»Der König hat es ihr schenken wollen. Sie hat es ausgeschlagen.«
»Sie kennen die Frauen, Sie kennen den Hof, und ich soll glauben, daß ihr Entschluß Sie irregeführt hätte?«
Der Blick des Kardinals ruhte aufmerksam auf Jeanne.
»Nun, wäre ich der König und Sie meine Königin«, sagte er, »wüßte ich Sie wohl zu zwingen, mein Geschenk anzunehmen.«
»Nun, zwingen Sie die Königin dazu, und ich bin sicher, daß Sie Ihnen gar nicht so gram wäre, wie Sie zu glauben scheinen.«
Wieder blickte der Kardinal gespannt in Jeannes Augen.
»Sie meinen, die Königin begehrt dieses Halsband so sehr?«
»Sie verzehrt sich danach. Sagen Sie, lieber Fürst, ich habe einmal gehört, daß Sie nicht ungern Minister wären?«
»Wohl möglich, daß ich derlei einmal gesagt habe, Gräfin.«
»Wollen wir wetten, daß die Königin den Mann, der ihr binnen acht Tagen zu diesem Halsband verhilft, zum Minister macht?«
»Gräfin!«
»Ich denke laut, verzeihen Sie. Ist Ihnen lieber, daß ich es schweigend tue?«
»Nicht doch.«
»Übrigens betrifft Sie das nicht, was ich sage. Mir ist klar, daß Sie nicht anderthalb Millionen für die Laune einer Königin ausgeben können. Das hieße ein Amt zu teuer erkaufen, das man Ihnen früher oder später ohnehin zugestehen muß. Nehmen Sie an, ich hätte nur geträumt. Es ist wohl meine Schwäche, daß ich die Königin nach mir beurteilt habe. Da ich seufzte, als ich die Diamanten sah, schloß ich, daß auch die Königin sie gleichermaßen begehrt.« »Sie sind eine anbetungswürdige Frau, Jeanne«, sagte der Kardinal. »In gewissen Augenblicken sind Sie so wenig Weib, daß ich fast erschrecke, und dann sind Sie es wieder auf so bezaubernde Weise, daß ich den Himmel segne, der Sie erschaffen hat. Sprechen wir nicht mehr von diesem Halsband.«
Sekunden später wurde der Kardinal seinem Entschluß schon untreu.
»Sie glauben also«, sagte er, »daß Boehmer & Bossange das Halsband noch nicht endgültig aus den Händen gegeben haben?«
»Mir schien es heute noch sehr gegenwärtig.«
»Wo haben diese Leute ihren Laden?«
»Ich weiß es nicht genau«, sagte Jeanne unschuldig, »irgendwo am Quai de l'Ecole, glaube ich, jedenfalls in der Nähe des Pont-Neuf.«
Und damit wußte sie, daß die Angel, die sie ausgeworfen hatte, der Beute schon tief ins Fleisch gedrungen war.
Herr Ducorneau begreift die Welt nicht mehr
Am Vormittag des folgenden Tages begab sich der Kardinal in den Faubourg Saint-Antoine zu Boehmer & Bossange.
Er gelangte mit den Herren zu der Einigung, daß ihm das Halsband ausgehändigt würde, sobald er eine Anzahlung von hunderttausend Francs geleistet hätte, denen im Verlauf eines Jahres die restlichen anderthalb Millionen folgen sollten.
Herr de Rohan war von seinen hochfliegenden Plänen zu sehr eingenommen, um dieses Geschäft zu bereuen.
Anderntags überbrachte er persönlich die hunderttausend Francs und unterschrieb drei Wechsel über je fünfhunderttausend, erbat sich noch einmal strengste Diskretion, die Herr Boehmer gewissenhaft einzuhalten versprach, und verließ hochrot vor Erregung und zugleich frohlockend als einer, der im Übermaß einer Leidenschaft sich selbst ruiniert, das Haus der Juweliere.
Herrn Boehmer blieb nun die Aufgabe, dem portugiesischen Gesandten den Wandel der Sachlage mitzuteilen und zu erklären.
In dem Augenblick, da er sich anschickte, am Tor der Gesandtschaft anzuklopfen, ließ sich Herr Beausire von dem Kanzleichef, Herrn Ducorneau, einen Rechenschaftsbericht vorlegen, während Dom Manoel, der Gesandte, mit dem Kommandeur, seinem Kammerdiener, den Schlachtplan beriet.
Seit Herrn Boehmers letztem Besuch in der Rue de la Jussienne hatte das Gesandtschaftspalais mancherlei Veränderungen erfahren. Das neue Personal hatte sich wohnlich eingerichtet und entledigte sich seiner Aufgaben mit so viel Geschick, daß Herr Ducorneau keine Unregelmäßigkeit bemerkte; vielmehr war er angesichts der durchaus französischen Haushaltung ganz entzückt, daß diese Leute nicht an nationalen Vorurteilen litten. Was den Kanzleivorsteher einzig beunruhigte, war die Frage, wann die Präsentation des Herrn Gesandten bei Hof endlich stattfinde.
»Dieses Problem beschäftigt schon das ganze Viertel«, sagte er zu Beausire, »es ist die Ursache unerschöpflicher Kommentare, ja sogar einer gewissen Unruhe. Leute streichen neuerdings um das Palais, denen man nur zu gut ansieht, daß sie unsere Türen und Wände sich aus Glas wünschten. Sehen Sie dort drüben diesen Menschen in dem schmutzigen braunen Überrock? Sehen Sie, wie er die Augen überall hat? Natürlich, auch die Polizei des Herrn Crosne wünscht zu ergründen, worin die geheime Mission des Herrn Gesandten besteht.«
Beausire hörte diese Ausführungen mit wachsendem Unbehagen und war froh, als der Gesandte nach ihm läutete.
Als er davoneilend die Tür aufstieß, sah er sich unerwartet zwei Verbündeten gegenüber, den einen mit der Feder hinterm Ohr, den anderen mit dem Besen in der Hand. Die beiden hatten das Gespräch des Sekretärs mit dem Kanzleichef so lang gefunden, daß sie davon auch etwas aufschnappen wollten.
Beausire begriff, daß man ihm mißtraute. Darum drückte er seinen Freunden herzlich die Hand, ehe er sich zu dem Gesandten begab.
Dom Manoel hatte nach Beausire verlangt, weil er gegen den Kommandeur dringend Beistand benötigte in dem Streit darüber, wo die Kasse mit den Gesandtschaftsgeldern aufbewahrt werden sollte. Der Kommandeur, der im Auftrag seiner sämtlichen Kameraden sprach, forderte, daß das Geld nicht im Büro verblei-ben dürfte, das neben dem Zimmer des Gesandten lag und so der Kontrolle durch die übrigen Mitglieder der Akademie entzogen war. Auch müßte jeder Beteiligte einen Kassenschlüssel erhalten. Die Herren waren im Begriff, sich hart an die Gurgel zu gehen, als die Juweliere der Krone gemeldet wurden und die wild aufgeworfenen Wogen eilig geglättet werden mußten.
»Boehmer wird das Geld gleich mitnehmen«, sagte der Portugiese, »das setzt allem Gezänk ein Ende.«
Der Kommandeur, noch wutrot, nahm seine höflichste Miene an, um die Besucher geziemend einzuführen.
Während Boehmer und Bossange mit betretenen Gesichtern umständlich hereintraten, wechselten Beausire und Manoel besorgte Blicke. Was jetzt auch kommt, nur Ruhe bewahren, bedeuteten sie einander.
Boehmer, ein Mann der Initiative, ergriff das Wort. Er legte dar, daß politische Gründe die Fortführung der Unterhandlungen unmöglich machten.
Manoel schrie auf.
Beausire hüstelte.
Boehmer wurde immer verlegener.
Der Gesandte, immer von Beausire gedolmetscht, wandte ein, daß der Handel doch einmal geschlossen sei, daß das Geld für die Anzahlung bereitliege.
Boehmer blieb fest.
Dom Manoel entgegnete, daß seine Regierung Kenntnis habe vom Abschluß der Verhandlungen und daß ein Vertragsbruch einen politischen Affront, eine Beleidigung der Königin von Portugal bedeute.
Herr Boehmer versicherte, daß er dies alles wohl bedacht habe, dennoch sei es ihm vollkommen unmöglich, von seinem Vorsatz abzuweichen.
Beausire erklärte, nur unredliche Händler würden ihr Wort brechen, man habe von den Juwelieren der französischen Krone erwartet, daß sie ihrem Wort treu blieben.
»Sie haben wohl jemand gefunden, der mehr bot?« fragte er.
Boehmer und Bossange erröteten wie ertappte Schuljungen.
»Meine Herrn«, sagte Dom Manoel, »man hat Ihnen zweifellos höheren Gewinn geboten; das beweist schließlich nur, wie kostbar Ihr Schmuck ist. Wir sind nicht abgeneigt, ehrenwerten Kaufleuten den gleichen Vorteil zu bieten. Ich erhöhe um fünfzigtausend Francs.«