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Decker starrte von einem Wissenschaftler zum anderen. Er sagte ruhig: »Rees, wenn du nicht zum Punkt kommst — in verständlichen Worten und gleich jetzt —, werde ich dich mit meinen bloßen Händen über die verdammte Kante werfen. Und den alten Furz gleich dazu. Verstanden?«

Rees breitete die Hände auf dem Schreibtisch aus, und wieder erkannte Pallis in seinem Gesicht diese neue, merkwürdige Sicherheit. »Decker, der Punkt ist der: genauso wie die Wale dem Tod des Nebels entkommen können, schaffen wir das auch.«

Deckers Stirnrunzeln vertiefte sich. »Erklär das.«

»Wir haben zwei Möglichkeiten.« Rees schlug mit der Handkante auf den Schreibtisch. »Nummer eins. Wir bleiben hier, beobachten das Erlöschen der Sterne und bekriegen uns wegen der restlichen Lebensmittelvorräte. Oder…« Ein weiterer Karateschlag. »Option Zwei. Wir machen es genauso wie die Wale. Wir stürzen um den Kern und nutzen den Schleudereffekt aus. Wir wandern zu einem neuen Nebel aus.«

»Und wie genau machen wir das?«

»Ich weiß es nicht genau«, konzedierte Rees bitter. »Vielleicht koppeln wir die Bäume ab und lassen das Roß in den Kernbereich stürzen.«

Pallis versuchte sich das vorzustellen. »Wie willst du verhindern, daß die Besatzung davongeblasen wird?«

»Weiß ich nicht, Pallis«, erwiderte Rees lachend. »Das ist nur ein Entwurf; ich bin sicher, daß es bessere Möglichkeiten gibt.«

Decker hatte sich zurückgelehnt. Sein narbiges Gesicht war eine Maske aus angespannter Konzentration.

Hollerbach streckte einen gekrümmten Finger in die Luft. »Natürlich hast du diese Reise mehr oder weniger unfreiwillig unternommen, Rees. Wenn du keinen Weg gefunden hättest, den Wal zu dirigieren, würdest du noch heute mit ihm zwischen den stellaren Nebeln herumreisen.«

»Möglicherweise können wir es auf diese Art tun«, regte Pallis an. »Wir schneiden uns einen Weg in die Wale, deponieren dort Lebensmittel und Wasser und lassen uns von ihnen zu unserer neuen Heimat bringen.«

Rees schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, daß das so funktionieren würde, Pilot. Das Innere eines Wals ist keine geeignete Umgebung für Menschen.«

Und wieder dachte sich Pallis in die fremde Materie hinein. »Wir müssen also das Floß nehmen… doch außerhalb des Nebels wird es seine ganze Luft verlieren, nicht wahr? Deshalb müssen wir eine Art von Hülle konstruieren, um die Atmosphäre zu speichern…«

Hollerbach nickte, sichtlich zufrieden. »Das ist richtig gedacht, Pallis. Vielleicht machen wir aus dir noch einen Wissenschaftler.«

»Gönnerhaftes Arschloch«, murmelte Pallis voller Zuneigung.

Wieder brannte dieses Feuer in Rees. Er richtete seinen intensiven Blick auf Decker… »Decker, irgendwo in diesem ganzen Mist liegt der Schlüssel für das Überleben unserer Rasse. Denn das steht auf dem Spiel. Wir können es schaffen, keine Frage. Aber wir brauchen deine Hilfe.« Danach schwieg Rees.

Pallis hielt den Atem an. Er spürte die Bedeutung dieses Augenblicks, der einen Wendepunkt in der Geschichte seiner Spezies darstellte, und irgendwie hing alles jetzt von Rees ab. Pallis musterte den jungen Wissenschaftler gründlich und glaubte dabei ein leichtes Zittern seiner Wangen erkannt zu haben; doch in Rees’ Augen stand nur Entschlossenheit.

»Wie fangen wir an?« fragte Decker schließlich ruhig.

Pallis atmete langsam aus; er sah Hollerbachs Lächeln, und eine Art Sieg leuchtete in Rees’ Augen. Doch beide waren klug genug, in ihrem Triumph nicht in Überschwang zu verfallen. »Zuerst verständigen wir die Mineure«, bestimmte Rees.

»Was?« explodierte Decker.

»Sie sind schließlich auch Menschen«, erkannte Hollerbach in sanftem Ton. »Sie haben ein Recht zu leben.«

»Und außerdem brauchen wir sie«, meinte Rees. »Wir werden Eisen benötigen. Viel Eisen…«

Und so hatten Pallis und Jaen einen Baum zerstört und saßen jetzt im Gürtel auf dem Dach eines Hauses. Der Kern des Sterns hing als ein Punkt über ihnen; ein Regenguß ging um sie herum nieder und klebte Pallis’ Haar und Bart ins Gesicht. Ihnen gegenüber saß Sheen und mummelte an einem Stück Fleisch. Hinter ihr befand sich mit verschränkten Armen Jame. »Ich weiß immer noch nicht, warum ich euch nicht einfach töten sollte«, sinnierte Sheen langsam.

Pallis grunzte empört. »Trotz all deiner Schwächen, Sheen, habe ich dich nie für einen Dummkopf gehalten. Erkennst du denn nicht die Bedeutung der Sache, die zu unterbreiten ich hierher gekommen bin?«

Jame grinste. »Wie sollen wir wissen, daß es nicht irgendein Trick ist? Pilot, du vergißt, daß wir im Krieg sind.«

»Ein Trick? Du hast doch selbst erklärt, wie Rees seinen Exodus vom Gürtel überlebt hat — und wie es dazu kam, daß er auf einem Wal reitend zurückkehrte. Mein Gott, wenn du darüber nachdenkst, läuft seine Geschichte auf die einfachste Hypothese hinaus.«

Jame kratzte sich an seiner dreckverkrusteten Kopfhaut. »Läuft worauf hinaus?«

Jaen grinste. »Ich werde es dir irgendwann erklären«, sagte Pallis. »…Verdammt, ich sage dir, daß die Zeit für Krieg jetzt vorbei ist, Barkeeper. Es gibt keine Rechtfertigung mehr dafür. Rees hat uns einen Weg aus diesem Gasgefängnis gezeigt, in dem wir stecken — aber wir müssen zusammenarbeiten. Sheen, können wir diesen blutigen Teufelskreis nicht beenden?«

Der Regen lief ihr übers Gesicht. »Du bist hier nicht willkommen. Das habe ich schon gesagt. Du wirst hier lediglich geduldet. Du bist nicht berechtigt, eine Hütte…«

Seit Pallis damit begonnen hatte, seine Mission zu erläutern, hatten sich ihre Worte nicht wesentlich geändert — doch war ihr Ton jetzt nicht etwas unsicherer? »Schau, Sheen, ich bitte dich nicht um einen einseitigen Handel. Wir brauchen euer Eisen und eure Kompetenz in der Metallverarbeitung — aber ihr braucht Lebensmittel, Wasser und Medikamente, nicht wahr? Und ob das nun zum Besseren oder Schlechteren ist; das Floß hat noch immer das Monopol auf die Versorgungsmaschinen. Ich kann dir jetzt mit voller Rückendeckung von Decker, dem Komitee und auch sonst von verdammt jedem, der dir einfällt, garantieren, daß wir bereit sind zu teilen. Wenn ihr wollt, teilen wir euch auf dem Floß einen Abschnitt zu, den ihr mit eigenen Maschinen bewirtschaften könnt. Und längerfristig — bieten wir den Mineuren an, ihre Kinder dort wohnen zu lassen.«

Jame beugte sich vor und spuckte in den Regen. »Du bist ein Scheißkerl, Baum-Pilot.«

Jaen ballte die Fäuste. »Du verdammter Idiot…«

»Haltet beide eure Klappe!« Sheen schob sich das nasse Haar aus dem Gesicht. »Schau, Pallis, selbst wenn ich ›ja‹ sagen sollte, wäre es damit noch nicht getan. Wir haben kein ›Komitee‹ oder einen Boß oder sonst etwas in der Art. Wir diskutieren die Dinge unter uns aus.«

Pallis nickte, und Hoffnung keimte explosionsartig in seinem Herzen auf. »Das verstehe ich.« Er blickte in Sheens braune Augen und versuchte seine ganze Persönlichkeit, all ihre gemeinsamen Erinnerungen in seine Worte zu legen. »Sheen, du kennst mich. Du weißt, daß ich kein Narr bin, wessen ich mich auch sonst schuldig gemacht habe… ich bitte dich, mir zu vertrauen. Überlege doch mal. Hätte ich freiwillig Schiffbruch verursacht, wenn ich meiner Sache nicht sicher wäre? Würde ich etwas so Wertvolles aufgegeben haben wie…?«

»Wie was, dein wertloses Leben?« spottete Jame.

Mit echtem Erstaunen drehte sich Pallis zu dem Barkeeper um. »Jame, ich habe meinen Baum gemeint.«

Widersprüchliche Empfindungen spiegelten sich in Sheens Gesicht. »Pallis, ich weiß nicht. Ich brauche Zeit.«

Pallis hielt die Handflächen hoch. »Ich verstehe. Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst. In der Zwischenzeit… läßt du uns bleiben?«

»Beim Quartiermeister bleibst du nicht. Soviel steht fest.«

Pallis lächelte nachsichtig. »Barkeeper, selbst wenn ich deine verwässerte Pißbrühe niemals mehr trinke, dauert mir das nicht lange genug.«