ihn einfach an.

Nun kam ein leiser, rauschender Klang aus der Mitte des Floßes. Rees trat mit einiger Erleichterung hinaus auf die Lichtung und sah das bizarre Schauspiel einer Reihe von Gesichtern, die sich über die Menge hinweg auf ihn zubewegten. Gover ging vorwärts und hob die Hand. Rees betrachtete ihn neugierig…

…und das Rauschen schwoll zu einem Brüllen an. Rees wandte sich um und sah den stumpfen Bug eines Maulwurfs, der sich auf ihn zubewegte. Er stolperte zurück, und der vorbeirasende Zylinder verfehlte seine Brust nur um Haaresbreite. Ein paar Meter von Gover und Rees entfernt kam der Maulwurf zum Stehen. Eine Reihe einfacher Sitze war auf der Oberseite des Maulwurfs angebracht; darauf saßen Menschen, die ihn gleichgültig ansahen.

Rees öffnete und schloß unwillkürlich den Mund. Er hatte bereits einige wunderbare Dinge auf dem Floß gesehen, aber das hier? Die Münder der kleinen Jungen waren rund vor Erstaunen über seine komische Pose. Gover grinste. »Was ist los, Minenratte? Noch nie einen Bus gesehen?« Der Assistent ging auf den Maulwurf zu und schwang sich mit einer geübten Bewegung auf einen freien Sitz.

Rees schüttelte den Kopf und eilte dem Assistenten hinterher. An der Unterseite des Maulwurfs war ein Trittbrett befestigt; als Rees darauf trat, drehte es sich langsam und beförderte ihn auf den Sitz neben Gover — und der Maulwurf setzte sich mit einem Ruck in Bewegung. Rees taumelte zur Seite und klammerte sich an die Stuhllehne; er mußte sich etwas verrenken, bis er in Fahrtrichtung sah, und schließlich bemerkte er, daß er sanft über die Köpfe der Menge glitt.

Die Jungen rannten dem Maulwurf rufend und winkend hinterher; Rees ignorierte sie nach besten Kräften, und nach ein paar Metern ging ihnen die Puste aus, und sie gaben auf.

Rees starrte den neben ihm sitzenden Mann unverhohlen an; es war eine dünne Person mittleren Alters mit einem breiten Goldbesatz an seinen Ärmelaufschlägen. Der Mann musterte ihn geringschätzig und rutschte dann fast unmerklich auf die andere Kante seines Sitzes.

Rees wandte sich an Gover. »Du nennst mich immer ›Minenratte‹. Was ist eine ›Ratte‹?«

Gover grinste spöttisch. »Ein Wesen von der alten Erde. Ungeziefer, das Niedrigste vom Niedrigsten. Hast du schon von der Erde gehört? Das ist der Ort, wo wir…« — er betonte das letzte Wort — »herkommen.«

Rees dachte darüber nach; dann studierte er das Fahrzeug, in dem er fuhr. »Wie nennt ihr dieses Ding?«

Gover sah ihn mit spöttischem Mitleid an. »Das ist ein Bus, Minenratte. Nur eine der Kleinigkeiten, die wir hier in der zivilisierten Welt haben.«

Rees musterte die Konturen des mit Sitzbänken und Menschen beladenen Zylinders. Es war auf jeden Fall ein Maulwurf; da waren die verschmorten Stellen, wo — was auch immer — abmontiert worden war. Spontan beugte er sich vor und schlug mit der Faust auf die Oberfläche des ›Busses‹. »Status!«

Gover ignorierte ihn geflissentlich. Rees bemerkte, daß sein dünner Nachbar ihn mit einer Mischung aus Neugier und Abscheu ansah…

…und dann meldete der Bus mit lauter Stimme: »Schwere Sensorstörung.«

Die Stimme war von irgendwoher unter dem dünnen Mann gekommen; er sprang auf und starrte mit offenem Mund auf den Sitz unter sich.

Gover blickte Rees mit mißmutigem Interesse an. »Wie hast du das gemacht?«