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»Aber wenn ich seiner würdig bin, warum wollen Sie mich dann nicht ›Exzellenz‹ nennen?«

»Meinetwegen, Foma, ich will dich so nennen...«

»Ich verlange es! Und ich verlange es jetzt, Oberst; ich bestehe darauf und verlange es! Ich sehe, wie peinlich es Ihnen ist, und ebendarum verlange ich es. Dieses Opfer von Ihrer Seite wird der erste Schritt auf dem Wege Ihrer Großtaten sein; denn (vergessen Sie das nicht!) Sie müssen eine ganze Reihe von großen Taten ausführen, um die Gleichstellung mit mir zu erlangen; Sie müssen sich selbst überwinden; erst dann werde ich Ihnen Ihre Aufrichtigkeit glauben...«

»Gleich morgen werde ich zu dir ›Exzellenz‹ sagen, Foma.«

»Nein, nicht erst morgen, Oberst; morgen versteht es sich von selbst. Ich fordere, daß Sie jetzt, sofort zu mir ›Exzellenz‹ sagen.«

»Nun gut, Foma, ich bin dazu bereit... Aber wie soll ich denn das so ohne weiteres jetzt gleich machen, Foma?«

»Warum denn nicht jetzt gleich? Schämen Sie sich etwa? Wenn Sie sich schämen, wäre das eine Beleidigung für mich.«

»Nun ja, meinetwegen, Foma, ich bin dazu bereit... ich bin sogar stolz darauf... Aber, Foma, wie kann ich denn so mir nichts dir nichts sagen: ›Guten Tag, Exzellenz?‹ Das geht doch nicht...«

»Nein, nicht ›Guten Tag, Exzellenz‹; das klingt beleidigend; das sieht wie ein Spaß, wie eine Posse aus. Solche Späße mit mir kann ich nicht gestatten. Besinnen Sie sich, mit wem Sie reden, besinnen Sie sich sofort, mit wem Sie reden, Oberst! Ändern Sie Ihren Ton!«

»Du machst doch nicht etwa Spaß, Foma?«

»Erstens sollen Sie zu mir nicht ›du‹, sondern ›Sie‹ sagen, Jegor Iljitsch, vergessen Sie das nicht; und zweitens nicht Foma, sondern Foma Fomitsch.«

»Weiß Gott, Foma Fomitsch, das will ich sehr gern tun! Mit der größten Freude... Aber was soll ich denn nun sagen?«

»Sie genieren sich, zu dem, was Sie sagen, hinzuzufügen: ›Exzellenz‹; das ist ja begreiflich. Es ist sogar verzeihlich, namentlich wenn jemand (um mich höflich auszudrücken) kein Schriftsteller ist. Nun, ich will Ihnen behilflich sein, wenn Sie kein Schriftsteller sind. Sprechen Sie mir nach: ›Exzellenz‹!«

»Na, ›Exzellenz‹.«

»Nein, nicht: ›Na, Exzellenz‹, sondern einfach: ›Exzellenz!‹ Ich sage Ihnen, Oberst: ändern Sie Ihren Ton! Auch hoffe ich, daß Sie sich nicht beleidigt fühlen werden, wenn ich Ihnen vorschlage, eine leichte Verbeugung zu machen und den Oberkörper etwas nach vorn geneigt zu halten; es ist dies ein Ausdruck des Respektes und der Bereitwilligkeit, sozusagen zu fliegen, um die erteilten Aufträge auszuführen. Ich selbst habe mich viel in der Gesellschaft von Generalen bewegt und weiß mit all diesen Dingen Bescheid... Nun also: ›Exzellenz‹.«

»Exzellenz...«

» ›Wie unaussprechlich freue ich mich, daß ich endlich eine Gelegenheit habe, Sie um Verzeihung dafür zu bitten, daß ich nicht gleich von vornherein Euer Exzellenz edles Herz erkannt habe. Ich wage es, zu versichern, daß ich in Zukunft meine schwachen Kräfte mit allem Eifer für das Gemeinwohl anstrengen werde...‹ Nun, das mag für Sie genug sein!«

Der arme Onkel! Er mußte diesen ganzen Unsinn Satz für Satz und Wort für Wort wiederholen! Ich stand da und errötete wie schuldbewußt. Die Wut erstickte mich beinahe.

»Nun, fühlen Sie jetzt nicht«, fuhr der Folterer fort, »daß Ihnen auf einmal leichter ums Herz geworden ist, wie wenn ein Engel in Ihre Seele herniedergeschwebt wäre? Fühlen Sie die Gegenwart dieses Engels? Antworten Sie mir!«

»Ja, Foma, es ist mir tatsächlich etwas leichter geworden«, antwortete mein Onkel.

»Wie wenn Ihr Herz nach dem Sieg, den Sie über sich selbst davongetragen haben, sozusagen in Öl getaucht worden wäre!«

»Ja, Foma, es ging wirklich wie mit Butter geschmiert.«

»Wie mit Butter geschmiert? Hm!... Von Butter habe ich doch nichts zu Ihnen gesagt... Nun, aber ganz egal! Da sieht man, was das Bewußtsein erfüllter Pflicht tut, Oberst! Besiegen Sie sich selbst! Sie sind egoistisch, außerordentlich egoistisch!«

»Ich bin egoistisch, Foma, das sehe ich«, antwortete mein Onkel mit einem Seufzer.

»Sie sind ein Egoist, ja sogar ein schrecklicher Egoist...«

»Ein Egoist, das bin ich, das ist wahr, Foma, und ich sehe es ein; seit ich dich kennengelernt habe, ist mir auch das zum Bewußtsein gekommen.«

»Ich will jetzt zu Ihnen wie ein Vater, wie eine zärtliche Mutter reden: Sie stoßen alle Menschen von sich weg und vergessen, daß, wie man zu sagen pflegt, ein sanftes Kalb an zwei Müttern saugt.«

»Auch das ist richtig, Foma.«

»Sie sind plump. Sie wollen sich in so plumper Manier in das Herz anderer Menschen eindrängen, suchen in so egoistischer Weise die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, daß ein ordentlicher Mensch vor Ihnen bis ans Ende der Welt fliehen möchte!«

Der Onkel seufzte noch einmal tief.

»Seien Sie zarter, aufmerksamer, liebenswürdiger gegen andere; vergessen Sie sich selbst um anderer willen; dann werden die andern auch an Sie denken. Leben und leben lassen, das ist mein Grundsatz! Dulde, mühe dich, bete und hoffe – das sind die Weisheitsregeln, die ich der ganzen Menschheit tief einprägen möchte! Befolgen Sie diese Regeln, und ich werde der erste sein, der Ihnen sein Herz aufschließt und an Ihrer Brust weint... wenn es nötig sein sollte... Bisher hat es bei Ihnen immer nur geheißen: ›Ich und ich und meine werte Person!‹ Aber Ihre werte Person wird einem schließlich direkt zum Ekel, mit Verlaub zu sagen.«

»Nein, wie süß und glatt der Mensch redet!« sagte Gawrila in andächtiger Bewunderung.

»Das ist wahr, Foma; ich fühle all das selbst«, stimmte ihm mein Onkel ganz gerührt zu. »Aber es ist nicht alles bloß meine Schuld, Foma; ich bin nun einmal so erzogen worden und habe unter Soldaten gelebt. Aber ich schwöre dir, Foma: auch ich bin nicht jeder Empfindung bar gewesen. Als ich von meinem Regiment Abschied nahm, da haben alle Husaren, meine ganzen beiden Schwadronen, geradezu geweint; sie sagten, so einen wie mich bekämen sie nie wieder!... Ich dachte damals, daß auch ich vielleicht kein ganz schlechter Mensch sei.«

»Wieder ein egoistischer Zug! Wieder ertappe ich Sie bei der Selbstsucht! Sie brüsten sich und machen mir so en passant einen Vorwurf aus den Tränen Ihrer Husaren. Warum brüste ich mich denn mit niemandes Tränen? Und doch hätte ich Anlaß dazu, hätte ich vielleicht Anlaß dazu.«

»Das ist mir nur so rausgerutscht, Foma; ich konnte mich nicht beherrschen; ich dachte an die alte gute Zeit.«

»Die gute Zeit fällt nicht vom Himmel, sondern wir schaffen sie selbst; sie liegt in unserm Herzen eingeschlossen, Jegor Iljitsch. Warum bin ich denn immer glücklich und trotz aller Leiden zufrieden und seelenruhig und bei allen beliebt, mit Ausnahme der Dummköpfe und der Gelehrten, die ich allerdings nicht schone und nicht schonen will. Ich kann diese Dummköpfe nicht leiden! Und was ist denn dran an diesen Gelehrten? Da sagt man: ›Ein Mann der Wissenschaft!‹ Aber seine Wissenschaft ist weiter nichts als Flunkerei und Schwindel. Na, was hat Ihr Neffe denn vorhin geredet? Bringen Sie ihn einmal her! Bringen Sie alle Gelehrten her! Ich kann alles widerlegen; alle ihre Thesen kann ich widerlegen! Ich rede gar nicht einmal vom Adel der Seele...«

»Gewiß, Foma, gewiß. Wer zweifelt daran?«

»Vorhin zum Beispiel bewies ich Verstand, Talent, eine kolossale Belesenheit, Kenntnis des Menschenherzens, Kenntnis der zeitgenössischen Literatur, und zeigte in glänzender Weise, wie sich unter den Händen eines talentvollen Menschen sogar aus so einem Komarinski-Tanze ein hohes Gesprächsthema entwickeln kann. Und was geschah? Verstand es auch nur einer von ihnen, mich gebührendermaßen zu würdigen? Nein, sie wandten sich ab! Ich bin davon überzeugt, daß Ihr Neffe Ihnen bereits gesagt hat, ich sei ein unwissender Mensch. Und doch hat vielleicht ein Machiavelli in eigener Person oder ein Mercadante vor ihm gesessen, dessen einziger Fehler es ist, arm und unbekannt zu sein... Nein, das soll ihnen nicht so durchgehen!... Da höre ich noch von einem gewissen Korowkin. Was ist das für ein Rindvieh?«