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„Sind Sie Mrs. Holzaur?“

„Sie sind Polizist, Mister?“, fragte sie mit rauer Stimme.

„Bundesagent, eigentlich. Special Agent Jones.“

„Schade. Ich hatte gehofft, dass Sie Polizist sind, weil ich von denen noch nichts gehört habe.“ Sie nahm einen Zug aus ihrer Zigarette.

„Es tut mir leid, Ma’am.“

Mrs. Holzaur blies Rauch in Samuels Gesicht und sagte: „Ich habe den Polizisten gesagt, dass der Mann ermordet wurde. Ich habe ihnen gesagt, dass sie mit mir reden sollten, weil ich Zeugs über die Yippies und Aliens, den Chingie und so was weiß.“

„Sie sprechen über den Mord an ihrem Nachbarn, Mr. Verlander, oder?“

„Der ist nicht mein Nachbar. Er hat auf die Wohnung meines Nachbarn aufgepasst. Wenn mein Mann noch am Leben wäre, hätte er die beiden erschossen, das können Sie mir glauben.“

„Kein Zweifel, Mrs. Holzaur“, sagte Samuel schnell. „Also, was ist das mit den Aliens und – und dem Chingie?“

„Die Aliens, wissen Sie, das sind die, die das Marie-juu-ana machen. Wenn man das Zeug raucht, wissen Sie, das verwandelt die Leute in Aliens und die übernehmen dann alles hier. Habe ich den Polizisten jedes Mal gesagt, wenn ich konnte, aber sie machen gar nichts.“ Sie zog noch einmal an ihrer Zigarette.

Eines hatte die Campbell-Familie schnell gelernt: Es lohnte sich, gerade den Verrückten zuzuhören – oft gab es ein gutes Körnchen Wahrheit unter all ihrem Geschwätz. Also wartete er, während Mrs. Holzaur etwas über Marihuana und die Verschwörung der Außerirdischen zur Zerstörung der amerikanischen Jugend schwadronierte. Als sie etwas Dampf abgelassen hatte, fing er an, ihr Fragen zu stellen.

„Und wie passt diese chinesische Person ins Spiel?“

„Das ist doch offensichtlich, nicht wahr? Dieser Yippie-Kerl hat mich gebeten, seinen Freund reinzulassen, während er sich mit seinen außerirdischen Kumpels getroffen hat. Er hat mich gebeten diesem Typen – Albert – etwas zu kauen zu geben.“

Samuels Miene hellte sich auf.

„Albert?“

„Ja, hat mir gesagt, ich soll Albert was zu kauen geben. Als ob ich ’nen Chingie-Koch füttern würde.“

„Haben Sie ihm was zu essen gegeben?“

Für diese Frage bekam Samuel noch mehr Rauch ins Gesicht.

„’türlich nicht! Albert kann in seiner eigenen Freizeit was futtern, wenn Sie mich fragen. Verdammte Chingies, die übernehmen hier alles! Wenn Sie nicht aufpassen, sind wir alle bald schlitzäugige Teufel, wie die. Und was machen wir dann, hä?“ Sie zog an ihrer Zigarette und ließ sie dann auf den Linoleumboden des Flurs fallen.

„Wenn mein Mann noch am Leben wäre, würde er auf all die mit dem Gewehr losgehen, und das ist nicht gelogen.“

Samuel nickte unverbindlich und passte auf, dass er mit keiner Regung die Euphorie verriet, die ihn überkam.

„Danke, dass Sie mir Ihre Zeit geschenkt haben, Mrs. Holzaur. Das FBI weiß Ihre Informationen zu schätzen und seien Sie versichert, dass wir Ihren Anschuldigungen unsere vollste Aufmerksamkeit widmen.“

„Ja, richtig – Sie sind doch wie alle Männer. Nur Worte, keine Taten, das ist euer Problem. Wenn mein Mann noch leben würde, würde er Ihnen ein Gewehr an den Kopf halten, das sage ich Ihnen, und das ganz kostenlos.“

Samuel drehte Mrs. Holzaur den Rücken zu, die weiter über Aliens, Yippies und den Chingie plapperte, und was ihr Mann mit einem Gewehr machen würde. Er hatte aber neuen Schwung in seinen Schritten, weil er jetzt einen Namen hatte.

Albert.

Er bezweifelte irgendwie, dass Moondoggy gewollt hatte, dass seine verrückte Nachbarin Albert was zu kauen servierte. Aber er hätte sie gebeten, jemanden namens Albert Chao reinzulassen.

Jetzt musste er nur noch herausfinden, wer Albert Chao war und was er mit Moondoggy zu schaffen hatte …

Acht

David Severn war alles in allem sehr mit sich zufrieden, wären da nicht die Schmerzen in seinen Knöcheln gewesen.

Aber es hatte sich gelohnt. Er hatte versucht, die perfekte Frau zu finden, und das hier schien sie zu sein. Debbie war sein bestes Pferd im Stall, und nach einer harten Arbeitswoche als Supermarkt-Manager wollte er seinen Hintern drauf verwetten, dass sie jetzt Spaß haben würden.

Die ersten drei Dates waren alle schiefgegangen. Sie hatte im Golden Gate Park nur geniest und der Ghirardelli Square hatte ihr nicht gefallen. Einkaufen war ihrer Meinung nach nicht romantisch, sondern etwas, das man mit seiner Mutter tat. Und dann war da das Filmore.

Er hatte Zweifel gehabt, zu einem dieser lauten Konzerte zu gehen: Ein Haufen Irrer, die wie Zirkusclowns angezogen waren und Musik machten, die um einiges zu laut war und nicht ansatzweise melodisch. David zog Musiker vor, die ordentlich aussahen, gut angezogen und schon bekannt waren, wie Buddy Holly, Gott hab ihn selig, oder die Beatles, bevor sie angefangen hatten, Drogen zu nehmen.

Wegen Debbie hatte er so getan, als ob er Spaß hätte – sie war immerhin seine Favoritin und ein absoluter Schatz. Trotzdem hoffte er, dass sie das nicht noch einmal wiederholen wollte. Als sie an diesem Abend das Filmore verlassen hatten, gingen sie den Geary Boulevard entlang und die Steiner Street hoch, an der David sein Auto geparkt hatte. Auf dem Weg kamen sie am Winterland vorbei. Debbie hatte erwähnt, dass der Besitzer des Filmore es manchmal mietete, wenn die Konzerte zu groß für seinen Laden waren.

Sie hatte gesagt, dass sie sehr gerne Schlittschuhlaufen ging.

Exakt an Ort und Stelle hatte David den Plan für ihre Verabredung an diesem Freitag gefasst.

Ganz klar, sie war hin und weg gewesen. Debbie war eine exzellente Schlittschuhläuferin – was David von sich nicht behaupten konnte. Er fiel einige Male hin, mehr als einmal auf den Hintern, aber Debbie hatte nur gelacht und ihm hochgeholfen. Dann hatte sie ihm gezeigt, wie es richtig ging.

Nach einer Weile hatte er es ganz gut raus, doch Junge, seine Knöchel taten vielleicht weh.

Trotzdem, der Abend war generell großartig gelaufen. Debbie hatte so viel Spaß, dass sie letztendlich in der Nähe der Schließfächer landeten und rummachten, bis die Eisbahn schloss und die Angestellten sie rauswarfen.

Als sie auf die Steiner Street kamen, legte David den Arm um Debbies Hüften.

„Du bist wunderschön Schlittschuh gelaufen, Süße.“

„Danke.“ Sie lächelte zu ihm hoch. Sie liebte es, wenn er sie „Süße“ nannte. „Als ich noch klein war“, sagte sie, „habe ich alle Filme mit Sonja Henie gesehen. Sie war meine absolute Heldin.“

„Wow – das ist Kismet“, sagte er bedeutungsschwanger.

„Was meinst du?“, fragte sie mit einem ratlosen Gesichtsausdruck.

„Nun, du weißt, dass mein Held Buddy Holly ist. Das bedeutet unsere beiden Helden sind bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen!“

Sie versteifte sich unter seinem Griff.

„Sie ist an Leukämie gestorben“, sagte Debbie ernst. „Sie ist nur zufällig gestorben, während sie nach Hause nach Oslo geflogen ist.“

David war total niedergeschlagen und wusste nicht, was er darauf antworten sollte.

„Oh“, war die einzige Antwort, die er herausbringen konnte.

Bevor er versuchen konnte, das Gespräch zu retten, ertönte hinter ihnen eine Stimme.

„Hallo, David.“

Er wirbelte herum und sah einen jungen Orientalen mit einer spitzen Nase in einer Nehrujacke und grünen Hosen. David konnte ihn absolut nicht wiedererkennen und war ein bisschen beleidigt, weil jemand wie der ihn so vertraulich ansprach.