Выбрать главу

»Tut, wie Ihr beliebt«, sagte der Domherr gleichgültig und verließ zusammen mit seinem Sekretär, der sichtlich aufatmete, und dem Henker die Folterkammer.

Gotschalk Pleisgen schaute ihnen nach, schüttelte den Kopf und sagte grimmig: »Ein feiner Herr, unser neuer Henker! Eigentlich hätte mir das Amt zugestanden, wo ich dem Greven und unserem Erzbischof hier im Turm schon so viele Jahre treue Dienste leiste.«

»Bitte, habt Erbarmen!«, flehte Jakob. »Lasst mich frei! Ich bin unschuldig! Man hat sich gegen mich verschworen!«

Der Folterknecht schien ihm überhaupt nicht zuzuhören. Er war ganz in seinem Neid und Ärger gefangen.

»Henker Mundt wird bald in Gold und Silber dahergeritten kommen, das sehe ich schon. Vier Taler bekommt er für jede Erdrosselung und Verbrennung und pro Enthauptung zweieinhalb, weil’s ja auch schneller geht. Und für das Brechen eines Daumens, was nun wahrlich rasch gemacht ist, streicht er immerhin noch je einen Vierteltaler ein. Da kommt in einer Stadt wie Trier, wo man auf Recht und Ordnung achtet und den Werken des Teufels früh Einhalt gebietet, schnell ein ordentlicher Batzen zusammen. Aber wer muss die Arbeit machen? Der treue Folterknecht Gotschalk Pleisgen, auf dem nun schon seit Jahren die Verantwortung für die gewissenhafte Tortur lastet. Denn der bisherige Henker ließ sich dabei ja kaum einmal blicken. Zu mühsam war ihm das Geschäft! Und wie ich die Sache sehe, wird auch der neue Scharfrichter keine Ausnahme von der Regel sein.«

»Bitte, lasst mich frei!«, beschwor Jakob ihn erneut mit lauter Stimme und zerrte an den Fesseln. »Es ist alles ein schrecklicher Irrtum!. Ich weiß tatsächlich nichts, das schwöre ich Euch!. Löst meine Fesseln und lasst mich laufen!. Ich werde es Euch auch vergelten.«

Gotschalk Pleisgen sah ihn erst verwundert und dann ausgesprochen gekränkt an. »Was redet Ihr da? Haltet Ihr mich vielleicht für einen korrupten Mann, dem man seine Ehre abkaufen kann? Ich bin ein gottesfürchtiger Mann, der gewissenhaft seine Arbeit macht!«

»Aber wie könnt Ihr Menschen foltern, die nichts verbrochen haben?«, stieß Jakob verzweifelt hervor. »Ich habe mir doch nichts zu Schulden kommen lassen!«

»Über Schuld oder Unschuld zu entscheiden steht mir nicht zu, mein junger Freund. Das ist die Domäne der hochwürdigen Herren von Kurie und Magistrat. Ich führe nur Befehle aus, und wenn diese von einem gelehrten, hoch stehenden Mann kommen wie dem hochwürdigen Domherrn, dann wird es schon seine Richtigkeit damit haben.«

Der ärgerliche Ausdruck auf dem Gesicht des Folterknechtes wich einer fast milden, freundlichen Miene, als er dann fortfuhr: »Ihr müsst wissen, dass ich nichts gegen Euch persönlich habe und das bitte ich Euch nicht zu vergessen, auch wenn mich meine Pflicht zwingen sollte Euch Tag um Tag der Tortur zu unterziehen. Eigentlich darf die Tortur ja nur einmal angewandt werden und sollte innerhalb von vierundzwanzig Stunden abgeschlossen sein. Aber seit den Hexenprozessen hat es sich so eingebürgert, dass der Inquisitor die Tortur nicht für beendet, sondern stets nur für unterbrochen erklärt. Das hat den Vorteil, dass man diesem mühseligen Geschäft der Wahrheitsfindung in aller Ruhe und über viele Tage, ja sogar über Wochen und Monate hinweg nachgehen kann.«

»Wollt Ihr mich verhöhnen?«, keuchte Jakob. Dies musste ein grässlicher Alptraum sein, aus dem er gleich erwachen würde. Es konnte einfach nicht sein, dass er solchen Bestien in Menschengestalt, die ihr grausames Handwerk noch für rechtens und gottgefällig hielten, wirklich hilflos ausgeliefert war.

Der Folterknecht warf ihm einen beleidigten Blick zu. »Ihr tut mir unrecht, junger Mann. Habe ich Euch vielleicht auf den Turm gebracht? Ich tue nur meine ehrliche Arbeit, wie mein Herr sie von mir verlangt. Seht in mir so etwas wie einen weltlichen Beichtvater, der aus den ihm anvertrauten Sündern alle Verfehlungen und Missetaten herausholt, nicht mit Worten, sondern mit den Werkzeugen der Tortur, aber doch nicht weniger zur Erleichterung und für das Seelenheil der Beichtenden!«

Jakob starrte ihn an und fragte sich, ob der Mann wohl den Verstand verloren hatte. Aber nein, der Folterknecht meinte jedes Wort, wie er es gesagt hatte, überzeugt vom hohen Wert seiner grausamen Zunft.

»Ich will Euch die Sache erleichtern, mein Freund«, sagte Gotschalk Pleisgen mit gedämpfter, verschwörerischer Stimme und trat näher. »Die Ermahnungen des hochwürdigen Domherrn haben bei Euch nicht recht gefruchtet. Das ist bedauerlich. Aber vielleicht hängt Eure jugendliche Verstocktheit ja damit zusammen, dass Ihr Euch einfach kein Bild davon machen könnt, was Euch erwartet, wenn ich erst einmal meine Kunst entfalte. Falls dem so ist, kann Euch geholfen werden.«

»Nur die Freiheit kann mir helfen!«, stieß Jakob hervor und zerrte an seinen Fesseln. »Ich flehe Euch an, schneidet mich los und lasst mich laufen!«

»Seid doch nicht so einfältig! Selbst wenn ich Euch die Fesseln lösen würde, wohin wolltet Ihr denn von hier aus fliehen? Ihr kämet ja noch nicht einmal an der oberen Wachstube vorbei. Nein, vergesst diesen Unsinn«, rügte er Jakob wie ein unartiges Kind. »Hört besser zu, was ich Euch zu sagen habe. Denn ich will Euch ein Bild davon machen, was auf Euch zukommt, wenn Ihr Eure Verstocktheit nicht ablegt und zur Einsicht gelangt.«

Er räusperte sich.

»Also, wir werden wie gewöhnlich mit der leichten Tortur beginnen. Das bedeutet, dass ich Euch Daumenschrauben aus Eisen anlege, die Eure Daumenglieder zermalmen werden. Als Nächstes bekommt ihr dann die spanischen Stiefel zu spüren. Das sind Beinschrauben, die die Waden zu einem blutigen Brei zerquetschen und die Knochen splittern lassen.«

Jakob begann wieder zu würgen.

»Jaja, das sind gar unfreundliche Gesellen, diese spanischen Stiefel«, fuhr der Folterknecht munter fort. »Aber sie gehören wie die Daumenschrauben noch zur leichteren Tortur. Brennende Pechfackeln unter Achselhöhlen und Fußsohlen sind schon um einiges ärger, doch noch längst nicht die hohe Kunst der verschärften Folter. Ich kann Euch einige arge Geschichten über die Streckbank erzählen, die Euch das Blut in den Adern gefrieren lassen. Und seht Ihr den mit eisernen Stacheln besetzten Sessel dort drüben? Das ist der >Ha-ckerstuhl<, vom Scharfrichter Hacker im hessischen Ortenberg entwickelt. Dieser Hexenstuhl kann durch eine eingebaute Feuerung von innen erhitzt werden und dem darauf festgebundenen Opfer einen Vorgeschmack von den Qualen der Hölle geben.«

»Entschuldigt, mein Sohn«, kam da eine sanfte und zugleich doch selbstbewusste Stimme von der Tür her. »Erlaubt, dass ich Eure aufschlussreichen Ausführungen über die hohe Kunst Eures Handwerkes für einen Augenblick unterbreche.«

Der Folterknecht wandte sich ohne Hast um.

Jakob hob den Kopf und seine Augen weiteten sich in ungläubiger Überraschung. Auf der obersten Treppenstufe stand Bruder Basilius, der Zisterziensermönch mit der Augenklappe und der langen Narbe auf der rechten Wange!

Sechzehntes Kapitel

»Gestattet Ihr, dass ich näher trete, guter Mann?«, fragte Bruder Basilius mit sanfter Stimme, während er schon seine Kutte schürzte und die Stufen herunterkam. »Mein Name ist Pater Basilius und von den fürchterlichen Qualen der Hölle, die Ihr so kennerhaft zu schildern versteht, weiß auch ich einiges zu berichten.«

»Was führt Euch zu mir. Und was kann ich für Euch tun, ehrwürdiger Pater?«, erkundigte sich der Folterknecht.

»Der hochwürdige Domherr Melchior von Drolshagen schickt mich. Er hat mir aufgetragen mich dieser jungen, verirrten Seele anzunehmen.« Er deutete auf Jakob, die Hand wie zum Segen erhoben. »Ich soll diesem verstockten Jakob Tillmann, so soll sein Name sein, ins Gewissen reden und ihm, während Hochwürden im erzbischöflichen Palais aufgehalten wird und den Befund des Leibarztes Seiner Eminenz abwartet, die heilige Beichte abnehmen. Er sprach die Hoffnung aus, dass es mir mit Gottes Hilfe vergönnt sein mag, ihn zur Einsicht und zu fügsamer Aussage zu bekehren und ihn so vor der peinlichen Befragung unter der Folter zu bewahren.«