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Der Totengräber fuhr auf den Hof und hielt den Wagen vor einer Reihe von Holztüren an, die zum Teil offen standen. Licht fiel nach draußen, in der Luft hing Stallgeruch.

Del kletterte vom Wagen, wobei er fast über den Saum seiner Kutte gestolpert wäre. »Der Boss wollte, dass ich euch gleich zu ihm bringe. Wir probieren’s erst mal hier. Eine Stute ist trächtig. Er glaubt, dass das Fohlen heute Nacht kommen wird. Am besten wartest du hier, Asa.« Er winkte Hawkwood und Lasseur. »Ihr beide kommt mit.«

Del ging voran in die Ställe. Zwei Männer standen ganz hinten vor einer Box. Als sie die Schritte hörten, sahen sie sich um. Der eine ging gebeugt, er hatte schütteres Haar und krumme Beine. Er trug eine dunkle Weste und eine abgewetzte Lederschürze und hielt eine Laterne in der Hand. Der andere Mann war größer und schlanker, sein zurückgekämmtes Haar war silbergrau, genau wie sein Bart, der kurz und säuberlich gestutzt war. Mit seinem gefurchten Gesicht und den blauen Augen hätte er ein distinguierter Rechtsanwalt oder ein gütiger Onkel sein können, wenn da nicht der verkürzte Arm gewesen wäre, der gleich unter dem Ellbogen in einer Ledermanschette endete.

Dels Blick fiel auf den graubärtigen Mann. »Mr. Pepper.« Sein Ton war äußerst unterwürfig.

»Del«, sagte Pepper. In seiner Stimme war keine Spur von Wärme.

Wohl doch kein so gütiger Onkel, dachte Hawkwood und fragte sich, wer Pepper wohl sein mochte und ob der verlorene Unterarm bedeutete, dass er im Krieg gewesen war.

»Asa hat sie mitgebracht«, sagte Del und deutete mit dem Daumen über seine Schulter.

In Peppers blauen Augen zeigte sich ein Funken von Interesse. Er sah Hawkwood und Lasseur von oben bis unten an. »Und die Fässer?«

»Die sind draußen auf dem Wagen«, erwiderte Del nervös.

»Gut, dann geh und hilf Asa beim Abladen. Ihr könnt sie an den gewohnten Platz stellen.«

Del nickte. Hawkwood fand, dass er noch immer etwas eingeschüchtert wirkte. Beim Anblick von Pepper war der Grund nicht schwer zu erraten. Der Mann strahlte etwas Bösartiges aus, selbst wenn er sich bisher kaum bewegt hatte. Erleichtert und mit einem schnellen Nicken in Richtung der beiden Männer verschwand Del mit wehender Kutte.

»Wo ist die verdammte Laterne, Thaddäus?«

Die Frage kam von jemandem, der hinter Pepper stand.

Die Stute stand mit gespreizten Beinen in der Box, ihre Flanken glänzten vor Schweiß. Der aufgetriebene Leib sprach für sich. Ein untersetzter, breitschultriger Mann mit kurzgeschnittenem schwarzem Haar und dunklem Bart, der die Ärmel bis zum Ellbogen aufgekrempelt hatte, streichelte zärtlich den Hals des Tieres. Er hatte Hawkwoods und Lasseurs Ankunft bisher nicht zur Kenntnis genommen.

Der Mann und Pepper gingen wieder in die Box und hielten die Laterne hoch. Die Stute sah sich um. Ihre sanften braunen Augen leuchteten im Kerzenlicht. Sie trat ruhelos von einem Bein aufs andere und scharrte im Stroh.

»Es wird nicht mehr lange dauern«, sagte der dunkelhaarige Mann. Er trat schnell zurück. »Machen wir ihr Platz.«

Als habe sie die Worte verstanden, spannte sich die Stute plötzlich an und wieherte leise, worauf ein Strom von Fruchtwasser aus der Geburtsöffnung schoss, über ihre Hinterbeine lief und das Stroh in der Box durchnässte. Mit angespannten Bauchmuskeln und immer noch ausströmendem Wasser ging die Stute in die Knie und legte sich auf die Seite. Der Strom von Fruchtwasser schien nicht enden zu wollen. Schließlich, nachdem sie mehrere Gallonen verloren hatte, versiegte die Flut, und die Stute kam wieder zu Atem. In ihrem Bauch regte sich etwas.

»Das Fohlen dreht sich«, sagte der bärtige Mann.

Die Stute legte den Kopf aufs Stroh, als wolle sie ihre Kräfte sammeln. Dann hob sie den Kopf und wieherte leise. Ihre Hinterbeine zitterten und unter ihrem Schwanz erschien eine kleine weiße Blase. Die Männer beobachteten, wie der Ballon sich weitete und länger wurde. In dieser Membran sah man zwei dunkle Gliedmaßen, lang und dünn wie Stöcke. Hawkwood erkannte, dass es die Vorderbeine sein mussten. Die Stute beruhigte sich wieder, aber sie atmete schwer, und ihr Leib arbeitete mit. Sie presste wieder. Etwas Dreieckiges erschien, das auf den Beinen lag. Es war der Kopf des Fohlens. Die Fruchtblase, die von Adern durchzogen war, wurde weiter in die Länge gezogen, bis sie plötzlich zerriss und ein kleiner Huf zum Vorschein kam. Die Stute ruhte sich einen Moment aus, dann presste sie wieder mit aller Macht. Es passierte nichts. Sie versuchte es wieder. Immer noch keine Bewegung.

»Komm, mein Mädchen«, ermunterte sie der bärtige Mann.

Die Stute presste wieder, doch der Kopf und die Vorderbeine des Fohlens rührten sich nicht vom Fleck. Der Bärtige fluchte leise.

»Sieht aus, als ob’s festsitzt, Mr. Morgan«, sagte der Mann mit der Laterne. »Wollen wir’n bisschen nachhelfen?«

Morgan sah auf die Stute hinunter. Seine Lippen bewegten sich, und Hawkwood fragte sich, ob er wohl betete.

Die Hinterbeine der Stute schlugen erschöpft gegen das Stroh, während sie einen erneuten Versuch machte, das Fohlen auszustoßen. Sie schnaubte hilflos und legte den Kopf wieder hin.

Morgan trat in die Box. »Halt mal das Licht hoch.«

Die Laterne wurde hoch gehalten, und Morgan hockte sich vor das Hinterteil der Stute. Er schob den Schwanz zur Seite und ergriff die Vorderbeine des Fohlens über den Fesseln. »So, mein Mädchen, jetzt probieren wir’s noch mal.« Er stemmte sich gegen die Wand und zog vorsichtig.

Als ob sie wusste, dass man ihr helfen wollte, presste die Stute abermals, den Kopf immer noch auf dem Strohlager. Morgan packte fester zu und veränderte den Winkel etwas, in dem die Vorderfüße des Fohlens lagen. Die Stute spannte sich wieder an, Morgans Armmuskeln traten hervor.

Plötzlich lief es wie Wellen über die Flanken der Stute. Morgan fuhr fort, gleichmäßig zu ziehen. Zwei schmale Schultern erschienen. Die Stute presste ein letztes Mal, und Morgan ließ los. Ein paar Sekunden später lag das Fohlen als nasses Häufchen im Stroh.

Sanft entfernte Morgan die Membran von Maul und Nase des Fohlens. Das Tier hob den Kopf und Morgan brummte zufrieden. Vorsichtig, um die Nabelschnur nicht zu zerreißen, zog Morgan das Fohlen weiter vor, damit die Stute es sehen konnte. Er stand auf, und als er die Box verlassen hatte, hatte sich das Fohlen ebenfalls auf den Bauch gedreht und hob den Kopf. Die Stute erhob sich auf die Knie, schnüffelte an ihrem Neugeborenen und leckte den Rest der Fruchtblase weg.

Morgan wischte sich die Hände mit Stroh ab und sah sich um. »Captains Lasseur und Hooper, wie ich vermute? Willkommen, meine Herren, ich freue mich, Sie kennenzulernen. Ich bin Ezekiel Morgan.«

Hawkwood schätzte, dass Morgan und Pepper etwa gleich alt sein mussten. Aus Peppers grauem Haar und den Lachfältchen in Morgans Gesicht schloss er, dass keiner von beiden jünger als fünfzig war, obwohl sie, was Haltung und Bewegung anbetraf, nicht wie alte Männer wirkten. Wenn sie nebeneinanderstanden, war der Größenunterschied noch auffallender. Morgans Kopf reichte gerade bis zu Peppers Schulter. Im Licht der Laterne waren Morgans Augen die helleren: dunkel, tiefliegend, intelligent und wachsam.

Morgan warf das beschmutzte Stroh beiseite. »Entschuldigung, dass ich Ihrer Ankunft nicht die gebührende Aufmerksamkeit widmen konnte. Aber wie Sie sehen, hatte ich hier gerade eine dringende Sache zu erledigen« Morgan hielt ihnen die Hand hin. Sein Handschlag war fest und immer noch etwas feucht. Hawkwood fühlte Hornhaut. »Sie haben meinen Geschäftspartner, Cephus Pepper, bereits kennengelernt?« Morgan deutete auf den grauhaarigen Mann.