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»Thomas erwähnte seinen Namen. Er sagte, Morgan kontrolliert hier die Schmuggelgeschäfte, und er sei auch derjenige, der unsere Flucht organisiert hat.«

Jess Flynn sah Gadd an, der mit einem entschuldigenden Achselzucken antwortete, ehe er sich ein Stück Brot abbrach, um damit die Soße von seinem Teller zu tunken.

»Wir waren nur neugierig, weiter nichts«, sagte Hawkwood. »Wir wollten wissen, wem wir unsere Freiheit zu verdanken haben.«

»Ich bezweifle, dass Ihr Dank Ezekiel Morgan interessieren würde«, sagte Jess Flynn trocken. »Das Einzige, was den interessiert, ist das Geld, das er für Ihre Beförderung bekommt.«

»Das klingt ja, als ob Sie ihn nicht gerade besonders schätzen«, sagte Hawkwood.

»Kann man’s ihr verdenken?«, sagte Gadd.

»Tom«, sagte Jess Flynn warnend.

Gadd sah sie mit einem Blick an, der deutlich sagte, du kannst es ihnen ruhig sagen.

Jess Flynn zögerte, dann sagte sie: »Mein Mann arbeitete für Morgan. Das war, nachdem wir geheiratet hatten, als er auf der Orion abgemustert hatte. Es gab hier nicht viel Arbeit.«

»Zu viele Schiffe, die nichts mehr zu tun hatten«, warf Gadd ein. »Zu viele Leute, zu wenig Jobs.«

Der Preis für den Frieden, dachte Hawkwood. So war es doch immer. Das Ende der Kriegshandlungen bedeutete immer, dass die Schiffe stillgelegt und ihre Besatzung entlassen wurde. Dadurch entstand ein Heer von Arbeitslosen, die andere Beschäftigungen suchten.

»Er war aber schon immer ein geschickter Handwerker.« Sie lächelte, als sie daran dachte. »Es gab nichts, was er nicht machen konnte.«

»Hat die Scheune dort draußen gebaut.« Gadd deutete mit dem Daumen nach draußen, doch dann presste er den Mund zusammen. »Für Morgan.«

»Ezekiel Morgan ist mein Verpächter«, erklärte Jess Flynn. »Ihm gehört viel Land in dieser Gegend. Das ist die ehrliche Seite seines Geschäfts. Na ja, ehrlich im Vergleich zu seinen anderen Geschäftsinteressen. Als wir hierherkamen, hat die Farm sich nicht selbst getragen. Wir haben Eier und Milch verkauft, aber es hat nicht gereicht. Jack hat alles Mögliche getan, damit wir über die Runden kamen: Er hat Wagen repariert, Pferde beschlagen, Tore gebaut - einfach alles. Er hat sogar Särge geschreinert. Es war schwer, aber wir hatten unser Auskommen. Dann hat Morgan den Pachtzins erhöht. Das erste Mal, als wir nicht bezahlen konnten, wollte Morgan unsere Pferde für einen seiner Transporte geliehen haben. Das nächste Mal wollte er für ein paar Tage einige Fässer unterstellen. Dann war es Tabak. Es dauerte nicht lange, da mussten wir jede Woche etwas für ihn verstecken.

»Und bei Morgan sagt man nicht nein«, unterbrach Gadd. »Zumindest, wenn man weiß, was gut für einen ist. Und wer es doch macht, wird schnell eines Besseren belehrt. Du findest plötzlich, dass zwei deiner Schweine über Nacht gestorben sind, oder dass ein Heuschober abgebrannt ist, oder du hast ein totes Lamm im Brunnen. Da ist es wesentlich einfacher, das zu machen, was Morgan will. Und wenn du Glück hast und alles gutgeht, dann findest du am nächsten Morgen ein Fässchen Branntwein vor deiner Tür.«

Jess Flynn fuhr fort: »Nach einiger Zeit fing Jack an, mit auf Transporte zu gehen. Das Geld war gut. Er fing an als Fassträger, danach wurde er Bote und Späher. Schließlich wurde er einer von Morgans Leutnants.« Sie unterbrach sich und ihre Stimme wurde unsicher. »Und dann ist er eines Nachts nicht mehr wieder gekommen.« Sie verstummte.

Gadd nahm die Geschichte auf. »In Whiteness war eine große Ladung angekommen; zweihundert Fässer, dazu Tabak; sie brauchten siebzig Ponys. Die trugen die Fässer vom Strand hoch. Oben, auf Kemp Stairs, wartete der Zoll auf sie. Zehn von Morgans Männern wurden festgenommen, sechs wurden verletzt, auf drei wurde geschossen, darunter auch Jack, aber er und zwei andere schafften es, zu fliehen. Sie kamen bis Reading Street. Die Zollbeamten durchsuchten die Häuser. Die anderen wurden geschnappt, aber Jack fanden sie nicht. Später ließ Morgan einen Arzt für ihn kommen, aber es war zu spät, er war verblutet.«

Jess Flynn sagte: »Ich dachte, ich müsste die Farm verlassen, aber Morgan sagte, ich könne bleiben. Im Gegenzug kann er die Pferde benutzen, wenn er sie braucht, und ich verstecke auch immer noch Fässer vor dem Zoll. Ab und zu bekomme ich Nachricht, dass ich ihm einen besonderen Gefallen tun soll, und dann nehme ich solche Vagabunden wie Sie auf.«

»Was würde passieren, wenn Sie ihm von Seth erzählten?«, fragte Hawkwood.

»Seth?«, fragte Tom Gadd verwundert. »Was hat das Arschloch denn mit all dem zu tun?«

»Das käme drauf an«, sagte Jess Flynn.

»Worauf?«

»Ob Morgan es als eine Bedrohung für sein Geschäft ansähe, wenn Seth mich belästigt.«

»War er hier?« Gadd sah sie an.

»Und wenn er ihn für eine Bedrohung hielte?«, sagte Hawkwood.

»Dann müsste ich meiner Schwester meine Trauerkleidung leihen.«

»Was hat das Arschloch jetzt wieder gemacht, Jessie?«, fragte Gadd.

»Es ist schon gut, Tom. Es ist nichts passiert.«

»Er wollte sie vergewaltigen«, sagte Lasseur. »Captain Hooper und ich haben ihn verjagt.«

»Um Himmelswillen, Jess!«, sagte Gadd.

»Er war betrunken, Tom.«

»Der verdammte Kerl ist doch immer besoffen«, murmelte Gadd.

»Und wenn Morgan es nicht als ein Risiko für sich ansähe, dass Seth Ihnen nachstellt, was dann?«, fragte Hawkwood.

»Dann würde ich mir ständig Sorgen um Annie und den Jungen machen.«

»Annie?«, sagte Hawkwood. »Ihre Schwester?«

Jess Flynn nickte. »Seth drohte, ihnen was anzutun, wenn ich ihm nicht zu Willen bin. Ich weiß nicht, ob er es wirklich tun würde. Aber wenn ich zu Morgan ginge, der aber nichts täte, und Seth würde es herauskriegen, dann würde er ihnen vielleicht etwas antun, einfach um sich an mir zu rächen.«

Lasseur sah Hawkwood an. »Ich hätte ihn doch umbringen sollen.«

Hawkwood antwortete nicht. Einen Augenblick sah er Jess an. »Also können Sie gar nicht wissen, ob Morgan Ihre oder Seths Partei ergreifen würde?«

»Nein. Aber Seth weiß es auch nicht. Er ist einer von Morgans Boten, aber er weiß, das würde ihn nicht retten, wenn er ausscherte.«

»Und Sie hoffen, dass allein Ihre Drohung, zu Morgan zu gehen, reicht, um Seth in Schach zu halten?«

»Du spielst da ein gefährliches Spiel, Jess«, sagte Gadd.

»Ich weiß, Tom. Das brauchst du mir nicht zu sagen.«

»Dieser verfluchte Morgan«, sagte Gadd.

Draußen bellte der Hund einmal.

»Scheiße!«, stieß Gadd aus und drehte sich erschrocken um.

»Bleib hier«, sagte Jess Flynn. Sie stand schnell auf und ging auf den Hof, schloss aber die Tür hinter sich.

Sie hätten in der Scheune bleiben sollen, dachte Hawkwood, dicht bei dem Versteck hinter den Heuballen. Sie waren unvorsichtig geworden.

»Hier gibt es einen Keller«, sagte Gadd hastig. »Der Eingang ist in der Speisekammer unter der Matte.« Er deutete mit dem Kopf auf eine Tür in der Ecke.

Hawkwood und Lasseur waren bereits auf dem Weg dorthin, als der Riegel an der Hintertür angehoben wurde.

Verdammt, zu spät, dachte Hawkwood.

Die Tür öffnete sich.

»Es ist nur Asa«, sagte Jess Flynn. »Er will die Fässer abholen.«

»Gott sei Dank«, sagte Tom Gadd. Seine Erleichterung war deutlich zu sehen.

Hawkwood und Lasseur halfen beim Aufladen. Es waren insgesamt sechs Fässer. Es dauerte nicht lange, bis sie aus ihrem Versteck hinter den Heuballen geholt waren.

Der Totengräber hatte wieder zwei leere Särge hinten auf dem Wagen. Hawkwood hätte gern gewusst, ob sie neu waren oder dieselben, in denen sie gereist waren. Sie legten in jeden Sarg drei Fässer. Dicht hintereinander passten sie gerade hinein. Higgs nagelte die Deckel mit dünnen Nägeln zu.