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Die Affen lebten zwei Tage. Später brachten es drei Hunde auf eine Überlebenszeit von neun, zwölf und vierzehn Tagen. Nach vierzehn Tagen zeigte Professor Hatzport deutliche Zeichen von Unruhe. Aber als auch der Tod dieses Hundes gemeldet wurde, war seine Welt wieder in Ordnung.

Und nun das in der Zeitung! Dr. Volkmar hat neue Wege aufgezeichnet. Eine kleine Verbeugung. Über Tote soll man nichts Böses reden.

«Du kannst wirklich Herzen verpflanzen?«fragte Anna leise.»Du kannst uns allen ein neues Herz machen?«

«Nein! Ich versuche es erst.«

«Du nimmst ein altes Herz heraus und setzt ein junges dafür ein?«fragte Luigi mit schief geneigtem Kopf.

«So ähnlich.«

«Blödsinn!«Ernesto tippte an die Stirn.»So etwas gibt es nicht.«

«Noch nicht! Aber in vielen großen Kliniken, in Amerika, in Frankreich, in England, sogar in Südafrika, arbeiten Chirurgen an diesem Problem. In Rußland ist es gelungen, einem Schäferhund einen zweiten Kopf aufzusetzen. Professor Demichow hat den doppelköpfigen Hund wochenlang am Leben erhalten können.«

«Und so 'was haben wir hier!«sagte Luigi verzweifelt.»Einen Kerl, der Köpfe abschneidet und Herzen herausnimmt! Was sind wir doch für anständige Banditen, Ernesto! Anna, geh von ihm weg! Vielleicht hast du morgen schon 'ne dritte Brust aufm Rücken!«Er lachte hart und fixierte, plötzlich sehr ernst geworden, seinen Gefangenen. Der hatte die Zeitung vom Tisch genommen und las den Artikel über sich noch einmal selbst.»Du bist jetzt tot, he!«sagte Luigi laut.»Du liest es! Was machen wir jetzt mit dir?«

«Rühr ihn nicht an!«rief Anna und stieß die Holzschüssel mit dem gewaschenen Salat von sich.»Er ist unser Gast!«

«Bis in alle Ewigkeit?«schrie Luigi.»Wollt ihr die Carabinieri auf dem Hals haben? Sie jagen uns jetzt schon wie Wölfe! Er muß verschwinden!«

«Er bleibt hier!«schrie Anna zurück.

«Weg kommt er!«

«Ich binde mich an ihm fest! Was wollt ihr dann tun, ha?!«Sie wirbelte herum und warf sich gegen Volkmar.»Luigi tötet Menschen wie Hasen!«rief sie.»Aber du brauchst keine Angst zu haben. Du nicht! Er tötet — «

«Die Vendetta!«sagte Luigi, als sei das eine annehmbare Entschuldigung.»Also gut. Warten wir ab. Aber die Verpflegung mußt du bezahlen. Wie in einem Hotel, camerata! Wieviel Geld hast du bei dir?«

Volkmar holte seine Brieftasche aus der Gesäßtasche und zählte sein Geld.»Genau zweihundertneunzigtausend Lire und siebenhundertzwanzig Deutsche Mark.«

«Das reicht für drei Monate«, sagte Ernesto.

«Denkt darüber nach, daß jeder Tag, den ich bei euch bleibe, eure Situation verschlechtert. Nach einem Monat bin ich für die Welt toter als tot und kann, wenn ich wieder auftauche, keine glaubwürdigen Erklärungen abgeben.«

«Das wissen wir!«Luigi nahm die Zeitung und warf sie zerknüllt in den Abgrund.»Du bist für uns ein Problem. Deine herausgeschnittenen Herzen sind nichts dagegen!«

Der Rechtsanwalt Dr. Eugenio Soriano war ein angesehener Mann. In seiner Anwaltskanzlei auf dem Corso Vittorio Emanue-le, der prachtvollen Hauptstraße Palermos, saßen die Klienten dicht an dicht, als sei er ein Modearzt, der verlängerte Jugend verspricht. In seinem zweiten Wartezimmer, das wie ein Salon aus dem 19. Jahrhundert eingerichtet war, mit allem Prunk und Plüsch jener Zeit, servierte ein Butler illustren Mandanten schweren öligen Marsalawein oder einen zehn Jahre alten Kognak. Diese Kunden empfing Dr. Soriano selbst. Die anderen Hilfesuchenden fertigten drei junge Anwälte ab, aber sie machten das so geschickt, daß jeder das Gefühl nach Hause trug, Dr. Soriano werde sich nach Vorlage der Akten höchstpersönlich um seinen Fall bemühen.

Einem so erfolgreichen Anwalt nimmt man's nicht übel, wenn er eine Stadtwohnung in einem alten Palast bewohnt, eine riesige weiße Villa am Meer, auf dem Capo Zafferano, in unmittelbarer Nähe der Ruinen von Solunto, besitzt und eine Motoryacht, die das Ausmaß eines kleinen Passagierdampfers hat, dazu einen zweistrahligen Privatjet und sechs Leibwächter, die immer um ihn herum sind, wenn er sich in der Öffentlichkeit zeigt.

«Gut!«hatte einmal der oberste Richter von Palermo gesagt,»So-riano hat die beste Anwaltspraxis im Lande. Aber dieser Aufwand! Soviel kann er als Rechtsanwalt gar nicht verdienen!«

«Wir sollten uns darüber keine Gedanken machen. «Dr. Antonio Brocca, der Staatsanwalt, dem man nachsagte, daß er Sekretärinnen nur dann diktierte, wenn sie mit offener Bluse vor ihm saßen, hatte abgewunken.»Soriano ist ein Ehrenmann! Wer könnte das besser wissen als ich? Präsident des Golfclubs — wird man das mit einem Fleck auf der Weste?! Einen Kindergarten und ein Altersheim hat er gestiftet, und seit zwei Jahren baut er ein Erholungsheim für Kinder in den Bergen von Camporeale. Da fragt man doch nicht mehr! Wohltätigkeit ist der beste Ausweis.«

Staatsanwalt Dr. Brocca war es auch, der an diesem Tag bei Dr. Soriano anrief und ihn selbst verlangte.»Es ist dringend!«sagte er.»Ganz gleich, wer jetzt bei ihm ist.«

Es war der Senator Alfredo Acate bei ihm, um sich seinen monatlichen Betrag abzuholen. Acate saß im Justizausschuß des römischen Senats. Dr. Soriano investierte eine verhältnismäßig geringe Summe für Informationen aus der Justizpolitik der Regierung.

«Haben Sie schon die Morgenzeitung gelesen, Dr. Soriano?«fragte Dr. Brocca.»Noch nicht? Dann tun Sie es bitte. Seite drei. Eine kurze Meldung aus Sardinien. >Deutscher Arzt auf mysteriöse Weise verschwunden.< Haben Sie?«Dr. Brocca wartete, bis Dr. Soriano die Meldung gelesen hatte.»Na?«fragte er weiter.»Was sagen Sie nun?«

«Was soll ich sagen? Ein Unglücksfall. Ertrunken.«

«Auf Sardinien sind im letzten Jahr drei reiche Ausländer entführt und erst gegen hohe Lösegeldzahlung freigelassen worden. Man hat die Banditen nie entdeckt. Ehrlich gesagt: Nachdem die Lösegelder bezahlt worden waren, hatte kaum einer noch ein Interesse daran. Man vermutet die Banden in den Bergen und hofft auf eine zufällige Konfrontation. Und jetzt dieses mysteriöse Verschwinden des deutschen Arztes.«

«Sie glauben.?«

«Wir werden sehen, ob sie sich mit Forderungen melden. Interessant für Sie aber ist etwas anderes, Dr. Soriano…«

Staatsanwalt Dr. Brocca schwieg. Er wußte, daß Soriano jetzt noch einmal den Zeitungsartikel las.

«Sie haben recht!«sagte Soriano plötzlich. Dr. Brocca, der sich gerade eine Zigarette ansteckte, zuckte vor der harten Stimme zusammen.»Brocca, Ihre Gedankensprünge sind artistisch!«

«Ein Herzspezialist, Dr. Soriano! Ein weltbekannter Fachmann für Transplantationen! Wenn das nicht ein geradezu wundersamer Glücksfall ist.«

«Ich werde mich darum kümmern, Brocca. Sie haben da an etwas gerührt, das ich erst einmal in aller Ruhe verkraften muß. Ich danke Ihnen sehr, Brocca.«

Dr. Soriano legte auf. Mit einem Knopfdruck auf das Telefonschaltbrett stellte er die Verbindung zu einem Mann her, der sich nach einigem Durchklingeln als» Dr. Nardo «meldete. Soriano wiederholte die Frage des Staatsanwaltes:»Haben Sie die Morgenzeitung gelesen?«

«Nein«, antwortete Dr. Nardo. Er saß hinter einem weißen Schreibtisch in einem großen Zimmer, das durch Sonnenrollos gegen den starken Lichteinfall geschützt war. Auch die Wände waren weiß, ebenso die Bücherregale, die Decke und der Arztkittel, den Dr. Nardo trug. Alles in diesem Haus war weiß und steril und sauber: Das Altersheim Santa Maria di Caltanissetta. In Caltanissetta war Dr. Soriano vor genau fünfzig Jahren geboren worden.