Выбрать главу

«Frequenz?«fragte er.

Die Stimme aus dem Lautsprecher antwortete sofort:»70!«

«Hervorragend! In einer halben Stunde sind wir soweit! Decken Sie ab.«

«Verstanden, Chef.«

Im OP II wurde die große Brustöffnung mit warmen Tüchern zugedeckt. Dann starrten die vier Ärzte wieder auf den Bildschirm und erlebten, wie Dr. Volkmar die Stümpfe der großen Gefäße mit den Teflonadern vernähte. Die Haare sträubten sich ihnen, wie auch den anderen Ärzten, die um Volkmars Tisch standen, als er, nach dem Vernähen des ersten Zwischenstücks mit der Lungenvene, an dem implantierten Stück zog.

Die Naht hielt. Die nächsten Tage würden den Beweis erbringen, daß sie auch das neue Herz tragen konnten. Ein Herz, das jetzt nur noch ein Motor war, an Kunststoffadern aufgehängt, die einen unmittelbaren Kontakt zwischen den beiden fremden Geweben verhinderten. Damit war natürlich die Immunreaktion nicht aufgehoben, aber eine Abstoßung und Nekrose der Gewebe — wenn sie überhaupt eintrat! — äußerte sich nicht mehr als sofortige Unverträglichkeitserscheinung.

Dr. Volkmar trat einen Schritt vom Tisch zurück, ließ seine Handschuhe wechseln und das Gesicht mit einer Sterillösung waschen. Auch Dr. Nardo und die beiden Assistenten am OP-Tisch tauschten die Gummihandschuhe aus. Als sie wieder unter das Licht der Operationslampe traten, schien es, als sei Dr. Nardo bleicher geworden.

Jetzt, dachte er. Jetzt! Gleich kommt das Kommando: Herzaustausch.

Er blickte, genau wie Dr. Volkmar, auf den Bildschirm. Die Ärzte im OP II hatten den Körper wieder abgedeckt. Das junge Herz schlug kräftig. Sechs Hände mit Scheren und Gefäßklammern hielten sich bereit für dieses junge, heftig schlagende Herz.

«Austausch!«sagte Volkmar laut und klar.»Lassen Sie lange Gefäßstümpfe dran. Ich amputiere lieber hier nach.«

«Verstanden, Chef!«

Die Klammern packten zu, unterbanden den Blutstrom, die Scheren durchtrennten Venen und Arterien. Das junge, gesunde Herz zuckte krampfhaft, als könne es aufschreien.

In diesem Augenblick starb der junge Fischer Rinaldi Sampieri, zweiundzwanzig Jahre alt. Auf dem OP-Tisch ermordet, weil man sein Herz brauchte. Es brachte zwei Millionen Dollar ein.

Das war die furchtbarste Sekunde in der Geschichte der modernen Medizin.

Die Operation dauerte vier Stunden.

Dr. Volkmar blieb am Tisch, bis der Blutkreislauf von der Herz-Lungen-Maschine wieder in das neue Herz umgeleitet worden war. Ein Elektrostoß zwang es, zu pumpen — und dann hoben sich, erst zaghaft, dann immer schneller und höher und gleichmäßiger, die Zacken auf dem Oszillographen; das junge Herz klopfte mit voller Leistung und trieb das Blut, sauerstoffreich, durch Achmed ibn Thalebs Körper.

Noch einmal blickte Volkmar in den offenen Brustkorb. Die Nähte hielten, es gab keine Leckstelle. In Kürze würden die Innenwände der Teflonprothesen vom Blut ausgekleidet sein, eine Schutzschicht, glatt und den Blutstrom unterstützend.»Die Adern werden geschmiert!«- so nannte es Volkmar.

Er nickte, trat vom Tisch zurück und streckte die Arme weit von sich. Ein junger Arzt riß ihm die Handschuhe ab und löste das Mundtuch. Volkmar ging noch ein paar Schritte zurück, blickte auf den Oszillographen und atmete tief auf.

«Das wäre es!«sagte er langsam.»Er wird überleben. Wenn wir Glück haben!«

Als er sich umwandte, um zu gehen, begannen alle im OP zu klatschen. Spontan geschah das, es war die Befreiung von einer Anspannung, die zuletzt kaum noch zu ertragen gewesen war. Achtzehn Ärzte schlugen die Hände gegeneinander und stampften mit ihren weißen Schuhen.

Dr. Volkmar wandte sich an der Tür noch einmal um.

«Danke«, sagte er müde. Jetzt sah man ihm die Erschöpfung an. Sein Gesicht zerfiel, schien uralt geworden.

Nach vorn gebeugt, mit der großen Sehnsucht nach einem Bett und völliger Ruhe, mit Heißhunger auf einen dreistöckigen Kognak und doch innerlich so aufgewühlt, daß seine Hände zu zittern begannen, durchlief er die drei Schleusen und riß die Tür seines großen Zimmers auf.

Auch hier empfing ihn Applaus. Dr. Soriano und ein fremder Herr standen vor dem Ledersofa und klatschten begeistert.

«Das war genial!«rief Soriano.»Enrico, dafür gibt es keine Worte. Mein Gott, welche Gnade liegt in deinen Fingern!«

Er stürzte auf Volkmar zu, zog ihn an sich und küßte ihn auf beide Wangen. Der fremde Mann, ein wenig grün im Gesicht, denn auch auf dem Bildschirm kann nicht jeder aufgeschnittene Leiber ansehen, und einen Herzaustausch schon gar nicht, füllte Kognak in drei Gläser, als habe er Volkmars Wunsch erraten.

Soriano führte Volkmar wie einen Blinden zu dem Sofa und drückte ihn auf das Polster. Er reichte ihm das Glas, küßte ihn noch einmal voll Überschwang auf die Stirn und ließ sich dann an seine Seite fallen. Der fremde Herr schielte zu dem Bildschirm und verzog die blaßgewordenen Lippen. Dr. Nardo hatte begonnen, Thalebs Brustkorb zu schließen.

«Müssen wir uns das auch noch ansehen?«fragte er. Dabei prostete er Volkmar zu und kippte seinen Kognak hinunter.

«Das ist Dr. Ludovici Daniele«, stellte Dr. Soriano seinen Gast vor.

«Ein Kollege?«fragte Volkmar müde.

«Nein, Jurist. «Dr. Daniele schenkte sich noch einen Kognak ein. Soriano stellte das Fernsehbild aus und hielt Volkmar eine goldene Zigarettendose hin. Er nahm eine der würzigen Orientzigaretten, die Soriano bevorzugte, und inhalierte die ersten Züge mit geschlossenen Augen. Der Kognak und die Zigarette brachten etwas Farbe in sein grau gewordenes Gesicht zurück. Aber die physische Erschöpfung blieb, sie wurde sogar noch stärker. Umfallen und schlafen, dachte Volkmar. Wie schön wäre das! Oder jetzt in Lorettas Armen liegen, den Kopf zwischen ihren Brüsten, und an nichts denken, an gar nichts. nur Ruhe. Ruhe. Ruhe.

Er hatte das Gefühl, zu schweben, lehnte sich weit zurück und schloß die Augen.

«Dr. Daniele ist der Justitiar unserer Vereinigung«, sagte Dr. Soriano. Für Volkmar klang es, als habe Don Eugenio Watte vor dem Mund.»Ich hielt es für gut, daß er deinen großen Erfolg miterlebt und allen unseren Freunden davon erzählt. Thalebs Scheck ist übrigens in Ordnung. Bei einer Schweizer Bank eingezahlt.«

«Wie schön!«sagte Volkmar halblaut.»Noch etwas?«

«Barnards Patient, Louis Waskansky, liegt im Sterben. Es gelingt ihnen nicht, die Lungenentzündung zu beherrschen. «Soriano strich Volkmar fast zärtlich über das Gesicht.»Noch einen Kognak, Enrico?«

«Nein.«

«Einen anderen Wunsch?«

«Ja. Laßt mich allein! Geht raus! Ich will jetzt nichts mehr hören.«

Er legte sich auf das Sofa, streckte die Beine von sich, drehte sich mit dem Gesicht zur Wand und ballte die Fäuste. Warum schlage ich nicht zu, dachte er. Warum trete ich sie nicht in den Unterleib! Der Scheck ist in der Schweiz. der Justitiar der Mafia beobachtet am Fernsehen meine Operation. O Himmel, was ist aus mir geworden! Eine Operationsmaschine, die Herzen herausholt und Millionen Dollar einbringt. Ein blutiger Handlanger! Und es gibt keine Flucht davor, denn jeder, den sie mir bringen werden, ist wirklich krank und fordert mein ärztliches Gewissen heraus. Das ist das Fürchterlichste! Ich muß es tun, um zu helfen!

Soriano winkte Dr. Daniele stumm zu und zeigte auf die Tür. Leise verließen sie das Zimmer und zogen lautlos die Tür ins Schloß. Erst, als sie im Lift standen, der sie aus dem Keller in das prunkvolle Kinderheim von Camporeale brachte, sprachen sie wieder.

«Er ist wirklich ein Genie«, sagte Dr. Daniele. Der Kognak hatte auch ihm gutgetan; die grünliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen.»Nun müssen wir abwarten, ob es diesem Thaleb nicht so ergeht wie Waskansky. Erfolge sprechen sich herum. Niederlagen aber noch mehr!«

«Wir haben bis heute schon zwölf Anmeldungen für Herztransplantationen. Alles von Kapstadt Abgewiesene. Meine Agenten in