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»Der Abfluß geht in den Wassergraben«, sagte Sir Brian leise. Athelstan nickte, ließ den Vorhang fallen und ging weiter. In der Kammer am Ende des Ganges duftete es besser, und sauberer war es auch. Die Wände waren gekalkt, die Fenster fest geschlossen. Athelstan setzte sich auf einen Schemel und deutete auf eine Bank an der Wand.

»Setzt Euch, Sir Brian. Und jetzt sagt, was Ihr wollt.«

Sir Brian fiel plötzlich vor Athelstan auf die Knie und machte ein Kreuzzeichen. Athelstan schaute sich verzagt um. Er ahnte, was kommen würde.

»Segne mich, Vater«, murmelte Fitzormonde, »denn ich habe gesündigt. Und dies ist meine Beichte.«

Athelstan lehnte sich zurück, und die Beine des Schemels scharrten auf dem Steinboden. »Das geht nicht!« flüsterte er. »Sir Brian, Ihr habt mich hereingelegt. Was immer Ihr mir jetzt sagt, fällt unter das Beichtgeheimnis.«

»Das weiß ich«, zischte Fitzormonde. »Aber meine Seele steckt tief in schwärzester Sünde.«

Athelstan schüttelte den Kopf und wollte aufstehen. »Das geht nicht«, wiederholte er. »Was Ihr mir beichten wollt, darf ich nur auf Befehl des Heiligen Vaters, des Papstes in Avignon, offenbaren. Sir Brian, das ist äußerst unfair. Warum solche Tricks?« Fitzormonde blickte auf, und seine Augen schimmerten feucht. »Das ist kein Firlefanz«, sagte er. »Vater, ich will beichten. Ihr müßt mir die Beichte abnehmen. Ich bin ein Sünder in periculo mortis.«

Athelstan seufzte. Sir Brian hatte recht. Das kanonische Recht war in dieser Frage überaus streng: Ein Priester war verpflichtet, einem Menschen, der sich in Todesgefahr glaubte, die Beichte abzunehmen. Abzulehnen wäre eine schreckliche Sünde gewesen. »Also gut«, flüsterte Athelstan.

Wieder machte Sir Brian das Kreuzzeichen.

»Segne mich, Vater, denn ich habe gesündigt. Meine letzte Beichte liegt viele Jahre zurück, und ich bekenne im Angesicht Gottes und voller Hoffnung auf seine göttliche Gnade im Herannahen des Todes.«

Athelstan schloß die Augen. Er lauschte der Litanei der Sünden: unreine Gedanken und Taten, die Gelüste des Fleisches, Habgier, Ungeduld, üble Reden und kleinlicher Zank, der in jeder Gemeinschaft vorkommt. Sir Brian sprach von seinem Kampf gegen die Sünde, von seinem Willen, Gutes zu tun, von seinem beständigen Scheitern.

Als erfahrener Beichtvater sah Athelstan, daß Sir Brian ein guter, aber tief verstörter Mann war. Endlich war der Hospitaliter fertig; er ließ sich auf die Fersen sinken, hielt aber den Kopf gesenkt.

»Ich bin ein Sünder, Vater«, flüsterte er.

»Gott weiß, daß wir alle Sünder sind, Sir Brian«, antwortete Athelstan. »Jene, die begreifen, daß sie Sünder sind, beichten und bemühen sich, nach dem Guten zu streben. Ihr seid einer von ihnen. Andere sind wie die Pharisäer; Ihnen kann man nicht vergeben, denn sie glauben, nie etwas Unrechtes zu tun.« Athelstan beugte sich vor. »Wollt Ihr jetzt die Absolution?« Er hob die Hand. »Te absolvo«, intonierte er. »Ich spreche dich los von deinen Sünden.«

»Halt!« Sir Brian hob den Kopf, und Athelstan sah Tränen auf den bleichen, hageren Wangen.

»Da ist noch mehr?« fragte er sanft.

»Natürlich ist da noch mehr!« keuchte Fitzormonde. »Ich bin ein Mörder, Vater. Ein Meuchelmörder. Ich habe meinem Freund das Leben genommen. Nein! Nein!« Er schüttelte den Kopf, als rede er mit sich selbst. »Ich habe an einem Mord teilgehabt. Ich habe weggesehen.«

Athelstan versuchte, das Kribbeln der inneren Erregung zu verbergen, die tiefe Neugier eines Priesters, der in der Beichte sieht, wie eine Seele sich entblößt.

»Wer wurde ermordet?« fragte er leise.

Sir Brian schüttelte den Kopf und schluchzte wie ein Kind.

»Sir Brian.« Athelstan klopfte ihm leicht auf die Schulter. »Setzt Euch, Mann! Los, setzt Euch hin!«

Sir Brian ließ sich auf die Bank fallen. Athelstan schaute sich in der Kammer um und entdeckte auf der Truhe Weinkrug und Becher. Er stand auf, füllte einen Becher und drückte ihn Fitzormonde in die Hand.

»Das Kirchenrecht«, meinte er lächelnd, »verbietet nicht, daß man während der Beichte etwas trinkt.« Er wischte sich die schweißfeuchten Hände an der Kutte ab. »Oder, um mit dem heiligen Paulus zu sprechen: Nehmt um des Magens willen ein wenig Wein zu euch.«

Sir Brian nahm einen Schluck und lächelte. »Aye, Vater«, sagte er, »und, wie die Römer sagten, in vino veritas. Im Wein liegt Wahrheit.«

Athelstan nickte, zog seinen Schemel heran und setzte sich. »Erzählt mir, Sir Brian, die Wahrheit über diesen Mord, in Euren eigenen Worten und so, wie Ihr wollt.«

»Es war vor vielen Jahren«, begann Fitzormonde. »Ich war ein wilder junger Mann, ein Ritter, der davon träumte, Kreuzfahrer zu werden. Meine Freunde waren alle ähnlich gesonnen. Wir kamen alle aus London oder aus der Umgebung: Ralph Whitton, Gérard Mowbray, Adam Horne und …« Seine Stimme versagte. »Und wer?«

»Unser Anführer, Bartholomew Burghgesh aus Woodforde in Essex.« Fitzormonde holte tief Luft. »Der Krieg in Frankreich war vorüber. Du Guesclin erneuerte die französische Armee, unser alter König wurde allmählich tatterig, und in Frankreich wurden englische Schwerter nicht länger gebraucht; also reisten wir nach Outremer. Wir boten unser Schwert dem König von Zypern an. Zwei Jahre verbrachten wir dort, und wir badeten in Blut. Schließlich entließ uns der zypriotische König aus seinen Diensten, und wir hatten nichts außer unserer Kleidung, den Pferden, Rüstungen und den Wunden aus den Schlachten. Da wurden wir Söldner im Heer des Kalifen von Ägypten.«

»Ihr alle?« fragte Athelstan.

»Ja, ja. Wir waren immer noch wie Brüder, wie David und Jonathan.« Fitzormonde lächelte. »Wir fürchteten nichts. Wir hatten ja einander, und wir teilten alles. Da gab es in Alexandria einen Aufstand. Unser Anführer, Bartholomew, wurde vom Kalifen beauftragt, sich seinen Satrapen anzuschließen und den Aufstand niederzuschlagen.« Fitzormonde nahm einen Schluck Wein. »Es war ein blutiges Geschäft, aber schließlich konnten wir eine Bresche in den Verteidigungsring schlagen, und Bartholomew führte uns hindurch.« Der Hospitaliter sah Athelstan in die Augen. »Wir hackten uns einen Weg durch Mauern aus Menschenfleisch. Glaubt Ihr, daß man die Pflastersteine nicht mehr sah, weil das Blut wie Wasser darüber hinströmte? Die Truppen des Kalifen folgten uns, und dann ging das Schlachten erst richtig los. Männer, Frauen und Kinder sprangen über die Klinge.« Fitzormonde verstummte und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Auch das, Vater, will ich beichten, obwohl ich keinen Anteil daran hatte. Bartholomew führte uns weg. Wir fanden ein Kaufmannshaus voller Schätze.« Fitzormonde schloß die Augen und erinnerte sich an das, was vor so langer Zeit in jener sonnendurchfluteten Stadt geschehen war. »Die Befehle des Kalifen waren streng«, fuhr er fort. »Als Söldnern war es uns nicht erlaubt zu plündern, und so konnten wir mit dem größten Teil der Schätze nichts anfangen. Aber Bartholomew fand einen schweren Beutel mit Gold.« Der Ritter zeigte auf den Strick, den Athelstan um den Leib trug. »Denkt Euch den zehnmal so dick, Vater. Zwei schwere Streifen Leder, zusammengenäht und mit Geld vollgestopft. Und jede Münze war aus purem Gold. Ein königlicher Schatz in einem Ledergürtel. Es müssen Tausende gewesen sein.«

Wieder verstummte Fitzormonde. Er war in die Vergangenheit zurückgekehrt, stand blutbeschmiert da und starrte mit offenem Mund auf den Geldgürtel, den Bartholomew in einem Versteck unter den Bodenfliesen gefunden hatte.

»Und was geschah dann?« fragte Athelstan.

Fitzormonde lächelte. »Bartholomew tat etwas Mutiges. Er sagte, er wolle abwarten, ob der Kalif uns belohnen würde, weil wir die Bresche geschlagen haben. Er tat es nicht, also behielt Bartholomew den Gürtel.«