Выбрать главу

Der Bär hörte plötzlich auf zu fressen und funkelte den Ritter an. Seine kleinen Schweinsäuglein waren rot und voller Haß. Er riß das Maul auf und entblößte bösartig scharfe Zähne. Ein Grollen drang aus seiner Kehle. Das schwere Tier zerrte an der dicken Eisenkette. Fitzormonde machte ein paar Schritte zurück, und der Bär widmete sich wieder seinem Fressen. Er schob die Abfälle zu einem schmutzigen Haufen zusammen, als wolle Fitzormonde ihm etwas wegnehmen. Der Ritter stampfte mit den Füßen, um sich zu wärmen. Morgen würde er den Tower verlassen, dachte er. Mistress Philippa hatte er bereits informiert, als er ihr und ihrem ziemlich weibischen Verlobten begegnet war.

Fitzormonde schaute hinauf zu den grausamen Fratzen der Wasserspeier oben an der Kapelle von St. Peter ad Vincula. Ja, dachte er, morgen würde er dem Kaplan etwas zahlen, damit dieser eine letzte Messe für seine gefallenen Kameraden las, und dann würde er in die Stadt zurückkehren und seine Oberen um eine Mission oder Aufgabe bitten, die ihn weit wegführen würde von dieser finsteren Festung.

Als er ein Schwirren in der Luft hörte, schrak er hoch. Er schaute in die Höhe. Ein Rabe? Nein, was war es? Der Bär erwachte plötzlich zum Leben, bäumte sich vor ihm auf und schlug mit den riesigen Pranken in die Luft. Der Hospitaliter sprang in jäher Panik zurück. Der Bär brüllte wütend auf. Seine schwarzen Lefzen und der mächtige Kiefer waren von dickem weißem Schaum bedeckt. Fitzormondes Hand fuhr zum Dolch, als der Bär wie ein Dämon zu tanzen begann und an der schweren Kette zerrte, die an der Mauer befestigt war. Was hatte das Tier nur? Was war passiert?

Fitzormonde wollte davonlaufen, aber bevor er sich umgedreht hatte, hörte er, wie die Eisenkette aus dem Haken in der Mauer sprang und der Bär auf ihn losstürzte. Er zerrte an seinem Dolch und hatte ihn nur halb gezogen, als eine krallenbewehrte Pranke ihm schon den Kopf zerschmetterte wie einen faulen Apfel. Wutentbrannt schlug der Bär seine Klauen in den ungeschützten Rücken des sterbenden Ritters und schleifte ihn über das Pflaster. Rasendes Geheul kündete von seinem Triumph.

12. Kapitel

Athelstan war wütend. Er fühlte den Zorn in seinen Gedärmen brennen, bis ihm das Blut in den Ohren rauschte. Für einen Augenblick war dem Bruder alles egal - die Lehren seines Ordens über die Sanftmut oder die Verpflichtung zur Güte, die das Evangelium enthielt. Jetzt zählte nur noch der Zorn, der in ihm tobte, als er auf dem Friedhof vor der Kirche von St. Erconwald stand. Der Schnee hatte sich in eisigen Matsch verwandelt, der von Gräbern, Bäumen, Büschen und niedrigen Friedhofsmauern tropfte; bei klarem Himmel und kraftloser Wintersonne hielt das Tauwetter an. Athelstan fluchte und benutzte jedes Schimpfwort, das er von Cranston gelernt hatte. Mit dem Stab schlug er gegen das lose Mauerwerk und hätte am liebsten die Ziegel zu Staub zermahlen.

Oh, bei seiner Rückkehr war alles in bester Ordnung gewesen:

Bonaventura hatte wohlig zusammengerollt wie ein fetter Bischof in der Kirche geschlummert. Cecily hatte das Kirchenschiff gefegt und gewischt; Benedicta und Watkin hatten in einem Seitengang die Krippe aufgestellt - mit Figuren, die Huddle geschnitzt hatte. Gleich über dem Taufbrunnen am Eingang der Kirche hatte der Maler auch ein leuchtend buntes Bild Christi in der Krippe vollendet. Sogar Ursulas Schwein hatte diesmal die üblichen Raubzüge durch seinen Garten unterlassen, und Pike, der Grabenbauer, hatte den Kiesweg vor der Kirche gereinigt.

Athelstan war zufrieden gewesen und hatte über Pfarrangelegenheiten geschwatzt, während er Philomel in den Stall gebracht, getränkt und gefüttert hatte. Aber schon da war ihm die bange Sorge in den Gesichtem derer aufgefallen, die ihn begrüßt hatten: Benedicta, Pike, Watkin, Cecily und Tab, der Kesselflicker. Sie waren ihm um die Kirche herum gefolgt, hatten seine Fragen beantwortet und dabei verstohlen ängstliche Blicke gewechselt.

Anfangs hatte Athelstan ihre Unruhe nicht so ernst genommen. Vielleicht hatte Cecily wieder geflirtet, oder einer von Pikes Söhnen hatte in die Kirche gepinkelt. Oder hatte Ranulf sich Bonaventura ausgeliehen? Hatten Watkins Kinder aus dem Weihwasserbecken getrunken? Die Mitglieder seines Gemeinderates umgaben ihn wie gackernde Hühner. Schließlich hatte Athelstan genug von ihrer Heimlichtuerei.

»Also, heraus damit!« verlangte er und baute sich vor ihnen auf. »Was ist passiert?«

Sie scharrten mit den Füßen und schauten zu Boden. Benedicta kümmerte sich plötzlich eingehend um einen unsichtbaren Fleck auf ihrem Kleid.

»Es ist wegen dem Friedhof, Pater!« platzte Watkin heraus. »Tosspots Grab ist aufgemacht worden.«

»Wann?«

»In der Nacht, nachdem Ihr weggeritten seid.«

Athelstan war so wütend geworden, daß er Ausdrücke benutzte, die selbst Pike erbleichen ließen.

»Vielleicht unternimmt Sir John jetzt etwas«, unterbrach Benedicta ihn taktvoll. »Oder wir schreiben eine Petition an den Bezirksamtmann.«

»Aye!« fauchte Athelstan. »Und vielleicht können Schweine fliegen, und morgen finden wir Koteletts auf den Bäumen! Leute, die etwas so Schreckliches tun, sind Dreckskerle! Sie sind böse und fürchten weder Gott noch die Menschen. Selbst die Heiden ehren den Leib eines Toten. Nicht einmal ein Hund würde so etwas tun!«

Seine Schäfchen wichen zurück; die schreckliche Wut ihres sanftmütigen Priesters schreckte sie mehr als die grausige Nachricht, die sie ihm gebracht hatten. Athelstan stürmte in sein Haus und leerte einen Becher Wein mit einer Geschwindigkeit, die Cranston bewundert hätte.

Er schlief unruhig in dieser Nacht, denn er kochte noch immer vor Wut über die Entweihung seines Friedhofes. Am nächsten Morgen stand er früh auf, öffnete die Kirche, fütterte Bonaventura flüchtig, leierte hastig die Morgengebete herunter und konzentrierte sich mit Mühe auf die heilige Messe. Der Kater Bonaventura, schlau, wie er war, schien die Wut seines Herrn zu spüren und schlich sich leise davon. Am Ende des Gottesdienstes, vor dem Schlußsegen, sagte Athelstan in scharfem, knappem Ton:

»Unser Friedhof ist wieder einmal geschändet worden. Ich, Athelstan, Pfarrer dieser Gemeinde, sage, und Gott sei mein Zeuge: Hier wird niemand mehr beerdigt werden, ehe die Erde neuerlich geweiht und dieses Problem aus der Welt geschafft ist!« Mit funkelnden Augen sah er seine kleine Gemeinde an. »Ich werde zu den Höchsten des Landes gehen, und wenn es der junge König selbst ist oder der Erzbischof von Canterbury.

Man wird Wachen aufstellen und - Gott verzeihe mir! - ich werde diese Schurken hängen sehen!«

Seine Gemeinde ging still hinaus, und Athelstan bekam, als er sich allmählich beruhigte, leise Gewissensbisse, als er auf Tosspots verwüstetes Grab schaute.

»Dein Temperament, Priester«, brummte er bei sich, »ist so wenig gezähmt wie vor zwanzig Jahren, und deine Zunge ist so scharf wie eh und je.«

Er atmete tief. Ja, er war zu hart gewesen, dachte er, war viel zu schroff mit Benedicta und den anderen umgegangen, aber vor allem mit der Witwe. Sie war nach der Messe noch einen Augenblick geblieben - nicht, um zu plaudern, sondern nur, um ihm zu sagen, daß der Oberbüttel des Bezirks, Master Bladdersniff, sie auf dem Weg zur Kirche angesprochen habe. Er wünsche Athelstan in einer dringenden Angelegenheit zu sehen.

»Ah ja«, knurrte Athelstan, »Master Bladdersniff will, wie gewöhnlich, die Stalltür verriegeln, wenn das Pferd fortgelaufen ist!« Er fühlte, wie die Wut von neuem in ihm aufwallte. Wäre St. Erconwald eine der reichen Stadtkirchen gewesen, dann hätte man sofort Wachen aufgestellt, und nichts dergleichen wäre geschehen. Nicht einmal Cranston, dieser Fettarsch von Coroner, hatte ihm geholfen, weil er wie eine jammernde Magd in seine eigenen Sorgen vertieft war.