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»Fällt mir nicht ein; ist mir nie in den Sinn gekommen! Aber von wem hast du es denn gehört? Es ist mir einmal so ein Wort entschlüpft, und daraus hat man nun wer weiß was gemacht. Warum können sie nur Foma gar nicht leiden? Warte nur, Sergej, ich werde dich mit ihm bekanntmachen«, fügte er hinzu; er blickte mich dabei schüchtern an, als ahne er schon in mir einen Feind Foma Fomitschs. »Das ist ein Mensch, lieber Freund...«

»Wir wollen keinen andern Herrn haben als dich!« riefen die Bauern auf einmal kläglich im Chor. »Du bist unser Vater, und wir sind deine Kinder!«

»Hören Sie, lieber Onkel«, antwortete ich, »ich habe Foma Fomitsch noch nicht gesehen; aber... sehen Sie... ich habe so einiges gehört. Ich muß Ihnen gestehen, daß ich heute mit Herrn Bachtschejew zusammengetroffen bin. Übrigens habe ich vorläufig darüber so meine eigenen Ideen. Jedenfalls möchte ich vorschlagen, lieber Onkel, daß Sie die Bauern jetzt entlassen; dann können wir beide allein, ohne Zeugen, miteinander reden. Ich muß Ihnen gestehen, daß ich gerade zu diesem Zweck hergekommen bin...«

»Richtig, richtig«, fiel der Onkel ein, »ganz richtig! Ich werde die Bauern fortschicken, und dann wollen wir miteinander reden, weißt du, so recht freundschaftlich, vertraulich und gründlich! Na«, fuhr er, sich zu den Bauern wendend, in seiner eilfertigen Art fort, »dann geht jetzt nur, liebe Leute! Und kommt künftig immer zu mir, wenn ihr etwas braucht, immer zu mir; ja, ja, wendet euch direkt an mich, zu jeder Zeit!«

»Du bist unser Vater, gnädiger Herr, und wir sind deine Kinder! Laß uns nichts von Foma Fomitsch zuleide geschehen! Darum bitten wir Ärmsten dich alle!« riefen die Bauern noch einmal.

»Ach ihr Dummköpfe! Ich habe euch ja gesagt: ich werde euch nicht weggeben!«

»Sonst wird er uns noch ganz zu Tode peinigen, Väterchen, mit seinem Unterricht! Die Hiesigen, heißt es, hat er schon ganz damit zermartert.«

»Unterrichtet er wirklich auch euch in Französisch?« rief ich ordentlich erschrocken.

»Nein, junger Herr, bis jetzt ist uns Gott noch gnädig gewesen!« antwortete einer der Bauern, wahrscheinlich der redegewandteste unter ihnen, ein rothaariger Mensch mit einer gewaltigen Glatze auf dem Hinterkopf und einem langen, dünnen, keilförmigen Bärtchen, das sich, wenn er sprach, so flink bewegte, wie wenn es eigenes Leben hätte. »Nein, junger Herr, bis jetzt ist uns Gott noch gnädig gewesen.«

»Worin unterrichtet er euch denn?«

»Er unterrichtet uns so, Euer Gnaden: wir haben verstanden, wir sollen einen goldenen Kasten kaufen und eine Kupfermünze hineinlegen.«

»Was soll das heißen, eine Kupfermünze?«

»Sergej, du irrst dich; es ist eine Verleumdung!« rief mein Onkel, der ganz rot und schrecklich verlegen geworden war. »Die Dummköpfe haben nicht verstanden, was er zu ihnen gesagt hat. Er hat das nur bildlich gesagt... von einer wirklichen Kupfermünze ist nicht die Rede... Aber du verstehst das alles nicht, und darum solltest du lieber den Mund halten«, fuhr der Onkel, sich vorwurfsvoll an den Bauern wendend, fort. »Er hat dir Dummkopf Gutes tun wollen, und du verstehst das nicht und machst ein Geschrei!«

»Aber ich bitte Sie, lieber Onkel, und das Französische?«

»Das will er doch nur wegen der Aussprache, lieber Sergej, einzig und allein wegen der Aussprache«, erwiderte der Onkel in flehendem Tone. »Er hat das selbst gesagt, daß er es nur wegen der Aussprache will... Außerdem hat sich hier ein besonderer Vorfall zugetragen – du weißt davon nichts; aber ebendarum kannst du nicht darüber urteilen. Zuerst, lieber Freund, muß man in die Sache eindringen; dann erst darf man Beschuldigungen aussprechen... Beschuldigungen auszusprechen ist leicht!«

»Aber wie benehmt ihr euch auch!« rief ich, mich zornig von neuem zu den Bauern wendend. »Ihr hättet ihm alles geradeheraus sagen sollen. Ihr mußtet sagen: ›Das geht nicht, Foma Fomitsch; aus dem und dem Grunde!‹ Ihr habt doch einen Mund?«

»Wo ist die Maus, die der Katze die Schelle anhängt, junger Herr? Er sagt: ›Ich will dich rohen Bauer Reinlichkeit und Ordnung lehren. Warum ist dein Hemd unsauber?‹ Aber unsereiner schwitzt viel; da kann das Hemd nicht sauber sein. Wir können nicht jeden Tag ein reines Hemd anziehen. Peinlichkeit schützt nicht vorm Sterben; Schmutz bringt keinen ins Verderben.‹ «

»Neulich kam er auf die Tenne«, begann ein anderer Bauer, ein großer, hagerer Mann, der vielfach geflickte Kleider und sehr schlechte Bastschuhe trug, anscheinend einer von jenen Leuten, die beständig mit etwas unzufrieden sind und immer ein scharfes, giftiges Wort in Bereitschaft haben. Bis dahin hatte er sich hinter dem Rücken der anderen Bauern verborgen gehalten, in finsterem Schweigen zugehört und die ganze Zeit über ein zweideutiges, bitteres, schlaues Lächeln nicht von seinem Gesicht verschwinden lassen. »Er kam auf die Tenne. ›Wißt ihr auch wohl, wieviel Werst es bis zur Sonne sind?‹ fragte er. Aber wer von uns kann das wissen? Das ist keine Wissenschaft für uns Bauern, sondern eine für die Herren. ›Nein‹, sagte er, ›du bist ein Dummkopf, ein Tölpel und kennst deinen Vorteil nicht; aber ich‹, sagte er, ›bin Astrolom! Ich kenne alle Planiden am Himmel.‹ «

»Na, hat er dir denn gesagt, wieviel Werst bis zur Sonne sind?« mischte sich der Onkel ein, der auf einmal lebhaft wurde und mir vergnügt zublinzelte, als ob er sagen wollte: ›Paß mal auf, was da herauskommen wird!‹

»Ja, er nannte eine große Zahl«, antwortete der Bauer mißmutig, da er eine solche Frage nicht erwartet hatte.

»Na, wieviel hat er denn gesagt, wieviel genau?«

»Das ist Euer Gnaden besser bekannt; wir sind unwissende Leute.«

»Ich, mein Lieber, weiß es; aber hast du es auch behalten?«

» ›Soundso viel Hunderte oder Tausende‹, sagte er, ›sind es.‹ Es war eine große Zahl. Auf drei Fuhren kann man sie nicht wegfahren.«

»Na ja, so etwas mußt du dir merken, mein Bester! Du hast gewiß gedacht, es sei ungefähr eine Werst weit, man könne ja mit der Hand hinlangen. Nein, mein Lieber, die Erde, siehst du wohl, das ist eine Art runder Ball – verstehst du?« fuhr der Onkel fort, indem er mit den Händen in der Luft die Gestalt eines Balles zur Darstellung brachte.

Der Bauer lächelte bitter.

»Ja, eine Art Ball! Sie hält sich so von selbst in der Luft und wandert um die Sonne herum. Die Sonne aber steht still auf einem Fleck; das scheint dir nur so, daß sie wandert. Ja, so eine verschmitzte Sache ist das! Entdeckt hat das alles Kapitän Cook, ein Seefahrer... Aber weiß der Teufel, wer es eigentlich entdeckt hat«, fügte er, sich zu mir wendend, im Flüstertone hinzu. »Ich weiß es selbst nicht, lieber Freund... Aber weißt du, wieviel Werst es bis zur Sonne sind?«

»Das weiß ich, lieber Onkel«, antwortete ich; ich betrachtete diese ganze Szene sehr erstaunt. »Aber höre, was ich denke: gewiß, ein Mangel an Bildung ist ja eine Art von Unsauberkeit; aber andrerseits... die Bauern in der Astronomie zu unterweisen...«

»Richtig, richtig, richtig, eine Art von Unsauberkeit!« unterbrach mich mein Onkel, entzückt über den von mir gebrauchten Ausdruck, der ihm außerordentlich treffend zu sein schien. »Ein vortrefflicher Gedanke! Ganz richtig, eine Art von Unsauberkeit! Das habe ich immer gesagt... das heißt, gesagt habe ich es niemals, aber ich habe es gefühlt. Hört mal«, rief er den Bauern zu, »der Mangel an Bildung ist eine Art von Unsauberkeit, eine Art Schmutz! Deswegen wollte euch Foma auch unterrichten. Er wollte euch etwas Gutes lehren; damit tut er euch nichts zuleide. Weißt du, lieber Freund, das ist ganz dasselbe, wie wenn er ein Amt verwaltete, und er wäre würdig, dafür einen hohen Rang zu erhalten. Da seht ihr, was das für ein Ding ist, die Wissenschaft! Nun gut, gut, liebe Leute! Geht mit Gott; ich freue mich, ich freue mich... seid ganz beruhigt; ich werde euch nicht verlassen.«

»Beschütze uns, du unser Vater!«