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»Herrgott!« sagte er endlich, »wer konnte das ahnen? Aber freilich... freilich kann das einem jeden passieren. Foma, ich versichere dir, daß dies ein überaus ehrenhafter, edler und sogar außerordentlich belesener Mensch ist, Foma... du wirst es ja selbst sehen!...«

»Das sehe ich, das sehe ich«, erwiderte Foma, ganz atemlos vom Lachen, »ein außerordentlich belesener Mensch, gewiß, sehr belesen!«

»Und wie er von den Eisenbahnen zu sprechen weiß!« bemerkte Jeshewikin halblaut.

»Foma!...« rief mein Onkel; aber das allgemeine Gelächter übertönte seine Worte. Foma wollte sich ausschütten vor Lachen. Als mein Onkel das sah, lachte er ebenfalls.

»Na, was ist da weiter zu sagen?« rief er entzückt. »Du bist großmütig, Foma; du hast ein edles Herz; du hast mein Glück begründet... du wirst auch diesem Korowkin verzeihen.«

Die einzige, die nicht lachte, war Nastasja. Mit Augen voller Liebe blickte sie ihren Verlobten an und schien sagen zu wollen:

›Was bist du doch für ein prächtiger, gutherziger, edler Mensch, und wie liebe ich dich!‹

VI

Schluß

Fomas Triumph war vollständig und unbestreitbar. In der Tat wäre ohne ihn nichts zustande gekommen, und die vollzogene Tatsache schlug alle Zweifel und Einwände zu Boden. Die Dankbarkeit der Beglückten war grenzenlos. Der Onkel und Nastasja wiesen mich mit heftigen abwehrenden Handbewegungen zurück, als ich auch nur leise anzudeuten versuchte, auf welche Weise Fomas Einwilligung zu ihrer Verlobung erreicht worden war. Alexandra rief: »Der gute, gute Foma Fomitsch! Ich werde ihm ein Kissen mit bunter Wolle sticken!« und sagte sogar zu mir, ich solle mich schämen, so hartherzig zu sein. Der völlig umgewandelte Stepan Alexejewitsch hätte mich, glaube ich, erwürgt, wenn ich auf die Idee gekommen wäre, in seiner Gegenwart etwas Respektloses über Foma Fomitsch zu sagen. Er lief jetzt wie ein Hündchen hinter Foma her, blickte ihn voll Verehrung an und fügte zu jedem Wort desselben hinzu: »Sie sind ein sehr edler Mensch, Foma! Sie sind ein gelehrter Mann, Foma!« Was Jeshewikin anlangt, so befand er sich auf der höchsten Stufe des Entzückens. Der alte Mann hatte schon längst gesehen, daß Nastasja dem guten Jegor Iljitsch den Kopf verdreht hatte, und hatte seitdem im Wachen und im Schlafen nur den einen Gedanken gehabt, wie er ihm seine Tochter zur Frau geben könne. Er hatte an dieser Absicht so lange wie nur irgend möglich festgehalten und erst dann davon Abstand genommen, als es absolut notwendig geworden war; da hatte nun Foma die Sache zustande gebracht; selbstverständlich durchschaute der Alte trotz seines Entzückens Foma Fomitsch vollständig. Kurz, es war klar, daß Foma Fomitsch in diesem Hause für immer zur Herrschaft gelangt war und daß seine Tyrannei nun kein Ende mehr haben werde. Bekanntlich werden selbst die unangenehmsten, launischsten Menschen, wenn man ihre Wünsche erfüllt, wenigstens für einige Zeit sanfter. Aber bei Foma Fomitsch fand das vollständige Gegenteil statt: Bei Erfolgen wurde er immer verdrehter und trug die Nase immer höher.

Kurz vor dem Mittagessen setzte er sich, nachdem er die Wäsche gewechselt und sich umgekleidet hatte, in seinen Lehnstuhl, rief meinen Onkel zu sich und hielt ihm in Gegenwart der ganzen Gesellschaft eine neue Predigt.

»Oberst!« begann er, »Sie wollen eine rechtmäßige Ehe eingehen. Kennen Sie auch wohl die Pflichten...«

Und so weiter und so weiter. Man stelle sich eine Rede vor im Umfange von zehn kleingedruckten Seiten im Format des Journal des Débats, eine Rede voll des blühendsten Unsinns, in der nichts von jenen Pflichten vorkam, sondern lediglich in der schamlosesten Weise Foma Fomitschs eigener Verstand, seine Sanftmut, seine Hochherzigkeit, Mannhaftigkeit und Uneigennützigkeit gepriesen wurden. Alle waren hungrig und sehnten sich nach dem Mittagessen; aber trotzdem wagte niemand, Einspruch zu erheben, und alle hörten das ganz dumme Gewäsch andächtig bis zu Ende an; sogar Bachtschejew saß trotz seines quälenden Appetits, ohne sich zu rühren, höchst respektvoll dabei. Nachdem dann Foma Fomitsch endlich von seiner eigenen Beredsamkeit genug hatte, wurde er ganz heiter, trank bei Tisch sogar ziemlich viel und brachte recht ungewöhnliche Toaste aus. Er begann Witze und Neckereien vorzubringen, natürlich auf Kosten, des jungen Paares. Alle lachten darüber und klatschten Beifall. Aber einige dieser Scherze waren dermaßen schlüpfrig und unzweideutig, daß sogar Bachtschejew verlegen, wurde. Schließlich sprang Nastasja auf und lief vom Tisch weg. Darüber geriet Foma Fomitsch in unbeschreibliches Entzücken; aber er fand sich sofort in die Situation hinein: In kurzen, aber kräftigen Worten schilderte er Nastasjas treffliche Eigenschaften und brachte einen Toast auf die Gesundheit der Abwesenden aus. Mein Onkel, der noch einen Augenblick vorher höchst verlegen gewesen war und arge Qualen ausgestanden hatte, hätte jetzt Foma Fomitsch gern zum Dank umarmt. Überhaupt schienen der Bräutigam und die Braut sich voreinander zu schämen und die Empfindung zu haben, als verdienten sie soviel Glück gar nicht; und ich hatte bemerkt, daß sie seit der Verlobung noch kein Wort miteinander gesprochen, ja es sogar vermieden hatten, einander anzusehen. Als man vom Tisch aufstand, war mein Onkel plötzlich verschwunden, und niemand wußte, wo er geblieben war. Auf der Suche nach ihm kam ich zufällig auf die Terrasse. Dort saß Foma in einem Lehnstuhl beim Kaffee und erging sich, vom Wein stark angeregt, in geistreichen Reden. Bei ihm waren nur Jeshewikin, Bachtschejew und Misintschikow. Ich blieb da, um zuzuhören.

»Warum«, rief Foma, »warum bin ich bereit, für meine Überzeugungen auf der Stelle den Scheiterhaufen zu besteigen? Und warum ist von Ihnen niemand imstande, das zu tun? Woher kommt das, woher kommt das?«

»Aber daß Sie den Scheiterhaufen besteigen, Foma Fomitsch, wäre doch recht überflüssig!« erwiderte Jeshewikin, um ihn zu verspotten. »Was hätte das für einen Sinn! Erstens tut es weh, und zweitens, wenn Sie verbrannt werden, was bleibt dann von Ihnen übrig?«

»Was übrigbleibt? Edle Asche bleibt übrig. Aber wie können Sie mich verstehen, wie können Sie mich würdigen! Für Sie alle gibt es keine anderen großen Männer als solche wie Cäsar und Alexander von Mazedonien! Aber was hat Ihr Cäsar getan? Wen hat er glücklich gemacht? Was hat Ihr berühmter Alexander von Mazedonien getan? Die ganze Welt erobert? Aber geben Sie mir eine ebensolche Phalanx, dann werde ich sie auch erobern, und Sie werden es ebenfalls können. Aber andrerseits hat er den tugendhaften Clitus getötet, und ich habe keinen tugendhaften Clitus getötet. So ein Gelbschnabel! So eine Kanaille! Mit Ruten hätte man ihn peitschen sollen, aber nicht ihn in der Weltgeschichte preisen... und ebenso ist es mit Cäsar!«

»Aber wenigstens gegenüber Cäsar sollten Sie Milde walten lassen, Foma Fomitsch!«

»Ich lasse gegenüber diesem Dummkopf keine Milde walten!« rief Foma.

»Nein, keine Milde!« fiel Stepan Alexejewitsch eifrig ein, der ebenfalls etwas angetrunken war. »Es ist gar kein Grund, da Milde walten zu lassen; die Kerle sind allesamt Faxenmacher; möchten immer nur auf einem Bein herumhüpfen! Die Narren! Da wollte heute einer ein Stipendium stiften. Aber was ist denn das, ein Stipendium? Weiß der Deibel, was das bedeutet! Ich möchte, wetten, daß es irgend so eine neue Gemeinheit ist. Und der andere da vorhin schwatzt in anständiger Gesellschaft Unsinn zusammen und bittet sich ein Glas Rum aus! Meine Ansicht ist: Warum soll man nicht trinken? Trink du nur, trinke; aber dann mach auch eine Pause; nachher kannst du meinetwegen wieder trinken... Es ist gar kein Grund, diesen Leuten gegenüber Milde walten zu lassen! Gauner sind sie allesamt! Der einzige Gelehrte sind Sie, Foma!«