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»Neu ermutigt durch Don Pedros

Edle Worte, riefen alle

Diese neunzehn Kastilianer,

Die schon in den Sätteln schwankten,

Kühn, obwohl mit matter Stimme:

›Heil’ger Jago, Spaniens Schirmherr!

Ruhm und Ehre sei Don Pedro,

Diesem Löwen von Kastilien!‹

Aber sein Kaplan Diego

Ließ sich halblaut so vernehmen:

›An des Feldherrn Stelle hätt ich

Lieber dies gelobt den Heil’gen:

›Essen will ich nichts als Braten,

Trinken nichts als Zyperwein.‹ «

»Na, seht ihr wohl? Habe ich nicht ganz dasselbe gesagt?« rief der Onkel höchst erfreut. »In dem ganzen Heer gab es nur einen einzigen vernünftigen Menschen, und auch der ist irgend so ein Kaplan! Was ist das, Sergej? Das ist wohl bei denen ein Hauptmann?«

»Ein Mönch, ein Geistlicher, lieber Onkel.«

»Ach, ja, ja! Kaplan, Kaplan, ich weiß schon, ich erinnere mich! Ich habe den Ausdruck schon in Radcliffeschen Romanen gelesen. Es gibt da bei ihnen ja wohl verschiedene Orden, nicht?... Benediktiner, glaube ich... Gibt es nicht Benediktiner?...«

»Ja, die gibt es, lieber Onkel.«

»Hm... Das habe ich mir auch so gedacht. Nun, lieber Ilja, wie geht es weiter? Ein schönes, vortreffliches Gedicht!«

»Dieses hörte Pedro Gomez,

Und er sprach mit heitrem Lachen:

›Gebt ihm einen ganzen Hammel;

Denn nicht übel war sein Witz!...‹ «

»Na ja, das war wohl für ihn gerade die richtige Zeit zum Lachen! So ein Dummerjan! Zuletzt kam ihm die Geschichte selbst lächerlich vor! Einen Hammel! Also waren doch Hammel da; warum hat er selbst keinen gegessen? Na, lieber Ilja, nun weiter! Ein schönes, vorzügliches Gedicht! Außerordentlich satirisch!«

»Aber es ist ja schon zu Ende, Papa!«

»Ah, es ist zu Ende! In der Tat, was hätte er denn auch weiter tun können? Nicht wahr, Sergej? Du hast deine Sache sehr gut gemacht, Ilja! Wunderhübsch! Gib mir einen Kuß, mein Herzchen! Ach, du mein lieber Junge! Aber wer hat ihn eigentlich auf den Gedanken gebracht, dieses Gedicht zu lernen? Du, Alexandra?«

»Nein, Nastasja ist es gewesen. Wir lasen das Gedicht neulich, und da sagte sie: ›Was für ein komisches Gedicht das ist! Nächstens ist Iljas Namenstag: wir wollen es ihn auswendig lernen und aufsagen lassen. Das wird viel Gelächter geben!‹ «

»Also Nastasja ist es gewesen? Nun, vielen Dank, vielen Dank!« murmelte der Onkel, der auf einmal errötet war wie ein Kind. »Gib mir noch einen Kuß, lieber Ilja! Und du auch, du Schelmin!« fuhr er fort, indem er Alexandra umarmte und ihr liebevoll in die Augen sah.

»Warte nur, Alexandra; du wirst auch deinen Namenstag haben«, fügte er hinzu, wie wenn er gar nicht wüßte, was er vor lauter Freude sagen sollte.

Ich wandte mich an Nastasja mit der Frage, von wem das Gedicht sei.

»Ja, ja, von wem ist das Gedicht?« fiel der Onkel hastig ein. »Jedenfalls hat es ein kluger Dichter geschrieben; nicht wahr, Foma?«

»Hm!« brummte Foma.

Während der ganzen Deklamation des Gedichtes war ein bissiges, spöttisches Lächeln nicht von seinen Lippen gewichen.

»Ich habe es wirklich vergessen«, antwortete Nastasja mit einem ängstlichen Blick auf Foma Fomitsch.

»Herr Kusma Prutkow hat es geschrieben, Papa; es ist im ›Zeitgenossen‹ erschienen«, rief Alexandra in munterem Ton.

»Kusma Prutkow! Den kenne ich nicht«, sagte der Onkel. »Ja, Puschkin, den kenne ich!... Übrigens ist es klar, daß er ein begabter Dichter ist; nicht wahr, Sergej? Und überdies ein Mensch mit edlen Eigenschaften; das ist klar, sonnenklar! Vielleicht ist er sogar Offizier... Ich muß ihn loben. Und der ›Zeitgenosse‹ ist ein vorzügliches Journal! Wir müssen es unbedingt abonnieren, wenn lauter solche Dichter daran mitarbeiten... Ich kann die Dichter gut leiden! Es sind prächtige Menschen! Alles drücken sie in Versen aus! Erinnerst du dich, Sergej: ich lernte bei dir in Petersburg einen Literaten kennen; er hatte so eine eigentümliche Nase... wirklich!... Was sagtest du, Foma?«

Foma Fomitsch, dessen Mißstimmung immer stärker wurde, kicherte laut.

»Nein, ich habe nur so... es ist nichts...«, sagte er, wie wenn er nur mit Mühe das Lachen unterdrückte. »Fahren Sie fort, Jegor Iljitsch, fahren Sie fort! Was ich zu sagen habe, werde ich später sagen... Auch Stepan Alexejewitsch hier wird mit großem Vergnügen von Ihren Bekanntschaften mit Petersburger Literaten hören...«

Stepan Alexejewitsch, der die ganze Zeit über nachdenklich etwas abseits gesessen hatte, hob auf einmal den Kopf, errötete und drehte sich mit ingrimmiger Miene auf dem Lehnstuhl um.

»Reizen Sie mich nicht, Foma, sondern lassen Sie mich in Ruhe!« sagte er, indem er Foma zornig mit seinen kleinen, blutunterlaufenen Augen anblickte. »Was schert mich Ihre Literatur? Wenn mir nur Gott Gesundheit gibt«, murmelte er vor sich hin, »dann kann meinetwegen alle der Deibel holen... mitsamt den Schriftstellern... Das sind doch lauter Voltairianer, weiter nichts!«

»Die Schriftsteller sind Voltairianer?« sagte Jeshewikin, der sich sofort neben Herrn Bachtschejew befand. »Da haben Sie ein sehr wahres Wort gesprochen, Stepan Alexejewitsch. So drückte sich auch Walentin Ignatitsch kürzlich aus. Auch mich selbst hat man einen Voltairianer genannt; es ist tatsächlich wahr, bei Gott! Und dabei habe ich, wie jeder weiß, nur ganz wenig geschrieben... Aber das ist mir denn auch schlecht bekommen: dem alten Weib ist ein Topf Milch sauer geworden – und an alldem ist Herr Voltaire schuld! So geht es bei uns immer!«

»Aber nicht doch!« bemerkte mein Onkel würdevoll; »das ist doch ein Irrtum! Voltaire war nur ein geistreicher Schriftsteller und machte sich über allerlei althergebrachte Meinungen lustig; aber ein Voltairianer ist er niemals gewesen! Das haben alles nur seine Feinde über ihn in Umlauf gebracht. Wirklich, womit hat der arme Kerl es verdient, daß alle über ihn herfallen?«

Von neuem ließ sich Foma Fomitschs boshaftes Kichern vernehmen. Beunruhigt blickte der Onkel zu ihm hinüber und wurde sichtlich verlegen.

»Nein, siehst du, Foma, ich wollte nur von den Journalen reden«, fuhr er in seiner Verwirrung fort, um seine Situation einigermaßen zu verbessern. »Du hattest vollkommen recht, lieber Foma, als du neulich betontest, wir müßten recht viele abonnieren. Ich bin ebenfalls der Ansicht, daß wir das tun müssen!... Hm... ja, wirklich, sie verbreiten Aufklärung! Was ist man denn für ein Sohn des Vaterlandes, wenn man sie nicht abonniert? Nicht wahr, Sergej? Hm!... Ja!... Da ist zum Beispiel der ›Zeitgenosse‹... Aber weißt du, lieber Sergej, die stärksten Wissenschaften stehen doch meiner Ansicht nach in dem dicken Journal... wie heißt es doch gleich? Es hat so einen gelben Umschlag...«

» ›Vaterländische Aufzeichnungen‹, Papa!«

»Na ja, ›Vaterländische Aufzeichnungen‹. Und ein vortrefflicher Titel ist das, Sergej, nicht wahr? Es sitzt sozusagen das ganze Vaterland da und macht Aufzeichnungen... Ein edles Ziel! Ein sehr nützliches Journal! Und wie dick! Probier’s mal und gib so einen Wälzer heraus! Und Wissenschaften sind darin, solche Wissenschaften, daß einem die Augen ordentlich aus dem Kopf springen... Neulich kam ich her, da lag hier ein Heft; ich nahm es aus Neugier in die Hand, schlug es auf und las auf einen Hieb drei Seiten hintereinanderweg. Ich sperrte geradezu Mund und Nase auf, lieber Freund! Und weißt du, über alles mögliche wird da Auskunft gegeben: was bedeutet zum Beispiel Besen, Schaufel, Kochlöffel, Topfgabel? Meiner Ansicht nach ist ein Besen eben ein Besen und eine Topfgabel eine Topfgabel! Aber nein, lieber Freund, warte nur! Anhand der Wissenschaft stellt es sich heraus, daß eine Topfgabel nicht eine Topfgabel ist, sondern ein Emblem oder etwas Mythologisches; ich erinnere mich nicht mehr recht, was; aber so ungefähr war es... Es ist ganz erstaunlich! Sie haben es weit gebracht!«.