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»Hol euch dieser und jener!« erwiderte Stepan Alexejewitsch, der vom Gehen schon ganz außer Atem war, weil er wegen seiner Korpulenz gar nicht mehr ans Gehen gewöhnt war.

»Fahr vollen Galopp!« schrie Misintschikow dem Kutscher zu.

»Was machst du, was machst du, halt an!« rief mein Onkel noch; aber der Wagen jagte bereits dahin. Misintschikow hatte sich nicht geirrt: nach wenigen Augenblicken trat die gewünschte Wirkung ein.

»Halt an! Halt an!« erscholl hinter uns ein verzweifeltes Geschrei. »Halt an, du Schurke! Halt an, du Mörder!«

Endlich erschien der Dicke, müde, halb erstickt, mit Schweißtropfen auf der Stirn, mit aufgebundenem Halstuch und mit der Mütze in der Hand. Schweigend und mit finsterem Gesicht stieg er in den Wagen; dieses Mal trat ich ihm meinen Platz ab; so saß er wenigstens nicht Tatjana Iwanowna gegenüber, die sich nach dieser Szene vor Lachen ausschütten wollte, in die Hände klatschte und während der ganzen übrigen Fahrt Stepan Alexejewitsch nicht gleichmütig ansehen konnte. Er aber sprach seinerseits, bis wir nach Hause gekommen waren, keine Silbe und blickte hartnäckig auf das eine sich drehende Hinterrad des Wagens.

Es war schon gegen zwölf Uhr mittags, als wir wieder nach Stepantschikowo kamen. Ich ging geradewegs zu meinem Sommerhäuschen, wo unmittelbar darauf Gawrila mit dem Tee erschien. Ich wollte den Alten schnell nach allerlei fragen; aber gleich hinter ihm trat mein Onkel ein und schickte ihn sogleich fort.

II

Neuigkeiten

»Ich bin nur auf einen Augenblick zu dir gekommen, lieber Freund«, begann er eifrig; »ich wollte dir schnell dies und das mitteilen... Ich habe mich schon nach allem erkundigt. Es ist heute niemand von ihnen zur Messe gewesen außer Ilja, Alexandra und Nastassja. Mama hat, wie es heißt, Krämpfe bekommen; sie haben ihr den Leib mit Tüchern abgerieben und sie mit Müh und Not wieder zu sich gebracht. Jetzt sollen sich alle bei Foma versammeln, und ich bin auch dazu aufgefordert worden. Ich weiß nur nicht, ob ich Foma zum Namenstag gratulieren soll oder nicht; das ist ein wichtiger Punkt! Und dann: wie werden sie diesen ganzen Vorfall aufnehmen? Es ist entsetzlich, lieber Sergej; ich habe schon so eine Ahnung...«

»Im Gegenteil, lieber Onkel«, beeilte ich mich zu erwidern; »alles gestaltet sich vorzüglich. Jetzt ist es Ihnen ja schlechterdings unmöglich, Tatjana Iwanowna zu heiraten; was ist allein das schon wert! Ich wollte Sie schon unterwegs darauf hinweisen.«

»Richtig, richtig, mein Freund. Aber das ist alles nicht die Hauptsache; in alledem sieht man allerdings den Fingerzeig Gottes, wie du sagst; aber davon wollte ich nicht reden... Die arme Tatjana Iwanowna! Was passieren doch mit ihr für Geschichten! Dieser Obnoskin ist doch wirklich ein Schurke, wirklich ein Schurke! Übrigens, wie kann ich ihn einen Schurken nennen? Wäre denn, wenn ich sie geheiratet hätte, meine Handlungsweise nicht auf dasselbe hinausgelaufen?... Aber auch davon wollte ich nicht reden... Hast du gehört, was vorhin diese nichtswürdige Anfissa mit Bezug auf Nastasja schrie?«

»Ja, ich habe es gehört, lieber Onkel. Haben Sie nun eingesehen, daß Eile not tut?«

»Unbedingt und um jeden Preis!« antwortete der Onkel. »Der entscheidende Augenblick ist gekommen. Nur an eines, lieber Freund, haben wir beide, du und ich, gestern nicht gedacht; aber ich habe nachher die ganze Nacht darüber nachgedacht: wird sie mich auch nehmen? Siehst du, das ist die Frage!«

»Aber ich bitte Sie, lieber Onkel! Wo sie doch selbst gesagt hat, daß sie Sie liebt. ..«

»Aber, mein Freund, sie hat ja sofort hinzugefügt, sie werde mich um keinen Preis heiraten.«

»Ach, lieber Onkel! Das wird immer nur so gesagt; zudem haben sich doch auch inzwischen die Verhältnisse geändert.«

»Meinst du? Nein, lieber Sergej, das ist eine heikle Sache, eine sehr heikle Sache! Hm!... Aber weißt du, obwohl ich in Sorge war, war doch die ganze Nacht hindurch mein Herz von einem Glücksgefühl erfüllt!... Na, nun adieu; ich will schnell hin; sie warten auf mich; ich werde so schon zu spät kommen. Ich kam nur in aller Eile zu dir, um ein paar Worte mit dir zu sprechen. Ach, mein Gott!« rief er, wieder umkehrend, »ich habe ja die Hauptsache vergessen! Weißt du was: ich habe ja an ihn geschrieben, an Foma!«

»Wann denn?«

»In der Nacht; und heute morgen, als es Tag wurde, habe ich ihm den Brief durch Widopljassow zugesandt. Ich habe ihm alles auseinandergesetzt, lieber Freund, auf zwei Briefbogen; alles habe ich ihm wahrheitsgemäß und offenherzig erzählt, – kurz, daß ich verpflichtet bin, das heißt, unbedingt verpflichtet bin (du verstehst?), Nastasja einen Antrag zu machen. Ich habe ihn angefleht, von unserer Zusammenkunft im Garten nichts verlauten zu lassen, und habe mich an allen seinen Seelenadel mit der Bitte gewandt, mir bei Mama zu helfen. Ich habe das alles natürlich nur ungeschickt geschrieben, mein Freund; aber ich habe es aus tiefstem Herzen geschrieben und den Brief sozusagen mit meinen Tränen benetzt...«

»Und was geschah? Haben Sie keine Antwort erhalten?«

»Bis jetzt noch nicht; aber heute früh, als wir zur Verfolgung aufbrachen, begegnete ich ihm auf dem Flur; er war noch im Morgenmantel, in Pantoffeln und Schlafmütze; er trägt in der Nacht immer eine Schlafmütze; er ging irgendwohin. Er sagte kein Wort und sah mich nicht einmal an. Ich blickte ihm ins Gesicht, so von unten her; aber es war ihm nichts anzusehen!«

»Lieber Onkel, hoffen Sie nicht auf ihn; er ist Ihnen feindlich gesinnt.«

»Nein, nein, lieber Freund, sag das nicht!« rief mein Onkel mit einer abwehrenden Handbewegung; »ich bin mir sicher. Und zudem ist das ja meine letzte Hoffnung. Er wird mich verstehen; er wird meine Handlungsweise zu würdigen wissen. Er ist mürrisch und launisch, das bestreite ich nicht; aber wenn es sich um den höchsten Seelenadel handelt, dann glänzt er gleichsam wie eine Perle... ja, ganz wie eine Perle. Daß du so über ihn urteilst, Sergej, kommt nur daher, daß du ihn noch nie in solchem Zustand erlebt hast... Aber mein Gott! Wenn er wirklich das Geheimnis von gestern unter die Leute bringt, dann... ich weiß nicht, was dann geschehen wird, Sergej! Woran in der Welt kann man dann noch glauben? Aber nein, er kann kein solcher Schuft sein. Ich kann mich in moralischer Hinsicht gar nicht mit ihm vergleichen! Schüttle nicht den Kopf, lieber Freund; das ist die Wahrheit; es ist so.«

»Jegor Iljitsch! Ihre Frau Mutter ist in großer Unruhe«, erscholl von draußen Fräulein Perepelizynas unangenehme Stimme; wahrscheinlich hatte diese Dame durch das offene Fenster unser ganzes Gespräch mit angehört. »Man sucht Sie im ganzen Haus und kann Sie nicht finden.«

»Mein Gott, ich habe mich verspätet! So ein Unglück!« rief der Onkel in großer Aufregung. »Lieber Freund, um Gottes willen, zieh dich um und komm auch hin! Ebendeswegen war ich zu dir gekommen, damit wir zusammen hingehen... Ich komme, ich komme, Anna Nilowna; ich komme!«

Als ich allein geblieben war, erinnerte ich mich an die Begegnung, die ich am Morgen mit Nastasja gehabt hatte, und war recht zufrieden, daß ich dem Onkel nichts davon erzählt hatte; ich hätte seine Unruhe dadurch nur vergrößert. Ich sah ein schweres Unwetter voraus und konnte nicht begreifen, auf welche Weise der Onkel seinen Willen durchsetzen und Nastasja einen Heiratsantrag machen werde. Ich wiederhole: obwohl ich von seiner edlen Absicht völlig überzeugt war, zweifelte ich doch unwillkürlich daran, daß es ihm gelingen würde, sie auszuführen.

Indes, ich mußte mich beeilen. Ich hielt es für meine Pflicht, ihm zu helfen, und begann sogleich, mich umzuziehen; aber da ich mich möglichst gut ankleiden wollte, so verging darüber trotz aller Eile doch mehr Zeit, als mir lieb war. Da trat Misintschikow ins Zimmer.