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Dann drehte sich der Mameluck und mit einem rückwärts gerichteten Hieb wollte er seine Klinge auf den Rücken von Hawkwoods Schwerthand niedersausen lassen. Hawkwood drehte das Handgelenk in Querstellung und spürte den Biss des Rasiermessers, der seine Handknöchel traf.

Schnell trat Hawkwood zurück und fasste den Stock neu, wobei er den Daumen wie bei einem Rapiergriff ausstreckte und Gewicht und Biegsamkeit prüfte. Es war nicht sehr anders als bei einem Florett, mit dem man sich duellierte; etwas dicker vielleicht, aber die Länge war gleich. Der Hauptunterschied war die scharfe Klinge statt der Spitze. Diese Waffe sollte durchtrennen und spalten, nicht stechen. Es gab auch keinen Schutz für die Hand. Das war wohl die Erklärung für die Narben auf der Hand und dem Unterarm des Mamelucken, genau wie der Schnitt auf Hawkwoods Hand, der jetzt anfing zu bluten.

Wieder kam der Mameluck näher, seine schmale Klinge kam von oben und sauste diagonal durch die Luft. Hawkwood brachte seinen Stock in Stellung, um den Hieb abzufangen, diesmal war er auf den Aufprall vorbereitet und steckte ihn weg, dann verlagerte er sein Gewicht und zielte mit einer Rückhand auf die Kehle des Mamelucken. Der drehte sich zur Seite, und Hawkwood spürte den leichten Widerstand, als seine Klinge den Brustkorb des Gegners traf. Man hörte fast, wie die Zuschauer die Luft anhielten.

»Bravo, Captain!«, ertönte Matisses Stimme mit leichtem Spott.

Aber die Bewegung bedeutete, dass Hawkwood jetzt ungeschützt stand. Der Mameluck grunzte, überlegte und attackierte mit einem peitschenartigen Schlag seiner Klinge Hawkwoods linke Seite. Dieser wich zurück, aber es war zu spät. Er spürte keinen Schmerz, jedenfalls nicht gleich. Erst als er sich aufrichtete, spürte er, wie die Haut an der verletzten Stelle spannte. Er hatte keine Zeit, um nach Blut zu sehen, denn schon war der Mameluck wieder da.

Die Bewegungen des Türken wirkten gemächlich, fast lässig. Das dunkle Gesicht verriet keinerlei Gemütsregung, nicht mal ein kleines, befriedigtes Grinsen darüber, dass der andere verletzt war. Auch schien sein Atem nicht beschleunigt, obwohl Stirn, Schultern und Brust vor Schweiß glänzten.

Ein weiterer Hieb, diesmal gegen Hawkwoods freie linke Schulter. Hawkwood drehte sich blitzschnell um, zielte auf die Sehne an der Innenseite des rechten Handgelenks des Mamelucken und schlug zu.

Er merkte, wie sein Absatz im Kies versank und wusste, er hatte sein Ziel meilenweit verfehlt. Zum ersten Mal sah er etwas wie Freude in den Augen seines Gegners. Er versuchte wieder festen Halt unter die Füße zu bekommen und warf sich zur Seite. Die Klinge des Türken kam im hohen Bogen auf ihn zu.

Hätte er bereits wieder fest gestanden und sich angespannt, dann hätte das Rasiermesser des Türken ihn mit voller Wucht getroffen. Aber Hawkwood taumelte noch immer zurück. Die Klinge zog über sein Brustbein und traf Hemd und Haut gleichermaßen. Diesmal spürte er es: ein scharfer, brennender Schmerz lief über seine Brust.

Er hörte jemanden fluchen und dachte, es müsse Lasseur sein. Er stand auf, schwang seinen Stock herum, es war mehr ein wilder Hieb als ein koordinierter Gegenschlag, aber als er merkte, wie das Metall eindrang, wusste er, dass er getroffen hatte.

Hawkwoods Klinge hatte den Mamelucken auf der Rückseite des rechten Unterarmes getroffen und zwei Zoll unterhalb des Ellbogens den Muskel bis auf den Knochen durchtrennt. Der Türke brüllte vor Schmerz auf und drehte sich um. Hawkwood versuchte, zu entkommen, er sah die Gefahr näher kommen und parierte den Gegenschlag mit mehr Glück als Geschick, wobei er auf die Halsschlagader des Türken zielte.

Das hätte die Entscheidung sein können. Wie der Mameluck dem Hieb auswich, würde Hawkwood wohl nie verstehen. Doch aus welchem Grund auch immer, die Klinge verfehlte ihn um Haaresbreite. Im Bruchteil einer Sekunde versuchte Hawkwood noch nachzubessern, aber die Entscheidung war bereits gefallen. Mit der Kraft seines ganzen Körpergewichts traf sein Rasiermesser auf einen der Pfosten und brach durch.

Den umsitzenden Männern stockte der Atem.

Blut tropfte von Arm und Bauch des Mamelucken. Er atmete jetzt schwerer. Seine Mundwinkel hoben sich. Entschlossen hob er die Klinge und griff abermals an.

Doch Hawkwood war bereit. Seine rechte Hand schoss vor und dem Mamelucken flog ein Hagel kleiner Steinchen ins Gesicht. Er riss seine linke Hand hoch, um seine Augen zu schützen. Hawkwood benutzte eine Schwelle im Boden als Stütze und warf sich auf den Gegner, der vorübergehend blind war.

Hawkwoods Schulterwurf hob den Mamelucken in die Luft. Ineinander verkeilt, krachten die beiden Männer durch den Kreis der Zuschauer, die erschreckt auseinanderstoben.

Hawkwoods linke Hand packte den Schwertarm des Mamelucken. Der Türke stieß Hawkwood seine andere Faust in den Magen. Die Luft wich schlagartig aus seiner Lunge. Der Türke umklammerte mit der linken Hand Hawkwoods Hals und fing an zu drücken.

Der Körpergeruch des Mamelucken war überwältigend, eine Mischung aus Moschus, Schweiß und Blut. Hawkwood spürte, wie sein Hals immer enger wurde. Ein roter Nebel erschien vor seinen Augen. Da rammte er dem Türken sein Knie zwischen die Beine und hob die freie Hand. Er hörte ein kurzes Aufstöhnen, merkte, wie der Griff um seinen Hals sich lockerte, bog das Handgelenk des Türken zurück und rammte seinen Kopf mit voller Wucht gegen die ungeschützte Nase des anderen. Der Kopf des Mamelucken flog zurück. Hawkwood trat nach links zur Seite, packte mit der Rechten den Schwertarm des anderen und während er dessen Handgelenk verdrehte, bis es unbeweglich war, ließ er mit der linken Hand los und schlug mit dem Handballen gegen dessen Ellbogengelenk. Es krachte dumpf. Ein Schauer durchzog den Türken. Seine Hand öffnete sich und das Rasiermesser fiel in den Kies. Hawkwood verstärkte den Druck auf den verletzten Arm. Der Mameluck fiel auf die Knie. Er stieß ein lautes Schmerzgeheul aus. Aus seiner gebrochenen Nase lief Blut über sein Kinn. Mit schmerzverzerrtem Gesicht sank er auf das Deck nieder.

Hawkwood richtete sich auf, aber Lasseur schrie ihm eine Warnung zu.

Blitzschnell drehte Hawkwood sich um. Der Mameluck hatte das Rasiermesser aufgehoben. Er hockte auf einem Knie. Sein rechter Arm hing nutzlos herunter. Das Rasiermesser blitzte. Auf seinem Gesicht lag jetzt ein brutaler Ausdruck.

Hawkwoods rechter Fuß schoss vor. Der Absatz traf den Mamelucken am Unterkiefer. Die dunklen Augen rollten unkontrolliert, er brach zusammen und lag still.

Eine schockierte Stille trat ein.

Dupin war der Erste, der hervortrat. Er bückte sich und hob den Kopf des Mamelucken an. Er ließ ihn wieder fallen, starrte Hawkwood an und wandte sich dann an Matisse. »Sein Genick ist gebrochen.«

»Zufrieden?«, fragte Hawkwood kühl.

»Sehr eindrucksvoll«, sagte Matisse leise. »Nicht ganz das Ergebnis, das ich mir vorgestellt hatte. Sie haben meinen Vertreter erledigt, und überzeugend dazu. Wer hätte das gedacht? Sie mögen ein Offizier sein, Captain Hooper, aber eine innere Stimme sagt mir, dass Sie kein Gentleman sind.« Die dunklen Brillengläser blitzten im Laternenschein.

»Ich nehme das als Kompliment«, sagte Hawkwood. Er war plötzlich sehr müde und hatte ein überwältigendes Verlangen nach einem starken Drink.

Lasseur löste sich aus der Reihe der Zuschauer. »Sie haben sich etwas Zeit gelassen, mein Freund. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht.«

»Da waren Sie nicht der Einzige«, sagte Hawkwood müde und zuckte zusammen. Er wies Lasseurs ausgestreckten Arm zurück und hob das blutgetränkte Hemd an, um seine Verletzungen zu begutachten, wobei er auch seine blutigen Knöchel sah. Der Schnitt in seiner linken Seite war nicht sehr tief, würde aber ein paar Stiche gebrauchen können. Was den Schnitt auf seiner Brust anging, so würde diese Narbe wahrscheinlich schlimmer aussehen, als es tatsächlich war. Noch mehr Kriegswunden, dachte Hawkwood. Er wusste, dass er Glück gehabt hatte. Er sah hinunter auf die Leiche des Mamelucken. Wie leicht hätte es anders ausgehen können.