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»Er hat sich schlafen gelegt. Er hat gesagt, wenn jemand nach ihm fragt, so solle ich antworten, er beabsichtige in dieser Nacht lange zu beten.«

»Hm! Nun, dann geh, lieber Freund, geh! Siehst du, lieber Sergej, er ist immer um Foma herum, so daß ich sogar vor ihm Furcht habe. Und auch die Gutsleute können ihn deswegen nicht leiden, weil er sie immer bei Foma verleumdet. Jetzt ist er weggegangen; aber wer weiß, vielleicht hinterbringt er ihm morgen irgend etwas! Aber ich habe jetzt da alles in Ordnung gebracht, lieber Freund, und fühle mich ruhig... Und nun bin ich zu dir geeilt. Endlich bin ich wieder mit dir zusammen!« sagte er gefühlvoll und drückte mir die Hand. »Ich dachte schon, mein Bester, du hättest dich gar zu sehr geärgert und würdest dich bestimmt davonmachen. Ich habe dich sogar bewachen lassen. Nun, Gott sei Dank, diese Gefahr ist ja jetzt vorüber! Aber was sagst du zu Gawrilas Auftreten vorhin? Und die Geschichte mit Falalej, und du selbst – und so immer eins nach dem andern! Na, Gott sei Dank, Gott sei Dank! endlich kann ich mich mit dir nach Herzenslust aussprechen. Ich will dir mein Herz ausschütten. Reise nicht ab, lieber Sergej; du bist der einzige Mensch, den ich habe, du und Korowkin...«

»Aber erlauben Sie, was haben Sie denn da eigentlich in Ordnung gebracht, lieber Onkel, und worauf soll ich hier nach dem, was geschehen ist, noch länger warten? Ich muß gestehen, daß mir der Kopf von alledem schon ganz schwindlig ist.«

»Aber ist denn mein Kopf etwa heil und gesund? Der tanzt hier schon seit einem halben Jahre fortwährend Walzer, mein armer Kopf! Aber Gott sei Dank, jetzt ist alles wieder in Ordnung. Erstens haben sie mir verziehen, vollständig verziehen, unter verschiedenen Bedingungen natürlich; aber ich bin jetzt fast ganz frei von Befürchtungen. Meiner Alexandra haben sie auch verziehen. Nein, Alexandra, Alexandra, wie die vorhin auftrat... sie hat ein heißes Herzchen! Sie ließ sich ja ein bißchen zu sehr hinreißen; aber was hat sie für ein goldenes Herzchen! Ich bin stolz auf dieses Mädchen, lieber Sergej. Möge Gottes Segen allzeit auf ihr ruhen! Dir haben sie ebenfalls verziehen, und weißt du sogar wie? Du kannst alles tun, was du willst, durch alle Zimmer und auch in den Garten gehen, sogar wenn Gäste da sind, – kurz, alles, was du willst; aber nur unter der einen Bedingung, daß du morgen in Mamas und Foma Fomitschs Gegenwart selbst nichts sagst, – das ist die unerläßliche Bedingung; das heißt absolut keine Silbe (ich habe es schon an deiner Statt versprochen), sondern du sollst nur zuhören, was Ältere, Höherstehende... das heißt, ich wollte sagen, was andere reden. Sie haben gesagt, du seiest noch zu jung. Das mußt du nicht übelnehmen, lieber Sergej; du bist ja tatsächlich noch jung... Das sagt auch Anna Nilowna...«

Allerdings war ich noch sehr jung und bewies das sogleich dadurch, daß ich, über solche beleidigenden Bedingungen empört, heftig aufbrauste.

»Hören Sie mal, lieber Onkel!« rief ich, nur mühsam atmend, »sagen Sie mir nur das eine, und beruhigen Sie mich: bin ich hier in einer richtigen Irrenanstalt oder nicht?« »Na, siehst du wohl, lieber Freund, da übst du gleich wieder Kritik! Du kannst dich auch gar nicht beherrschen!« antwortete mein Onkel betrübt. »In einer Irrenanstalt befindest du dich durchaus nicht; wir sind nur von beiden Seiten ein bißchen hitzig geworden. Aber sag selbst, lieber Freund, wie hast du dich denn benommen? Du erinnerst dich, daß du ihm grob gekommen bist, einem Mann, der sozusagen schon in respektablem Alter steht.«

»Solche Leute haben kein respektables Alter, lieber Onkel!«

»Na, da gehst du aber doch zu weit, lieber Freund! Das ist übertriebener Liberalismus. Ich bin ja selbst einem vernünftigen Liberalismus nicht abgeneigt; aber das überschreitet doch das richtige Maß; das heißt, ich wundere mich über dich, Sergej.«

»Seien Sie nicht böse, lieber Onkel; ich habe mich vergangen, aber nur Ihnen gegenüber. Was aber Ihren Foma Fomitsch, anlangt...«

»Na aber, wie klingt das: ›Ihren‹! Ach, lieber Sergej, urteile nicht so streng über ihn; er ist ein misanthropischer Mensch, das ist es, ein kränklicher Mensch! Man darf es mit ihm nicht so genau nehmen. Aber dafür ist er ein edler Mensch, das heißt geradezu der edelste aller Menschen! Du warst ja selbst vorhin Zeuge; es ging ordentlich ein leuchtender Glanz von ihm aus. Und daß er manchmal seltsame Streiche macht, das darf man nicht so beachten. Na, bei wem käme denn so etwas nicht vor?«

»Aber ich bitte Sie, lieber Onkel! Vielmehr: bei wem kommt denn so etwas vor?«

»Ach, du redest immer dasselbe! Du besitzt zu wenig Gutherzigkeit, lieber Sergej, und kannst nicht verzeihen!...«

»Nun gut, lieber Onkel, gut! Lassen wir dieses Thema! Sagen Sie, haben Sie Nastasja Jewgrafowna gesehen?«

»Ach, lieber Freund, um sie hat es sich ja gerade gehandelt. Siehst du, lieber Sergej, erstens (und das ist das Wichtigste ): wir haben alle beschlossen, ihm, das heißt Foma, morgen unbedingt zum Geburtstage zu gratulieren, weil morgen tatsächlich sein Geburtstag ist. Alexandra ist ein braves Mädchen; aber darin irrt sie sich; wir wollen also alle in corpore hingehen, noch vor der Frühmesse, recht früh. Ilja wird ihm ein Gedicht aufsagen; dadurch wird er sich angenehm berührt fühlen; kurz gesagt, es wird ihm schmeicheln. Ach, wenn doch auch du, lieber Sergej, ihm mit uns zusammen gratulieren wolltest! Er würde dir vielleicht vollständig verzeihen. Wie schön wäre es, wenn ihr euch versöhntet! Vergiß die Kränkung, lieber Sergej; du selbst hast ihn ja auch gekränkt... Er ist doch ein überaus achtenswerter Mensch!«

»Lieber Onkel! Lieber Onkel!«, rief ich, da ich den letzten Rest von Geduld verlor; »ich möchte mit Ihnen über etwas sehr Wichtiges sprechen, und Sie... Ich frage noch einmaclass="underline" wissen Sie auch wohl, wissen Sie auch wohl, was mit Nastasja Jewgrafowna vorgeht?«

»Gewiß, lieber Freund. Was hast du denn? Warum schreist du so? Ihretwegen ist ja vorhin dieser ganze Streit entstanden. Er ist übrigens eigentlich nicht erst vorhin entstanden, sondern schon vor langer Zeit. Ich wollte dir nur früher nichts davon sagen, um dich nicht zu erschrecken; denn man wollte sie einfach aus dem Haus weghaben, und forderte von mir, ich solle sie wegschicken. Du kannst dir meine Lage vorstellen... Na, aber Gott sei Dank, jetzt ist das alles wieder in Ordnung. Man hatte gedacht (siehst du, ich will dir nur alles bekennen), man hatte gedacht, ich sei selbst in sie verliebt und wolle sie heiraten, kurz, mich in mein Verderben stürzen; denn das würde tatsächlich mein Verderben sein: das hat man mir klargemacht... Und um mich zu retten, hatte man beschlossen, sie aus dem Haus zu schaffen. Alles geht von Mama aus; am eifrigsten ist dabei aber Anna Nilowna. Foma verhält sich vorläufig still. Aber jetzt habe ich sie alle davon überzeugt, daß sie auf falscher Fährte waren, und ich muß dir gestehen, ich habe ihnen schon mitgeteilt, du bewürbest dich offiziell um Nastasja und seist zu diesem Zweck hergekommen. Na, das hat sie einigermaßen beruhigt, und Nastasja wird nun hierbleiben, wenn auch nicht definitiv, sondern nur so auf Probe, aber sie wird doch hierbleiben. Sogar du bist in der allgemeinen Achtung gestiegen, da ich erklärt habe, daß du dich verloben willst. Wenigstens scheint Mama sich beruhigt zu haben. Nur Anna Nilowna brummt immer noch! Ich weiß gar nicht, was ich mir noch ausdenken soll, um es ihr recht zu machen. Was mag sie nur beabsichtigen, diese Anna Nilowna?«

»Lieber Onkel, in was für einem Irrtum befinden Sie sich! Wissen Sie auch, daß Nastasja Jewgrafowna morgen von hier wegfährt, wenn sie nicht bereits heute weggefahren ist? Wissen Sie auch, daß ihr Vater heute extra deshalb hergekommen ist, um sie abzuholen? Daß schon alles entschieden ist, daß sie selbst mir heute persönlich davon Mitteilung gemacht und mir zum Schluß einen Gruß an Sie aufgetragen hat, – wissen Sie das oder nicht?«

Der Onkel blieb in der Haltung, in der er sich gerade befand, starr vor mir stehen, nur daß er den Mund öffnete. Es schien mir, daß er zusammengezuckt war und ein Stöhnen sich seiner Brust entrang.