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Die Segelyacht war eingetroffen. Sie ankerte etwa hundert Meter von der Küste entfernt im Meer, hatte in der Heiligabend-Nacht über die Toppen geflaggt und war mit Lichterketten hell erleuchtet. Soriano, in einem schwarzen Seidensmoking, den Arm voll dunkelroter Rosen — an jeden Rosenstiel war ein Geschenk gebunden, kleine Päckchen mit märchenhaftem Schmuck —, kam zu Volkmar hinauf; ein Gastgeber und zukünftiger Schwiegervater voll ehrlicher Feiertagsfreude.

Worthlow hatte den Tisch gedeckt. Loretta war seit drei Stunden bei Volkmar, in einem langen, dunkelroten Abendkleid, tief ausgeschnitten, um die Schulter hatte sie einen hüftlangen Chinchillapelz gelegt. In das offene schwarze Haar hatte die Friseuse, die jeden Tag ins Haus kam, kleine goldene Blüten geflochten.

«Du bist von einem anderen Stern«, hatte Volkmar leise gesagt, als sie ins Zimmer kam.»Ich wage nicht, dich zu berühren.«

«Küß mich!«hatte sie geantwortet und den Kopf vorgestreckt.»Küß mich sofort! Du sollst spüren, wie irdisch ich bin.«

Da hatte sich Worthlow schnell in die Eingangshalle begeben. Seine Armbanduhr brauchte nicht alles zu übertragen.

«Unser erstes gemeinsames Weihnachten!«sagte Soriano mit gerührter Stimme. Und unser letztes, dachte Volkmar. Er spürte, wie Lorettas Hand nach ihm tastete. Er ergriff ihre Hand und zog sie an sich. Soriano sah es und lächelte wie ein glücklicher Vater.

«Ich glaube, es ist an der Zeit, dir zu danken, Enrico«, fuhr er fort.»Vergessen wir, daß alles nur wie ein Geschäft aussah, daß alles eine fruchtbare Idee war. Es hat sich so vieles anders entwickelt, als ich's mir ausgedacht hatte. Aus einem Gast ist mein Sohn geworden.«

«Einen Augenblick, Don Eugenio«, unterbrach ihn Volkmar. Er spürte, wie sich Lorettas Finger um seine Hand verkrampften. Ihre langen Nägel drangen in seine Haut. Nicht, bitte nicht, nicht jetzt, hieß dieser schmerzhafte Druck. Schluck es hinunter, Enrico! Mir zuliebe! Es ist Weihnachten, das Fest der Liebe. Laß ihn reden. Laß es an dir ablaufen wie Wassertropfen. Bitte!

«Ich weiß, was du sagen willst. «Soriano schüttelte langsam den Kopf.»Wir werden uns immer bekämpfen. Aber was soll's? Loretta liebt dich, ihr werdet bald heiraten, du wirst für mich wie ein Sohn sein. Wer kann mir verwehren, so zu denken? Aber es ist nicht nur das, was ich dir heute sagen will. Du hast eine medizinische Großtat vollbracht, wie noch kein Arzt vor dir. Und sie ist nur möglich geworden durch mich! Wir zwei haben eine Welt verändert. Über alle geschäftlichen Interessen hinaus ist das etwas Wunderbares, selbst für mich kaum Faßbares: Man kann Herzen auswechseln! Dieses große Erlebnis, das immer wiederkehren wird, schweißt uns zusammen, Enrico!«

«Muß ich mir das wirklich anhören?«sagte Volkmar hart. Es war ihm unmöglich, diese Reden noch länger zu ertragen.

«Nein!«Soriano winkte ab.»Es ist schon vorbei. Du solltest nur wissen, daß es auch für mich noch Dinge gibt, die mich erschüttern können. «Er ging an Volkmar und Loretta vorbei auf den Dachgarten und breitete die Arme, als wolle er sagen: Mir gehört die ganze Welt!» Komm heraus! Sieh dir das an. Mein Geschenk für dich und Loretta.«

Eine Weile stand Volkmar stumm an der Brüstung des Dachgartens und blickte hinüber zu der hellerleuchteten weißen Segelyacht auf dem nächtlichen Meer. Für ihn ein unwirklicher Anblick. Meine Yacht, dachte er. Der kleine Oberarzt und Dozent für Chirurgie aus München besitzt eine Yacht, die gut und gern eine Million gekostet hat. Oder rechnen wir anders: ein halbes Herz! Und warum besitzt er diese Yacht? Hat er dafür geschuftet, hat er geerbt? Nein! Er liebt die Tochter eines Mafia-Bosses und ist der Chefarzt einer Mafia-Klinik, in der man Herzen austauschen will wie Mo-tore.

«Ich werde sie nie betreten!«sagte er. Seine Stimme klang gepreßt.»Trotzdem: Meinen Dank, Don Eugenio. Wieviel Mann Besatzung hat sie?«

«Sechs.«

«Hervorragend. Genug, um einen einzelnen Mann in seinem Freiheitsdrang zu hindern. «Er lachte rauh, wandte sich ab und ging ins Haus zurück. Loretta hielt ihren Vater am Ärmel seines seidenen Smokings zurück, als er Volkmar folgen wollte.

«Ich liebe ihn!«sagte sie leise, aber mit einem drohenden Unterton, den er noch nie gehört hatte.»Was du ihm antust, trifft auch mich.«

«Mein kleiner Liebling!«Soriano drückte seiner Tochter die Rosen in die Arme und wollte sie küssen. Sie beugte den Kopf nach hinten und trat einen Schritt zurück. Betroffen starrte er sie an.

«Engelchen.«, sagte er leise.

«Ich wünschte, ich könnte dich hassen!«Sie warf die Rosen mit den kleinen Päckchen auf einen Gartensessel, als seien sie Abfall.»Aber du bist mein Vater! Ich weiß nicht, wie ich das überwinden kann.«

«Loretta!«sagte Soriano betroffen.»Mein Gott, wie kannst du so etwas denken! Du willst deinen Vater hassen?«

Er schwieg abrupt. Worthlow kam heraus und machte eine kleine Verbeugung.»Es ist serviert, Sir.«

«Wir kommen sofort. Wo ist der Dottore?«

«Er steht an der Bar und trinkt. Wodka pur. Ich kann ihn nicht davon abhalten. «Er verbeugte sich wieder und ging ins Haus zurück. Soriano bot seiner Tochter den Arm an, aber sie übersah diese Geste.

«Wenn du noch einen Wunsch hast.«, sagte er rauh.»Du weißt, ich erfülle dir jeden Wunsch, Engelchen.«

«Laß Enrico und mich nach Amerika fahren oder nach London oder nach Australien. weit weg. Nur laß ihn frei!«

«Das ist der einzige Wunsch, den ich dir nicht erfüllen kann. «Soriano blickte zu Boden. Plötzlich sah er aus wie ein alter Mann, der nur noch gehen kann, wenn er seine Schritte kontrolliert.»Auch wenn ich es wollte. es geht nicht mehr. Ich habe nicht allein über ihn zu bestimmen.«

Kapitel 14

Vier Tage nach Weihnachten, am 29. Dezember, mußte Dr. Volkmar wieder operieren. Keiner zwang ihn dazu, aber der Zustand Basil Hodschas ließ ihm keine andere Wahl mehr. Wenn er gerettet werden konnte, dann nur jetzt, solange der Körper noch widerstandsfähig genug war, die Operation zu überstehen. - In der Klinik hatte Dr. Nardo wieder alles mit gewohnter Perfektion vorbereitet. Der zweite Isolierzimmer-Trakt war steril gemacht. Auch das neue Herz lag schon bereit. Dr. Nardo hatte sich für den Elektriker aus Caserta entschieden. Seine Eiweißwerte lagen am dichtesten im Verträglichkeitstest.

Unter den dreiunddreißig >Fremdenlegionären< war Ruhe eingetreten. Am 1. Weihnachtstag hatte man sie mit einem besonderen Geschenk überrascht. In drei Zimmern wartete je ein Mädchen auf sie, aus einem Hafenbordell Palermos herbeigeschafft. Benjamino Tartazzi, der die Rolle des toten Gallezzo übernommen hatte, war nicht kleinlich gewesen, als er sie engagierte.»Es sind dreiunddreißig junge Burschen«, sagte er.»Kräftig wie Bullen. Selbst ihr werdet Freude daran haben. Und für jeden 25.000 Lire. Na, ist das ein Preis?! Für jede von euch elf Mann, das schafft ihr doch spielend.«

Es war ein herrliches Geschenk.

Als die ersten drei zurückkehrten, während die nächste Gruppe sich zur Tür drängte, schnalzten sie mit der Zunge.»Das sind Weiber!«sagte einer und verdrehte die Augen. Auch der Elektriker aus Caserta hatte sein Erlebnis gehabt: zwanzig Minuten mit der kleinen, üppigen Julia, und vergessen war alles, was vorher gewesen war. Nun wurde er sogar als erster weggeholt zur Legion!