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Bruder Basilius nickte. »Die Zeit drängt.«

»Dann lasst uns an die Arbeit gehen!«

Fritz Däublin spannte sein Pferd aus und hing ihm den Futtersack ums Maul. Jakob packte dann mit an der Deichsel an und half ihm dabei, das Fuhrwerk rückwärts in die Werkstatt des Fassbinders zu schieben. Es kostete ihn einige Überwindung, neben dem Kloakenreiniger zu stehen und sich seinen Ekel nicht anmerken zu lassen. Innerlich schämte er sich seines Abscheus, verdankte er Männern wie ihm und Hasenkötter doch sein Leben, wenn es ihnen gelang aus Trier herauszukommen.

Bruder Basilius schien seine Gedanken und Empfindungen erraten zu können. Denn als Fritz Däublin zum Tor ging, um es wieder zu schließen, raunte der Mönch Jakob zu: »Von Beruf Kloakenreiniger, doch von der Gesinnung her vermutlich zehnmal mehr Ehrenmann und barmherziger Samariter als alle Ratsherren und Domherren von Trier zusammen! Sagt, ist Euch schon mal aufgefallen, dass Courage, Anstand und Hilfsbereitschaft abnehmen, je ehrbarer die Berufsstände sind, denen die Menschen angehören, und je angesehener und erfolgreicher sie sind?«

Jakob kam nicht dazu, ihm zu antworten, denn Fritz Däublin kehrte zu ihnen zurück. Sie luden die kleinen, mit Jauche gefüllten Behälter von der Ladefläche. Dann wuchteten sie zu viert die große Tonne auf das Fuhrwerk. Es passte haargenau zwischen die Holme.

Fritz Däublin zeigte sich von der Arbeit des Fassbinders hellauf begeistert. Das faustgroße Spundloch mit der kurzen Ablaufrinne hatte wie auch die große Einfüllöffnung genau die richtige Größe, wie er lobend feststellte.

Sie hatten gerade damit begonnen, das mächtige Fass mit Wasser zu füllen, als Henrik eintraf. Jakob beobachtete, wie der Schwede dem Mönch einen Beutel in die Hand drückte, und hörte ihn dabei sagen: »Mehr als den reinen Goldwert wollte er nicht bezahlen. Er sagte, er müsse den Ring völlig umarbeiten, bevor er ihn gefahrlos verkaufen kann. Und die Siegelplatte müsse er vernichten, um sich nicht selbst an den Galgen zu bringen. Für heute wird es ja reichen, aber was dann wird, weiß allein der Allmächtige.«

Bruder Basilius nickte. »Das ist nicht weiter schlimm, Henrik. Das Geld wird reichen. Bekümmern wir uns nicht heute schon um morgen. Jeder Tag hat seine eigenen Plagen. Ich hätte mich außerdem schon längst von dem Ring trennen sollen. Aber so hat er ja noch einen guten Zweck erfüllt«, sagte er und steckte den Beutel ein. »So und jetzt lass uns weitermachen. Es ist nicht zu glauben, wie viele Kübel Wasser in solch ein Fass passen!«

Fast eine Stunde brauchten sie, um das Fass in etwa drei viertel voll zu bekommen. Kübel um Kübel schleppten sie von der Pumpe zum Fuhrwerk. Über der Grube voller Glut, über der Albrecht Hasenkötter sonst die Fassdauben zusammenband, stand indessen ein Dreibein, an dessen Kette ein mit Wasser gefüllter Kessel über einem lodernden Feuer hing.

»Wir können nicht eine halbe Stunde oder noch länger in eisigem Wasser ausharren, ohne uns den Tod zu holen!«, hatte Bruder Basilius richtig erkannt. »Wir müssen das eiskalte Wasser durch einige Dutzend Kübel kochendes Wasser wenigstens ein wenig anwärmen.«

Wann immer das Wasser im Kessel kochte, kippten sie es in ihre Holzeimer und gossen es zu dem eisigen Wasser, das schon in der Tonne schwappte.

»Bevor wir nun die ersten Kübeljauche auskippen, solltet Ihr die Atemrohre ausprobieren und Euch mit Eurem Versteck schon ein wenig vertraut machen«, schlug der Küfer vor.

Henrik verzog das Gesicht. »Könnte ich doch mit der Morgenröte fliegen!«, seufzte er und begann sich zu entkleiden.

Jakob genierte sich etwas, als Bruder Basilius darauf bestand, dass sie alle Kleider ablegten. »Wir werden nachher dankbar sein trockene Sachen zum Anziehen zu haben!« Dann wandte er sich dem Kloakenreiniger und dem Küfer zu. »Dann lasst uns jetzt Abschied nehmen und Dank sagen, ein wenig Dank auch in klingender Münze.« Damit zog er den Geldbeutel hervor.

Beide Männer wehrten jedoch sogleich ab. »Nicht einen Heller nehme ich von Euch, Pater! Ich verdanke Euch mehr, als ich und meine Familie Euch jemals in irdischen Gütern zurückzahlen könnten!«, erklärte Albrecht Hasenkötter.

Auch Fritz Däublin lehnte entschieden ab. »Ich lasse mich nicht für etwas bezahlen, was mir mein Herz und mein Gewissen zu tun auftragen, ehrwürdiger Pater. Zu bitter haben die Menschen hier in Trier und im Umland unter dem blinden Toben der feinen Herren und Kanoniker zu leiden gehabt. Mein größter Lohn wird sein Euch und Eure Begleiter in Sicherheit zu wissen. Und wenn Ihr einmal Zeit findet unser zu gedenken, so schließt uns in Eure Gebete ein.«

Der Küfer nickte zustimmend. »Männern wie Euch verdanke ich es, dass ich auch in den schlimmen Jahren, als überall die Scheiterhaufen brannten, meinen Glauben an Gott und Kirche nicht verloren habe. Wir werden ewig in Eurer Schuld stehen!«

Bruder Basilius war sichtlich gerührt. Er legte jedem von ihnen eine Hand auf die Schulter und zog sie dann an sich. »Wer mit dem Herzen glaubt und mit dem Mund bekennt, wird Gerechtigkeit und Heil erlangen!«, sagte er mit bewegter Stimme. »Gott schütze und behüte Euch. Und seid gewiss: Ihr werdet stets in meinen Gebeten sein!«

Der Fassbinder reichte nun jedem von ihnen ein Holzrohr - und eine Holzklammer. »Setzt sie Euch auf die Nase, damit Ihr erst gar nicht in Versuchung kommt anders als durch den Mund zu atmen!«

Henrik tippte dem Kloakenreiniger auf die Schulter, als dieser sich wieder an die Arbeit machte die Kübel mit Wasser zu füllen. »Sagt, meine anderen Sachen. Ihr wisst schon«, raunte er andeutungsweise.

Fritz Däublin lächelte. »Liegt alles wie besprochen im Versteck für Euch bereit.«

Der Schwede atmete erleichtert auf. »Gut«, sagte er, schob sich sein Holzrohr hinters eine Ohr und die Nasenklammer hinters andere. Dann hockte er sich auf einen umgedrehten Eimer und zog seine Stiefel aus.

Bruder Basilius stieg ohne Scham aus Kutte und Untergewand, steckte sich seine Klammer auf die Nase, nahm sein Holzrohr, kletterte auf den Wagen und zwängte sich durch die Öffnung in das Fass. Jakob sah, dass der Körper des Mönchs von zahlreichen Narben gezeichnet war, Spuren seines Lebens, als er noch den Waffenrock getragen hatte. Er ließ seine Kleider, die er mit einer Hand schamhaft vor seinen nackten Körper gepresst hatte, nun fallen, nahm sein Luftrohr und folgte dem Mönch.

Das Wasser hatte eine angenehme Temperatur, wenn es auch nicht als richtig warm zu bezeichnen war, und reichte ihm schon bis zum Hals, als er sich neben Bruder Basilius unter sein Atemloch kauerte. Es war schon recht dunkel im Innern der lang gestreckten Tonne und er war froh, dass er nicht an Bruder Basilius’ Stelle am hinteren Ende saß, sondern in Armweite der Öffnung. Andernfalls hätte er wohl jetzt schon mit Platzangst zu kämpfen gehabt.

»Am besten kniet Ihr Euch hin«, riet ihm der Mönch mit nasaler Stimme, »und stützt Euch beim Fahren rechts und links an den Wänden ab. Dann ist die Gefahr nicht so groß, dass Ihr Euer Luftrohr aus dem Mund verliert. Und wenn doch mal Wasser in Euer Rohr eindringt, müsst Ihr das Wasser erst einmal ausblasen, bevor Ihr wieder Luft ansaugen könnt. Denn sonst bekommt Ihr Wasser in die Lunge und dann wird Euch schwer zu helfen sein.«

Jakob schraubte das Rohr ins Loch, legte den Kopf dann in den Nacken, sodass ihm das Wasser nun bis zu den Ohren schwappte, und nahm das untere Ende in den Mund. Er blies das Wasser hinaus, was wegen der winzigen Löcher einige Anstrengung verlangte, und machte dann mehrere Atemzüge durch das Rohr.

»Himmel, da muss man ja ganz ordentlich dran saugen! Wie ein junges Kalb an den Zitzen seiner Mutter, die wenig Milch in ihrem Euter hat!«, stieß er hervor.

»Manchmal ist es eben mit einiger Anstrengung verbunden, wenn man seine Haut retten will«, erwiderte der Mönch mit sanftem Spott.

Henrik kletterte nun zu ihnen in die Tonne und mit ihm stieg der Wasserstand so hoch, dass Jakob sich aufrichten musste und mit dem Kopf gegen die Wölbung stieß, um ohne Rohr noch Atem zu bekommen.