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Der Hund raste bereits an ihm vorbei, als er die Tür mit einem so gewaltigen Schwung aufstieß, dass sie gegen die Wand krachte.

Der Mann drehte sich um, die Hand über seinem halbgeöffneten Hosenlatz. In seinem Gesicht stand der Schock. Er hatte keine Narbe, es war also nicht der Mann, den Jess als ihren Helfer beschrieben hatte.

Knurrend stürzte der Hund auf ihn zu. Für sein Alter war er plötzlich äußerst beweglich.

Instinktiv holte der Mann zu einem Fußtritt aus. Der Hund jaulte laut vor Schmerz, als der Stiefel seine Rippen traf. Die Frau schrie auf, als Lasseur einen Satz machte und dem Mann mit der Faust einen kräftigen Kinnhaken verpasste. Man hörte das satte Geräusch, das entsteht, wenn Handknöchel auf Unterkiefer treffen. Mit einem schmerzhaften Grunzen zuckte der Mann zurück, doch Lasseur hatte seine Alkoholfahne bereits wahrgenommen. Er legte gleich noch nach, indem er den Mann am Arm packte und ihm eine Handvoll Haare ausriss. Er schleuderte den Mann quer durch den Raum. Die Frau ließ sich vom Tisch gleiten und fing an, ihre Kleider in Ordnung zu bringen. Der Hund bellte den Mann wütend an, dieser entwand sich Lasseurs Griff und taumelte rückwärts durch die offene Tür nach draußen. Lasseur, die Augen dunkel vor Zorn, stürzte hinter ihm her. Der Mann befühlte seine Lippe mit der Hand. Sie war blutig. Er starrte auf das Blut, dann auf Lasseur, schließlich auf die Frau.

»Du Schlampe! Du wolltest es doch! Sag bloß, dass es nicht wahr ist!«

Sie stand in der Tür und hielt die zerrissene Bluse mit der Hand zusammen. Ihr Gesicht brannte, sie atmete schwer.

»Nicht mit dir, Seth! Mit dir niemals! Eher friert die Hölle zu.«

Der Blick des Mannes wanderte zu Lasseur, dann sah er zur Seite. Lasseurs Herz blieb stehen, als er sah, was der Mann gerade entdeckt hatte.

Sie bewegten sich gleichzeitig, aber Lasseur wusste, dass er es nicht schaffen würde, er war zu weit entfernt. Mit einem Ruck zog der Mann die Axt aus dem Hackklotz. Sein Mund verzog sich zu einem schiefen Grinsen. »Erst mach ich dich fertig, dann nehme ich sie mir vor.«

Lasseur sah sich nach einer Waffe um. Er ergriff einen Prügel und hielt ihn vor sich wie eine Keule. Es schien ein hoffnungsloses Unterfangen.

Der Hund bellte. Er hatte seinen Mut wiedergefunden und kam aus der Küche gerannt. Die Frau griff nach seinem Hals, aber er riss sich los. Ihre Bluse öffnete sich wieder und gab ihre nackte Brust frei. »Rab, nein!«

Der Mann schwang die Axt. Der Hund sprang zur Seite, und die Klinge verpasste seinen Kopf nur knapp. Doch er wurde nur noch wütender und bellte weiter.

Lasseur kam langsam näher und hielt sein Holzstück fest.

Der Mann mit der Axt grinste hämisch und zeigte braune, ungleichmäßige Zähne. Sein Haar hing in fettigen Strähnen in sein pockennarbiges Gesicht. Er war nicht sehr groß, ungefähr so groß wie Lasseur, aber seine Figur war kompakt und muskulös. »Ist das alles, was dir einfällt?« Er schwang die Axt in Richtung auf Lasseurs Kopf. Lasseur schwang die Keule und versuchte, den Schlag abzufangen. Die Klinge der Axt sauste ins Holz und riss Lasseur die Keule aus der Hand.

Lasseur hörte die Frau aufschreien: »Nein, Seth!«, aber der Angreifer kam wieder näher, die Axt hoch erhoben.

In dem Moment kam eine große, dunkle Gestalt um die Ecke.

»He!«

Der Mann mit der Axt drehte sich um.

Hawkwood schwang den Besen wie eine Peitsche.

Das Gebrüll, das der Mann ausstieß, als der Reisigbusch ihm übers Gesicht fuhr, war so laut, dass sogar der Hund schwieg. Lasseur konnte nur ahnen, wie viele Birkenzweige hier zusammengebunden waren, aber jeder einzelne hatte die Haut des Angreifers aufgerissen wie eine scharfe Kralle. Der Mann ließ die Axt fallen und stolperte davon, wobei er mit den Händen sein aufgerissenes Gesicht bedeckte, von dem das Blut zwischen den Fingern hindurchtropfte.

Lasseur hob die Axt auf. Sein unrasiertes Gesicht war eine grimmige Maske. Ehe Hawkwood ihn zurückhalten konnte, stürzte er ihm nach und warf den Angreifer zu Boden. Der Mann hob die Arme, um sich zu schützen. Sein Gesicht sah aus, als sei er gegeißelt worden.

»Nicht mehr ganz so mutig jetzt, was?«, spottete Lasseur. »Lâche!«

Er sah, wie sich der Gesichtsausdruck des Mannes unter dem strömenden Blut veränderte. Lasseur wusste sofort, dass sein Akzent ihn verraten hatte. Er hob die Axt. Der Mann duckte sich.

Eine Hand legte sich auf seinen Arm. Lasseur hörte, wie die Frau sagte: »Nein, bitte nicht!«

Lasseur schüttelte den Kopf. »Er hat Ihnen Gewalt angetan. Wollen Sie nicht, dass er bestraft wird?«

»So nicht.« Sie sah auf ihren Peiniger hinunter. Ihre Augen blitzten. »Aber wenn du dich hier noch einmal sehen lässt, Seth, dann nehme ich das Gewehr. Das schwöre ich.«

Lasseur warf einen zornigen Blick auf das blutverschmierte Gesicht.

»Wenn du ihn umbringst, Paul«, sagte Hawkwood und seine Hand wanderte von Lasseurs Arm zum Axtstiel, »und wenn wir gefasst werden, dann werden wir tatsächlich aufgehängt.«

»Er soll wissen, dass ich ihn umbringe, wenn er noch einmal in ihre Nähe kommt.«

»Das weiß er«, sagte Hawkwood. »Glaub mir, das weiß er.«

Langsam lockerte Lasseur seinen Griff und ließ es zu, dass Hawkwood ihm die Axt abnahm.

»Geh nach Hause, Seth«, sagte die Frau. Ihr Gesicht war noch immer hochrot. »Geh jetzt, solange du es noch kannst.«

Lasseur trat zurück, seine Augen waren noch immer dunkel vor Wut. Etwas unsicher stand der Mann auf. Mit einem letzten wütenden Blick drehte er sich um und stolperte auf den Wald zu, die Hand auf dem blutenden Gesicht. Erst als er zwischen den Bäumen verschwunden war, steckte Hawkwood die Axt wieder in den Hackklotz.

Lasseur hob den Besen auf und lehnte ihn an die Wand. »Eine stark unterschätzte Waffe, so ein Besen, besonders in den Händen eines Experten.« Er sah Hawkwood an, dann wandte er sich an die Frau. »Sind Sie verletzt, Madame?«

Sie starrte noch immer auf den Waldrand, dann fröstelte sie und schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht verletzt.«

»Aber Sie frieren. Hier, nehmen Sie meine Jacke.«

Lasseur zog seine Jacke aus und sie protestierte nicht, als er sie um ihre Schultern legte. Plötzlich sah sie sich besorgt um. »Rab?«

»Der ist hier«, sagte Lasseur, als der Hund schwanzwedelnd auf sie zukam.

Sie fuhr dem Hund liebevoll durchs Fell, ihr Gesicht war erleichtert.

»Kommen Sie jetzt«, sagte Lasseur behutsam.

Sie zögerte nur kurz, dann hüllte sie sich in die Jacke, zog die zerrissene Bluse über der Brust zusammen und schickte sich an, ins Haus zu gehen.

Hawkwood und Lasseur gingen neben ihr. Der Hund folgte ihnen. Als sie an die Tür kamen, schnappte sie kurz nach Luft, als sähe sie erst jetzt die Unordnung. Der Fußboden war schmutzig und von Trümmern übersät; Scherben von Tongeschirr lagen zwischen zertretenen Zweigen und Blättern. Von den Deckenbalken hingen Pflanzen und Kräuterbündel. Der Raum sah mehr wie eine Apotheke aus als eine Küche.

Sie holte tief Luft, sammelte sich und sagte: »Verzeihen Sie, Captain Lasseur. Ich habe Ihnen noch nicht für Ihr Eingreifen gedankt, und auch Ihnen danke ich, Captain Hooper.«

»Keine Ursache, Madame«, sagte Lasseur mit einer kleinen Verbeugung.

»Ich möchte nicht, dass Sie mich für undankbar halten.«

Die Rötung, die ihr Gesicht noch von der Ohrfeige hatte, ging langsam zurück.