«Ich danke dir, Alberto.«
Dr. Soriano nahm die Pistole, zog den Schlitten durch, lud sie damit, und erhob sich aus dem Ledersessel. Er lächelte den Männern nach, als sie die Tür hinter sich zuzogen, schweigend, mit gesenkten Köpfen.
Soriano drehte sich um. An der getäfelten Wand hing ein Ölbild seiner Frau. Lebensgroß, in einem Abendkleid mit atemberaubendem Ausschnitt, um die Schultern lose einen Mantel aus blauweißem Chinchilla gelegt. Die schönste Frau, die Soriano je gesehen hatte — nur seine Tochter kam ihr gleich.
Der Generalstaatsanwalt blickte auf seine Uhr, als hinter der Tür der trockene Pistolenschuß knallte. Genau fünf Minuten.
«Meine Herren«, sagte er, tief durchatmend,»das war zwar keine befriedigende Lösung, aber immer noch die eleganteste. Man muß im Interesse der Menschlichkeit auch einmal etwas verschweigen können.«
Die weiteren Nachforschungen verliefen im Sand.
Im Hafen von Tunis brachte man die Yacht >Loretta< auf. Sie war verlassen. In den Fluglisten von Tunis war der Name Dr. Monte-leone nicht zu finden. Trotzdem verfolgte man den Weg eines Ehepaares, das als Dr. Selby und Mrs. Selby eingetragen war. Sie waren nach Marseille geflogen und von dort nach London. In London verlor sich ihre Spur. Drei Tage später berichteten alle Zeitungen von der Aktion der italienischen Polizei gegen die Mafia auf Sizilien. Doch von der Mafia-Klinik erfuhr niemand etwas, und von der Herzbank schon gar nicht.
Kommen Sie einmal nach England? In die Grafschaft Wigtown? An die Küste der Irischen See? Bei Ballantrae heißt das Stück Meer Firth of Clyde, eine wilde, herbschöne Landschaft, in der die Menschen ständig mit der Natur kämpfen und glücklich dabei sind.
Sie werden Ihnen stolz von ihrem Doktor erzählen, der Vieh wie Menschen gleichermaßen gut versorgt, der im Pub anzutreffen ist, jeden Freitag, wenn er Karten spielt, und der mit seinem Pferdewagen selbst in der stürmischsten Nacht zu seinen Kranken kommt, wenn man ihn ruft.
Drei Kinder hat er jetzt, schwarzhaarig wie die schöne Mutter, die mit ihrem Mann zum Lachsfang geht und in hohen Gummistiefeln stundenlang im wirbelnden Wasser steht wie der Doktor.
Aber die größte Attraktion ist Reginald Worthlow. Jawohl, einer aus der Grafschaft. Ein Butler, den sogar die Queen vom Platz weg engagieren würde. Wenn er einkauft in Girvan, der nächsten größeren Stadt, grüßen ihn die Kaufleute, als sei er ein Lord. Ein Gentleman von der Art, die ausstirbt.
So ist das in Ballantrae, sagen die Leute. Nur unser Doktor hatte uns noch gefehlt. Jetzt sind wir komplett.
Wie er heißt? Dr. James Selby. Und seine Frau heißt Loretta. Klingt italienisch, aber sie kommt nicht aus Italien. Noch niemand hat sie italienisch reden gehört, und die Kinder sprechen ein reines Carrick-Englisch. Warum soll eine so schöne Frau nicht Loretta heißen? Wie eine exotische Blüte.
Kommen Sie einmal nach Ballantrae?
Ich garantiere Ihnen: Dr. Selby braut einen handfesten Grog, und seine selbstgeräucherten Lachse, über Wacholderholz gedämpft, schmecken so köstlich, daß Sie Dr. Selby und seine Frau Loretta nie mehr vergessen werden.
Nur etwas ist merkwürdig: In seinem Arztzimmer steht das riesige Plastikmodell eines Herzens. Obwohl es bei uns kaum jemals eine Herzkrankheit zu behandeln gibt.
Aber irgendein Hobby muß der Mensch ja pflegen.
Wir sind glücklich, daß Dr. Selby bei uns ist.
Und Dr. Volkmar war es auch.