Выбрать главу

»Nein, Foma; nein! So soll es nicht sein; das darf nicht geschehen!« stöhnte mein Onkel, der völlig geknickt war.

»Doch, Oberst, doch! Genauso soll es werden, weil es so werden muß. Gleich morgen werde ich von Ihnen weggehen. Streuen Sie Ihre Millionen hin, bedecken Sie den ganzen Weg, die ganze Landstraße bis Moskau mit Banknoten – ich werde stolz und verächtlich über Ihre Banknoten hinwegschreiten; dieser Fuß hier, Oberst, wird diese Banknoten zertreten und beschmutzen, und Foma Fomitsch wird sich allein vom Adel seiner Seele sättigen! Ich habe es gesagt und bewiesen! Leben Sie wohl, Oberst! Leben – Sie – wohl, Oberst!...«

Und Foma schickte sich von neuem an, sich aus dem Lehnstuhl zu erheben.

»Verzeih mir, Foma, verzeih mir! Vergiß alles!...« rief mein Onkel in flehendem Ton.

» ›Verzeih mir!‹ Wozu begehren Sie meine Verzeihung? Nun gut, nehmen wir an, daß ich Ihnen verzeihe; ich bin ein Christ; ich fühle mich verpflichtet zu verzeihen; ich habe Ihnen auch jetzt schon beinah verziehen. Aber sagen Sie selbst: ist es denn mit dem gesunden Menschenverstand und dem Seelenadel vereinbar, wenn ich jetzt auch nur eine Minute länger in Ihrem Hause bleibe? Sie haben mich ja hinausgejagt!«

»Es ist vereinbar, es ist vereinbar, Foma! Ich versichere dir, daß es vereinbar ist!«

»Es soll vereinbar sein? Aber sind wir denn jetzt etwa Gleichstehende? Begreifen Sie wirklich nicht, daß ich Sie mit meinem Edelmut sozusagen erdrückt habe und Sie sich selbst mit Ihrer unwürdigen Handlungsweise? Sie sind erniedrigt worden und ich erhöht. Wo bleibt da die Gleichheit? Und ist Freundschaft ohne solche Gleichheit denn möglich? Ich sage das, indem ich einen schmerzlichen Klageruf ausstoße, nicht etwa triumphierend und mich über Sie hochmütig erhebend, wie Sie vielleicht denken.«

»Aber auch ich selbst stoße einen schmerzlichen Klageruf aus, Foma; ich versichere dir...«

»Und das ist nun derselbe Mensch«, fuhr Foma fort und änderte seinen strengen Ton in einen salbungsvollen, »das ist nur derselbe Mensch, um dessentwillen ich so oft nachts nicht schlafen konnte! Wie oft bin ich in schlaflosen Nächten vom Bett aufgestanden, habe das Licht angezündet und mir gesagt: ›Jetzt schläft er ruhig im Vertrauen auf dich. Aber du, Foma, schlafe nicht; vielleicht ersinnst du noch etwas zum Wohl dieses Menschen.‹ So dachte Foma in seinen schlaflosen Nächten, Oberst! Und so vergilt es ihm dieser Oberst! Aber genug davon, genug davon!...«

»Aber ich werde mir deine Freundschaft von neuem verdienen, Foma; das schwöre ich dir!«

»Wollen Sie das? Aber wo ist die Garantie dafür? Als Christ verzeihe ich Ihnen und werde Sie sogar wieder lieben; aber als Mensch, als edler Mensch, werde ich Sie unwillkürlich verachten. Dazu bin ich im Namen der Sittlichkeit verpflichtet und gezwungen, weil Sie (ich wiederhole es Ihnen) sich selbst verunehrt haben, ich aber eine sehr edle Tat ausgeführt habe. Nun, wer von Ihresgleichen würde eine ähnliche Tat ausführen? Wer von Ihnen würde auf eine so gewaltige Geldsumme verzichten, auf die doch der arme, von allen verachtete Foma aus Liebe zum Großen und Erhabenen verzichtet hat? Nein, Oberst, um sich mit mir gleichstellen zu können, müssen Sie jetzt eine ganze Reihe von großen Taten vollbringen. Zu welcher Großtat aber sind Sie fähig, da Sie ja nicht einmal ›Sie‹ zu mir wie zu einem Gleichgestellten sagen können, sondern mich wie einen Diener duzen?«

»Foma, aber ich habe doch zu dir aus Freundschaft ›du‹ gesagt!« wehklagte der Onkel. »Ich habe nicht gewußt, daß dir das unangenehm ist... Mein Gott! Aber wenn ich nur gewußt hätte...«

»Sie«, fuhr Foma fort, »Sie, der Sie mir nicht einmal die geringste, unbedeutendste Bitte erfüllen konnten oder, richtiger gesagt, erfüllen wollten, als ich Sie bat, mich wie einen General mit ›Exzellenz‹ anzureden...«

»Aber Foma, das wäre doch sozusagen ein Attentat auf die höchste Gewalt, Foma!«

»Ein Attentat auf die höchste Gewalt! Da haben Sie nun so eine Bücherphrase auswendig gelernt und wiederholen sie ständig wie ein Papagei! Aber wissen Sie auch, daß Sie mich durch Ihre Weigerung, mich ›Exzellenz‹ zu nennen, beschimpft und entehrt haben? Denn da Sie die Gründe meiner Forderung nicht begriffen, so stellten Sie mich als einen launischen Dummkopf hin, der fürs Irrenhaus reif sei: das war die Entehrung! Nun, ich begreife natürlich selbst, daß es lächerlich sein würde, wenn ich im Ernst den Titel ›Exzellenz‹ haben wollte, ich, der ich all diese Rangstufen und irdischen Würden verachte, die an sich wertlos sind, wenn die Tugend sie nicht in ihre Strahlen taucht. Nicht für eine Million nehme ich den Generalsrang an ohne die Tugend. Aber trotzdem hielten Sie mich für einen Wahnsinnigen! Ihrem persönlichen Nutzen brachte ich mein Ehrgefühl zum Opfer und ließ es zu, daß Sie, Sie mich für einen Wahnsinnigen halten konnten, Sie und Ihre ›Gelehrten‹! Einzig und allein, um Ihren Verstand zu erleuchten, Ihr Gefühl für Moral zu entwickeln und Sie mit den Strahlen neuer Ideen zu bescheinen, entschloß ich mich dazu, von Ihnen die Anrede ›Exzellenz‹ zu verlangen. Ich wollte eben, daß Sie in Zukunft die Generale nicht für die höchsten Leuchten auf dem ganzen Erdball halten sollten; ich wollte Ihnen beweisen, daß Rang ohne Seelengröße ein Nichts ist und daß Sie keinen Anlaß hatten, sich über die Ankunft Ihres Generals zu freuen, während es doch vielleicht auch in Ihrer nächsten Nähe Menschen gibt, die von der Tugend hellen Strahlen umgeben sind! Aber Sie haben beständig mir gegenüber mit Ihrem Rang als Oberst so großgetan, daß es Ihnen nun schwer wurde, mich ›Exzellenz‹ zu nennen. Das war der Grund! Da ist der Grund zu suchen und nicht in der Befürchtung, daß Sie damit ein Attentat auf irgendwelche höhere Ordnungen begehen würden! Der ganze Grund lag darin, daß Sie Oberst sind und ich bloß Foma...«

»Nein, Foma, nein! Ich versichere dir, daß es nicht so ist. Du bist ein Gelehrter; du bist nicht bloß Foma... ich schätze dich hoch...«

»Sie schätzen mich hoch! Nun gut! Dann sagen Sie mir doch, wenn Sie mich hochschätzen, wie Sie darüber denken: bin ich des Generalsranges würdig oder nicht? Antworten Sie gerade heraus und ohne zu zaudern: bin ich seiner würdig oder nicht? Ich will Ihren Verstand, Ihre geistige Entwicklung prüfen.«

»Für deine Ehrenhaftigkeit, für deine Uneigennützigkeit, für deinen Verstand, für deinen hohen Seelenadel hast du ihn verdient!« antwortete der Onkel stolz.