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Herr Boehmer machte einige Umstände und gebrauchte wieder und wieder forschend seine Augen. Aber der Gesandte bekundete Ungeduld, und Boehmer ließ sich endlich herbei, seinem Kompagnon zu läuten, da er ohne diesen die Juwelen zu zeigen nicht befugt sei.

Bossange trat ein. Boehmer unterrichtete ihn in zwei Worten über den Wunsch der Besucher. Bossange, nicht ohne seinerseits die Herren einer unauffälligen Musterung unterzogen zu haben, verlangte von seinem Kompagnon den Schlüssel zum Panzerschrank. Zehn Minuten später kehrte er zurück, in der Linken ein Etui, die Rechte unterm Rock verborgen, und Beausire erkannte die Formen zweier Pistolen unter dem Tuch.

Dom Manoel beobachtete die Juweliere, wenn er portugiesisch sprach, um festzustellen, ob sie die Sprache nicht etwa verstünden. Aber von daher drohte offenkundig keine Gefahr.

Endlich wurde das Etui geöffnet, das Halsband war in gleißender Pracht zu sehen, und vertrauensvoll überreichte Bossange das Behältnis samt dem Schmuck Dom Manoel.

Der aber stieß das Etui nach kurzer Betrachtung auf den Tisch.

»Ich will Diamanten sehen, und man zeigt mir Straß«, sagte er zornig. »Sagen Sie den Schuften, daß ich mich im Ministerium über sie beschweren werde.«

Beausire brauchte nicht lange zu übersetzen, Geste und Ton Seiner Exzellenz waren deutlich genug.

Die Juweliere überstürzten sich in Entschuldigungen und erklärten, daß es in Frankreich üblich sei, Modelle vorzuweisen.

Doch der Gesandte Portugals schritt bereits zur Tür, und stolz folgte ihm Beausire.

»Das Geschäft ist verpfuscht«, fluchte der Kommandeur.

»Das Geschäft ist gelaufen!« triumphierte Beausire.

»In einer Stunde sind die Gauner bei uns.«

In der Tat ließen sich die Herren Boehmer & Bossange etwa eine Stunde darauf im Gesandtschaftspalais melden. Um ihr Mißtrauen einzuschläfern, wies ihnen Beausire die Tür mit dem Bemerken, daß Seine Exzellenz nicht mehr mit ihnen zu verhandeln wünsche.

»Wie empfindlich diese Ausländer sind!« sagte Boehmer, der selbst ein Deutscher war.

Die Maßnahme blieb nicht ohne Wirkung. Die Gelegenheit, den überaus kostbaren Schmuck, die derzeit in Europa schönste Verbindung von Diamanten verkaufen zu können, wollten die Juweliere nicht verscherzen. Das Kollier, ursprünglich von Ludwig XV. für Madame Dubarry bestimmt, war ihnen durch den Tod des Königs liegengeblieben. Nun hatte es Marie-Antoinette abgelehnt. Die Reisen in alle Welt, um die Steine zu beschaffen, die teuren Juwelen selbst, die kunstreiche Arbeit, die man auf sie verwandt hatte, mußten einmal Entschädigung finden. So kam es, daß gegen Abend desselben Tages in der Gesandtschaft ein Brief überreicht wurde, in dem Herr Boehmer unter Versicherung sei-nes untertänigsten Respekts sich erbot, Seiner Exzellenz das originale Stück zur Besichtigung vorzulegen.

»Das Halsband haben wir«, sagte Dom Manoel voller Genugtuung.

»Wir müssen es nur noch bezahlen«, bemerkte Beausire ironisch. Es ärgerte ihn, daß der Portugiese sich mehr und mehr begnügte, seine Rolle zu spielen, und die Hauptlast des Unternehmens ihm, Beausire, überließ. Schließlich war er es, der die Kollegen in ihrem verschiedenen Tun im Haus überwachte, damit Ungeschicklichkeiten vermieden wurden. Er hatte dem Kanzleivorsteher den Kassenschlüssel für kurze Zeit abgelistet, um ihn in Wachs abzudrücken. Er mußte jetzt, wenn Herr Boehmer mit dem Halsband käme, die schwierige Verhandlung über die Bezahlungsweise des Schmucks führen. Kurz, er fühlte sich als die entscheidende Figur in dem Millionenspiel.

Nun, es zeigte sich, daß Herr Boehmer nicht nur den Schmuck, sondern auch die Bereitschaft mitbrachte, auf die Angebote der Herren einzugehen. Eine Baranzahlung von hunderttausend Francs bei Vertragsschluß war ihm genehm. Von seiner Glaubwürdigkeit als Gesandter zunehmend überzeugt, erwartete Dom Manoel, daß das Kollier ihm damit in die Hände fiele. Wenn die Juweliere die restliche Million vierhunderttausend Francs von dem ehrwürdigen Bankhaus Nünez Balboa in Lissabon einfordern würden, wäre man mit dem Schmuck über alle Berge. Boehmer jedoch verhandelte zähe, verlangte Sicherheiten, wollte Erkundungen in Lissabon einziehen, so daß Beausire vorschlug, Herr Boehmer sollte, selbstverständlich auf Kosten der Gesandtschaft, in Begleitung eines der Herren nach Lissabon reisen, um Ihrer Majestät die Diamanten persönlich zu überreichen und die Restzahlungen in Empfang zu nehmen.

Boehmer schien den Vorschlag gutzuheißen. Er versprach, seinen Kompagnon zur Annahme dieser Bedingungen zu bewegen. Bevor er sich verabschiedete, erbat er sich aber eine Frist von drei Tagen. Der Respekt vor Ihrer Majestät, der Königin von Frankreich, zwinge ihn, den Schmuck nicht außer Landes gehen zu lassen, ohne die Königin wenigstens davon benachrichtigt zu haben.

Dom Manoel entließ den Juwelier mit gnädiger Gebärde; er wünschte, sagte er, es handelten alle Kaufleute so loyal. Aber kaum war Boehmer gegangen, forderte er, außer sich vor Wut, Beausire zur Rechenschaft für seine Eigenmächtigkeit.

»Eine Reise nach Lissabon, sind Sie verrückt geworden? War nicht ausgemacht, daß Sie die Übergabe der Diamanten bei der Anzahlung erreichen sollten?«

»Kommandeur«, rief Beausire den Kammerdiener, »du hast doch mitgehört. Was meinst du, hätte uns der Deutsche den Schmuck für die hunderttausend ausgeliefert?«

»Boehmer hat das Palais die ganze Zeit überwachen lassen. Mißtrauen gehört zu seinem Gewerbe. Unsere einzige Möglichkeit, an die Steine zu kommen«, schloß grinsend der Kommandeur, »ist ein kleiner Überfall auf der Reise.«

Bei dem Zeitungsschreiber

In der Rue Montorgueil, hinter einem Hof, den ein Gitter umschloß, erhob sich ein schmales, kleines Haus, das schwere Fensterläden wie in der Provinz gegen den Straßenlärm abschirmten. Das Erdgeschoß, das nur durch Überspringen stinkender Pfützen zu erreichen war, stellte eine Art halboffenen Laden dar.

Dieses Haus gehörte einem ziemlich bekannten Journalisten. Er bewohnte den ersten Stock, während das Erdgeschoß als Magazin der fertiggestellten, zu Stapeln gehäuften Nummern diente. Die beiden oberen Etagen hatten ruhige Leute inne, die billige Miete für die Unannehmlichkeit zahlten, mehrmals im Jahr geräuschvollen Szenen zwischen dem Zeitungsmann und der Polizei oder beleidigten Privatpersonen und gekränkten Schauspielern beizuwohnen. An solchen Tagen zogen die Mieter des Gitterhauses, wie es im Viertel hieß, ihre Fensterläden zu, um das Geschrei des Zeitungsschreibers desto besser mitzuhören, der sich der Bedrohung für gewöhnlich durch eine Hintertür zur Rue des Vieux-Augustins entzog.

Eine Tür öffnete und schloß sich; der Lärm setzte aus, der Mann war entschwunden; und die Angreifer standen vier Soldaten der Garde gegenüber, die die alte Magd in aller Eile von der Polizeistation an der Markthalle angefordert hatte.

Zuweilen auch, wenn die Belagerer niemanden antrafen, ihren Zorn auszulassen, stürzten sie sich auf die feuchten Blätter im

Erdgeschoß, zerstampften oder verbrannten sie, sofern sich gerade ein Feuer in Reichweite fand.

Von solchen Szenen abgesehen, war die Ruhe im Gitterhaus sprichwörtlich.

Morgens ging Herr Reteaux aus und machte seine Runde über die Quais, die Plätze und Boulevards. Und wo er auf Lächerlichkeiten, Mißstände und anderes Aufsehenerregende stieß, machte er seine Notizen und verwertete sie in der nächsten Nummer.

Die Zeitung erschien wöchentlich.

Das heißt, Herr Reteaux ging vier Tage auf die Jagd nach Artikeln, zwei Tage wurden auf den Druck verwandt, und am siebenten Tag, dem der Publikation, feierte er seine Schöpfung.

Es war drei Tage nach dem Opernball; Herr Reteaux empfing um acht Uhr früh aus den Händen der alten Magd die noch druckfeuchte, wenig angenehm riechende Nummer des Tages. Im Bett aufsitzend, begann er, sie mit der Achtsamkeit eines liebenden Vaters für sein Lieblingskind zu lesen.