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Schweigend und verwundert hörte ich ihm zu. Ich sah ein, daß es unmöglich war, mit Herrn Misintschikow darüber zu disputieren. Er war von der Rechtlichkeit und sogar von dem Edelmut seines Planes fanatisch überzeugt und sprach von ihm mit der Begeisterung eines Erfinders. Aber es blieb noch ein kitzliger Punkt übrig, dessen Klarstellung unumgänglich nötig war.

»Denken Sie auch wohl daran«, sagte ich, »daß sie beinah schon die Braut meines Onkels ist? Wenn Sie sie entführen, so begehen Sie gegen ihn ein schweres Unrecht; Sie entführen sie beinah am Tage vor der Hochzeit und entleihen obendrein von ihm das Geld, dessen Sie zur Vollbringung dieser Heldentat bedürfen!«

»Gerade hier kann ich Sie trefflich widerlegen!« rief Misintschikow eifrig. »Glauben Sie mir, ich hatte Ihren Einwand vorhergesehen. Aber erstens, und das ist die Hauptsache: Ihr Onkel hat ihr noch keinen Heiratsantrag gemacht; folglich brauche ich nicht zu wissen, daß man sie ihm zur Braut bestimmt hat; überdies bitte ich Sie zu beachten, daß ich diesen Plan schon vor drei Wochen entworfen habe, als ich von den hiesigen Absichten noch nichts wußte; daher bin ich in moralischer Hinsicht ihm gegenüber vollkommen im Recht, und strenggenommen mache nicht ich ihm, sondern er mir die Braut abspenstig, mit der ich (wohl zu beachten!) schon ein heimliches nächtliches Rendezvous im Pavillon gehabt habe. Und schließlich, erlauben Sie maclass="underline" waren nicht Sie selbst soeben empört darüber, daß Ihr Onkel gezwungen werden soll, Tatjana Iwanowna zu heiraten, und jetzt treten Sie auf einmal für diese Ehe ein und reden von einem der Familie angetanen Unrecht und von Ehrbeleidigung! Ganz im Gegenteil erweise ich Ihrem Onkel einen großen Dienst: ich rette ihn; das müssen Sie doch begreifen! Er hat einen starken Widerwillen gegen diese Heirat und liebt außerdem ein anderes Mädchen! Na, was würde denn Tatjana Iwanowna ihm für eine Frau sein? Und auch sie würde mit ihm unglücklich werden; denn (das werden Sie zugeben) man müßte ihr dann doch Schranken ziehen, damit sie nicht mit jungen Männern liebäugelt. Aber wenn ich sie bei Nacht entführe, dann kann keine Generalin und kein Foma Fomitsch den früheren Plan durchsetzen. Eine Braut, die kurz vor der Trauung davongelaufen ist, wieder zurückzuholen, ist doch gar zu ehrenrührig. Ist es also nicht ein Dienst, eine Wohltat, die ich Ihrem Onkel erweise?«

Ich muß gestehen, daß dieses letzte Argument starken Eindruck auf mich machte.

»Wie aber, wenn er ihr morgen einen Antrag macht?« sagte ich. »Dann würde es doch zur Ausführung Ihres Planes zu spät sein; sie wäre dann schon in aller Form seine Braut.«

»Natürlich wäre es dann zu spät! Aber darauf muß ich eben hinwirken, daß das nicht geschieht. Und gerade deshalb bitte ich um Ihren Beistand. Für mich allein ist das schwierig; aber beide zusammen werden wir die Sache nach Wunsch gestalten und es verhindern, daß Jegor Iljitsch ihr einen Antrag macht. Dies muß mit aller Gewalt hintertrieben werden; im äußersten Notfall müßte man sogar Foma Fomitsch durchprügeln und dadurch die allgemeine Aufmerksamkeit ablenken, so daß man nicht mehr an eine Hochzeit denkt. Selbstverständlich nehme ich das nur für den äußersten Notfall in Aussicht und rede nur beispielsweise. Gerade in diesem Punkt hoffe ich auf Sie.«

»Noch eine letzte Frage: haben Sie niemandem außer mir von Ihrem Plan Mitteilung gemacht?«

Misintschikow kratzte sich im Nacken und schnitt eine sehr sauere Grimasse.

»Ich muß Ihnen gestehen«, antwortete er, »diese Frage berührt bei mir einen sehr wunden Punkt. Das ist eben das Malheur, daß ich von meinem Plan schon gesprochen habe... kurz, ich bin ein schauderhafter Dummkopf gewesen! Und was meinen Sie, mit wem ich darüber gesprochen habe? Mit Obnoskin! Ich kann es selbst kaum glauben. Ich begreife nicht, wie ich dazu gekommen bin! Er trieb sich immer hier herum; ich kannte ihn noch nicht genauer, und als die Inspiration über mich kam, war ich natürlich wie im Fieber; und da ich schon damals einsah, daß ich einen Gehilfen nötig haben würde, so wandte ich mich an Obnoskin... Es ist unverzeihlich, unverzeihlich!«

»Nun, und wie benahm sich Obnoskin?«

»Er erklärte sich mit Begeisterung einverstanden; aber am andern Tag frühmorgens war er verschwunden. Drei Tage darauf erschien er wieder, und zwar mit seiner Mama. Mit mir spricht er kein Wort und geht mir sogar aus dem Weg, als ob er vor mir Furcht hätte. Ich roch sofort Lunte. Seine Mama aber ist ein ganz durchtriebenes, mit allen Wassern gewaschenes Frauenzimmer; ich kenne sie noch von früher. Natürlich hat er ihr alles erzählt. Ich schweige und warte ab; sie spionieren herum, und die Situation ist jetzt ziemlich gespannt... Darum beeile ich mich auch.«

»Was befürchten Sie denn eigentlich von ihnen?«

»Viel Schaden werden sie mir allerdings nicht zufügen; aber daß sie irgend etwas Schändliches vorhaben, daran zweifle ich nicht. Sie werden Geld für ihr Schweigen und für ihre Beihilfe verlangen; darauf bin ich gefaßt... Aber viel kann und werde ich ihnen nicht geben; ich habe meinen Entschluß bereits gefaßt; mehr als dreitausend Rubel geben kann ich nicht. Urteilen Sie selbst: dreitausend denen; fünfhundert die Hochzeit (denn Ihrem Onkel muß ich die ganze Summe zurückzahlen); dann die alten Schulden; na, und meiner Schwester muß ich doch auch etwas geben, wenigstens etwas. Wieviel bleibt da noch von den Hunderttausend übrig? Das ist ja ein Elend!... Die Obnoskins sind übrigens weggefahren.«

»Weggefahren?« fragte ich lebhaft interessiert.

»Ja, gleich nach dem Tee. Hol sie der Teufel! Morgen aber, Sie werden sehen, sind sie wieder da. Nun also, wie steht es: sind Sie einverstanden?«

»Ich muß gestehen«, antwortete ich, mich hin und her windend, »ich weiß nicht, was ich sagen soll. Es ist eine heikle Sache... Gewiß, ich werde alles geheimhalten; ich bin nicht so einer wie Obnoskin; aber... ich glaube, Sie dürfen nicht auf mich rechnen.«